Berliner Straßengesetz - 1. September 2020

Gebühr für Schaukästen auf öffentlichem Straßenland auch für politische Parteien

VG Berlin, Pressemitteilung vom 01.09.2020 zum Urteil 1 K 11/18 vom 24.08.2020

Schaukästen politischer Parteien auf öffentlichem Straßenland stellen nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin eine straßenrechtliche Sondernutzung dar und sind deshalb gebührenpflichtig.

Die Klägerin ist ein Kreisverband einer politischen Partei. In diesem Kreis befinden sich an 27 Standorten seit mehreren Jahrzehnten Schaukästen im öffentlichen Straßenland. Dabei handelt es sich um Metallkästen mit einer Frontscheibe aus Glas, die mit zwei Standbeinen fest mit dem Boden verbunden sind. Die Schaukästen werden ganzjährig für Informationen der Partei genutzt. Mit Gebührenbescheid vom 4. Januar 2017 forderte das Bezirksamt Reinickendorf von Berlin von der Klägerin für die Aufstellung Sondernutzungsgebühren in Höhe von 4.988,16 Euro für den Zeitraum von einem Jahr, weil es sich hierbei um eine Sondernutzung handele und – anders als bisher gehandhabt – hierfür nach geltender Rechtslage Gebühren erhoben werden müssten. Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage erhoben im Wesentlichen mit der Begründung, eine Sondernutzung politischer Parteien sei nach der Sondernutzungsgebührenverordnung gebührenfrei; im Übrigen müsse nach dem Berliner Straßengesetz (BerlStrG) bei der Gebührenbemessung der wirtschaftliche Vorteil der Sondernutzung berücksichtigt werden, woran es hier fehle.

Die 1. Kammer hat die Klage abgewiesen. Die Gebührenerhebung sei rechtmäßig. Schaukästen auf öffentlichem Straßenland stellten auch dann eine Sondernutzung dar, wenn diese von einer politischen Partei zur Werbung genutzt würden. Ein fest installierter Schaukasten stehe auch nicht einem bloßen (mobilen) Informationsstand gleich. Nach dem BerlStrG seien Werbeanlagen auf der Straße nur in unmittelbarem Zusammenhang mit Wahlen gebührenfrei; dauerhafte Werbeanlagen wie die in Rede stehenden Schaukästen stünden dem nicht gleich. Weder sei die Gebühr zu ermäßigen oder gar zu erlassen. Die Sondernutzung liege trotz der hohen Bedeutung der Mitwirkung von Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes nicht im besonderen öffentlichen Interesse. Die Gebührenerhebung stelle auch keine Härte für die Partei dar, und schließlich sei dieses Verständnis mit dem Parteienprivileg des Art. 21 des Grundgesetzes vereinbar. Obwohl der Beklagte jedenfalls aufgrund der bereits im Jahr 2006 in Kraft getretenen Sondernutzungsgebührenverordnung berechtigt und auch verpflichtet gewesen sei, Gebühren zu erheben, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht habe, sei sein entsprechendes Recht nicht verwirkt.

Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.