Umstrukturierungsbeihilfe - 8. Mai 2024

EU-Genehmigung für deutsche Condor-Hilfen nichtig

EuG, Pressemitteilung vom 08.05.2024 zum Urteil T-28/22 vom 08.05.2024

Das Gericht der Europäischen Union erklärt den Beschluss der Kommission für nichtig, mit dem zugunsten der Charter-Fluggesellschaft Condor eine Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt wurde.

Angesichts der Bedenken, die die Kommission in Bezug auf die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Unionsrecht hätte hegen müssen, wäre sie zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens verpflichtet gewesen.

Mit Beschluss vom 26. Juli 2021 genehmigte die Kommission, ohne ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321 Mio. Euro, die Deutschland der deutschen Charter-Fluggesellschaft Condor zu gewähren beabsichtigte. Durch diese Beihilfe sollte Condor bei ihrer Umstrukturierung und bei der Fortsetzung ihrer Tätigkeit unterstützt werden. Mit ihr sollten die Schwierigkeiten überbrückt werden, in denen sich Condor aufgrund der Insolvenz ihrer ehemaligen Muttergesellschaft Thomas Cook befand1. Ryanair focht diesen Beschluss beim Gericht der Europäischen Union an.

Das Gericht erklärt mit seinem Urteil den Beschluss der Kommission für nichtig. Die Kommission hätte die in Rede stehende Umstrukturierungsbeihilfe nicht ohne Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens genehmigen dürfen. Ryanair hat nämlich hinreichend dargelegt, dass die Kommission Bedenken hätte hegen müssen, die die Einleitung eines solchen Verfahrens rechtfertigen. So hätte die Kommission sich fragen müssen, ob die in Rede stehende Beihilfe dem Erfordernis einer angemessenen Lastenverteilung gerecht wird2. Insbesondere sollen diesem Erfordernis zufolge alle staatlichen Beihilfen, die die Eigenkapitalposition des begünstigten Unternehmens verbessern3, zu Konditionen gewährt werden, die dem Staat einen angemessenen Anteil an künftigen Wertgewinnen des Empfängers zusichern. Nichts im angefochtenen Beschluss deutet indessen darauf hin, dass die Kommission geprüft hätte, ob die fragliche Maßnahme zu Konditionen erlassen worden sei, die Deutschland einen angemessenen Anteil am künftigen Wertgewinn von Condor zusichere. Im Übrigen wirken sich diese Bedenken, die die Kommission hätte hegen müssen, zwangsläufig auf deren Beurteilung dessen aus, wie weit die in ihrem Beschluss vorgesehen und auf Condor anwendbaren Maßnahmen zur Begrenzung der Wettbewerbsverzerrungen reichen.

Das Gericht gibt dem Antrag von Ryanair auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission statt, stellt aber klar, dass Ryanair den fraglichen Beschluss beim Gericht nur insoweit anfechten kann, als sie damit ihre Verfahrensrechte im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens wahren will. Dagegen kann Ryanair die Rechtmäßigkeit des Inhalts des Beschlusses nicht beanstanden. Ryanair hat nämlich nicht nachgewiesen, dass ihre wettbewerbliche Stellung durch die fragliche Beihilfe spürbar beeinträchtigen werden könne und dass Ryanair mithin vom Beschluss der Kommission individuell betroffen sei.

Fußnoten

1 Im Zusammenhang mit dieser Insolvenz war Condor bereits eine Rettungsbeihilfe gewährt worden, die die Kommission mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 genehmigt hatte. Die von Ryanair gegen diesen Beschluss erhobene Klage hat das Gericht mit Urteil vom 18. Mai 2022, Ryanair/Kommission (Condor; Rettungsbeihilfe), T-577/20, abgewiesen: vgl. auch die Pressemitteilung Nr. 87/22. Gegen dieses Urteil hatte Ryanair kein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.
2 Dieses Erfordernis stellt die Kommission in ihren Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten auf.
3 Nach Auffassung des Gerichts verbessert die in Rede stehende Umstrukturierungsbeihilfe, die namentlich in Form einer teilweisen Abschreibung der Schulden von Condor gewährt wird, die Eigenkapitalposition des begünstigten Unternehmens.

Quelle: Gericht der Europäischen Union