EU-Leitlinien - 30. Januar 2020

Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2020

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 29.01.2020

Die Europäische Kommission hat am 29.01.2020 ihr Arbeitsprogramm für 2020 angenommen. Es enthält die Maßnahmen, die die Kommission 2020 zur Umsetzung der politischen Leitlinien von Präsidentin von der Leyen ergreifen wird, um für die europäischen Bürger, für Unternehmen und für die Gesellschaft greifbare Ergebnisse zu erzielen. „Die neue Kommission wird entschieden handeln, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen und angemessene Lösungen für Klimawandel, Digitalisierung und Migration zu finden. Wir sind fest entschlossen, den europäischen Grünen Deal zu konkreten Ergebnissen zu führen und die Chancen, die der digitale Wandel den europäischen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bieten kann, zu verbessern“, sagte von der Leyen.

Maros ?ef?ovi?, Vizepräsident für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau, betonte: „Wir können unsere Ziele nur in Teamarbeit unter Einbeziehung aller Organe, Mitgliedstaaten und wichtigen Partner erreichen. Daher trägt das Arbeitsprogramm der Kommission auch den Hauptprioritäten des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates Rechnung. Zudem sind in das Arbeitsprogramm erstmals auch Einblicke in langfristige Entwicklungstrends, die unsere Volkswirtschaften und unsere Gesellschaft prägen, eingeflossen. Die strategische Vorausschau wird für die Konzeption zukunftsfähiger Maßnahmen, die genau auf die Bedürfnisse der Europäerinnen und Europäer zugeschnitten sind und die geopolitische Rolle unserer Union stärken, wegweisend sein.“

Startschuss für den Übergang in ein faires, klimaneutrales und digitales Europa

2020 wird die Europäische Kommission basierend auf den sechs übergreifenden Zielen von Präsidentin von der Leyen mit der Ausarbeitung konkreter Initiativen beginnen, die anschließend gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und anderen Partnern erörtert und umgesetzt werden:

Ein europäischer Grüner Deal: Nachdem die Kommission im Dezember 2019 und im Januar 2020 erste wichtige Initiativen vorgelegt hat, wird sie nun ein europäisches Klimagesetz vorschlagen, das die CO2-Neutralität bis 2050 zum verbindlichen Ziel macht. All diese Bemühungen werden in einem europäischen Klimapakt zusammengeführt, der Regionen, lokale Gemeinschaften, Zivilgesellschaft, Schulen, Industrie und Einzelpersonen einbeziehen wird. Zudem wird die EU im Vorfeld der COP 26 in Glasgow auch internationale Verhandlungen führen. Sie wird Initiativen zur Bewältigung des Verlusts an Biodiversität vorlegen und mit der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ Landwirte dabei unterstützen, auf nachhaltigere Weise hochwertige, erschwingliche und sichere Lebensmittel zu erzeugen.

Ein Europa für das digitale Zeitalter: Mit der neuen europäischen Datenstrategie kann die Union den enormen Wert nicht personenbezogener Daten, die eine immer umfangreichere und wiederverwendbare Ressource der digitalen Wirtschaft sind, voll ausschöpfen. Dazu gehören auch die optimale Nutzung des Potenzials digitaler Daten und die Entwicklung und Nutzung künstlicher Intelligenz unter Wahrung unserer europäischen Werte und der Grundrechte. Eine neue Industriestrategie für Europa wird unserer Industrie und unseren Innovationskapazitäten zugutekommen, während das Gesetz über digitale Dienstleistungen den Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen stärken und kleineren Unternehmen zur nötigen Rechtssicherheit und zu gleichen Wettbewerbsbedingungen verhelfen wird.

Eine Wirtschaft im Dienste des Menschen: Nachdem die Kommission im Januar 2020 erste Ideen für ein starkes soziales Europa vorgestellt hat, wird sie nun Maßnahmen ergreifen, um unsere einzigartige soziale Marktwirtschaft für den digitalen Wandel und die Klimawende zu rüsten und sicherzustellen, dass unsere Wirtschaft soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum miteinander vereint. Die Kommission wird – unter Berücksichtigung der nationalen Gepflogenheiten – Vorschläge für gerechte Mindestlöhne für Arbeitnehmer in der EU, für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung sowie für Initiativen für eine wirksame und gerechte Besteuerung vorlegen. Darüber hinaus wird sie eine Europäische Kindergarantie vorschlagen, die den Zugang von Kindern zu grundlegenden Dienstleistungen gewährleistet, und die Jugendgarantie ausbauen, um die Bildung junger Menschen zu fördern und die erforderlichen Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.

