Baugesetzbuch - 19. Dezember 2019

Bezirkliches Vorkaufsrecht: Auskunftspflicht auch bei Share Deal

VG Berlin, Pressemitteilung vom 19.12.2019 zum Beschluss 19 L 566.19 vom 13.12.2019

Die gegenüber einer Behörde zur Prüfung der Ausübung eines Vorkaufsrechts bestehende Verpflichtung, Unterlagen vorzulegen, gilt auch bei Anteilskäufen einer Grundstücksgesellschaft. Das hat das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragstellerin ist aufgrund einer im April 2019 beurkundeten gesellschaftsrechtlichen Transaktion zu je 89,9 % Gesellschafterin zweier Grundstücksgesellschaften; die verbleibenden 10,1 % der Gesellschaftsanteile erwarb je eine zypriotische Gesellschaft (sog. Share Deal). Im Eigentum der Grundstücksgesellschaften, deren Anteile veräußert wurden, stehen auch zwei Grundstücke in Neukölln, die in einem sog. Milieuschutzgebiet liegen. Nachdem das Bezirksamt von dieser Transaktion erfahren hatte, verpflichtete es die Antragstellerin mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 18. Oktober 2019, die vollständigen notariellen Unterlagen zum Share Deal vorzulegen. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin sei – so die Begründung – ein Vorgang, der dem Bezirk die Ausübung seines Vorkaufsrechts eröffnen könnte. Die Antragstellerin meint, die Herausgabe der Unterlagen sei nicht erforderlich. Die Übertragung von Grundstücksanteilen löse regelmäßig kein Vorkaufsrecht aus, und eine Umgehung sei nicht zu befürchten.

Die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts hat den Eilantrag zurückgewiesen. Die im Baugesetzbuch geregelten Voraussetzungen für die Anordnung zur Vorlage von Unterlagen seien erfüllt. Die Anordnung sei durch den behördlichen Ermittlungs- und Untersuchungszweck gedeckt, der darin bestehe, die Tatsachengrundlage für eine verfahrensabschließende Entscheidung – hier die potenzielle Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrechts – zu ermitteln. Zwar löse ein Share Deal nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich kein Vorkaufsrecht aus; jenseits eines Kaufs seien aber Vertragsgestaltungen denkbar, die einem solchen Rechtsgeschäft so nahe kämen, dass sie diesem gleichgestellt werden könnten. Daher sei der Bezirk berechtigt, die näheren Umstände der hiesigen Transaktion aufzuklären, um in Erfahrung zu bringen, ob ein Umgehungsgeschäft vorliegt, das die Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrechts erlauben würde. An der zügigen Aufklärung dieses Vorgangs bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Hinweis zur Rechtslage

Baugesetzbuch (BauGB)

§ 208 Anordnungen zur Erforschung des Sachverhalts

Die Behörden können zur Erforschung des Sachverhalts auch anordnen, dass

1. Beteiligte persönlich erscheinen,

2. Urkunden und sonstige Unterlagen vorgelegt werden, auf die sich ein Beteiligter bezogen hat,

3. Hypotheken, Grundschuld und Rentenschuldgläubiger die in ihrem Besitz befindlichen Hypotheken, Grundschuld und Rentenschuldbriefe vorlegen.

Für den Fall, dass ein Beteiligter der Anordnung nicht nachkommt, kann ein Zwangsgeld bis zu fünfhundert Euro angedroht und festgesetzt werden. Ist Beteiligter eine juristische Person oder eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung, so ist das Zwangsgeld dem nach Gesetz oder Satzung Vertretungsberechtigten anzudrohen und gegen ihn festzusetzen. Androhung und Festsetzung können wiederholt werden.