Ein stärkeres Europa in der Welt: Die Kommission wird neue Strategien für die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in Afrika und den westlichen Balkanstaaten entwickeln. Sie wird weiterhin auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien drängen und versuchen, das derzeitige Momentum zu bewahren, indem sie Wege zur Verbesserung des Beitrittsprozesses vorschlägt, die unter anderem durch Anpassung des Erweiterungsverfahrens und eine Stärkung des Investitionsrahmens herbeigeführt werden könnte. Wir werden weiter an einem regelbasierten System festhalten und uns dafür einsetzen, dass dieses aktualisiert und verbessert wird, um es an die Welt von heute anzupassen. Um die geopolitische Rolle der Kommission zu stärken, werden alle Initiativen des Arbeitsprogramms stark auf das auswärtige Handeln ausgerichtet sein.

Förderung unserer europäischen Lebensweise: Die Kommission wird einen neuen Migrations- und Asylpakt vorlegen – das Kernstück der Reform der Asylpolitik. Sie wird sich für den Gesundheitsschutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger einsetzen und beim Kampf gegen Krebs die Federführung übernehmen. Neue Initiativen werden dazu beitragen, Kompetenzen zu fördern und die Menschen für die Herausforderungen, die der digitale und der ökologische Wandel mit sich bringen, zu rüsten. Ferner wird die Kommission eine neue EU-Strategie für die Sicherheitsunion vorlegen, in der sie aufzeigt, in welchen Bereichen die Union einen Mehrwert bieten und die Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Sicherheit unterstützen kann – von der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität über die Verhütung und Aufdeckung hybrider Bedrohungen bis hin zur Verbesserung der Cybersicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit unserer kritischen Infrastrukturen.

Neuer Schwung für die Demokratie in Europa: Gemeinsam mit den anderen EU-Organen und Partnern wird die Kommission eine Konferenz über die Zukunft Europas einberufen und die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Gestaltung von EU-Maßnahmen einbinden. Die Kommission wird sich auch künftig für eine starke Rechtsstaatlichkeitskultur in der EU einsetzen. Ferner wird sie die Auswirkungen der neuen demografischen Gegebenheiten in allen Bereichen untersuchen: von Beschäftigung über Sozialschutz, öffentliche Gesundheit bis hin zu öffentlichen Haushalten und Regionalpolitik, digitaler Vernetzung, Kompetenzen und Integration. Hierzu sollen gezielte Initiativen ins Leben gerufen werden, z. B. zum Thema Altern.

Fokus auf das Wesentliche

Bei der Ausarbeitung des Arbeitsprogramms hat die Kommission alle Vorschläge, die derzeit auf eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates warten, geprüft und schlägt vor, 34 Vorschläge zurückzuziehen und aufzuheben. Einige von ihnen entsprechen nicht den politischen Prioritäten der neuen Kommission; bei den meisten Initiativen jedoch ist die Kommission nach wie vor fest entschlossen, die betreffenden Ziele zu erreichen. Die Kommission wird eruieren, wie sich die Ziele besser und effizienter verwirklichen lassen, und das Europäische Parlament und den Rat vor der formellen Rücknahme von Vorschlägen konsultieren.

Evaluierung der Verwendung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen und mögliche Rundungsregeln

Das am 29.01.2020 verabschiedete Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission sieht auch vor, dass die Kommission die Verwendung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen evaluieren und auf der Grundlage dieser Evaluierung die Möglichkeit der Einführung gemeinsamer Rundungsregeln prüfen wird.

Dieses Vorhaben hat in den deutschen Medien und der Öffentlichkeit großes Interesse hervorgerufen. Das Arbeitsprogramm enthält jedoch keine endgültige Entscheidung oder einen Vorschlag zur Verwendung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen oder zur Rundung.

Im Rahmen ihrer Bewertung wird die Kommission ein breites Spektrum von Interessengruppen zu dieser Frage konsultieren, einschließlich anderer Institutionen, der zuständigen nationalen Behörden und der Zivilgesellschaft. Etwaige künftige Vorschläge für Rundungsregeln würden auf dem Ergebnis dieser Bewertung beruhen und erst nach Abschluss dieses Prozesses gemacht werden. Wie immer würde die Kommission dabei auch eine Folgenabschätzung vorlegen. Die Konsultationen werden voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen (3. Quartal 2020). Das Ergebnis der Konsultationen soll dann Anfang 2021 vorgelegt werden.

Ob die beiden kleinsten Stückelungen (1 und 2 Cent) sinnvoll sind, wird seit ihrer Einführung kontrovers diskutiert. Bei dieser Diskussion geht es vor allem um die – in Anbetracht des Nennwerts dieser Münzen – hohen Herstellungs- und Geldbearbeitungskosten, um den erheblichen Schwund bei den im Umlauf befindlichen Münzen und um den nach über 17 Jahren seit ihrer Einführung eingetretenen Verfall ihrer Kaufkraft.

Zuletzt hatte die Kommission im November 2018 einen Bericht über die jüngsten Entwicklungen bei Euro-Münzen vorgelegt.

Seit 2002 ist es in Finnland Pflicht, die Kaufsummen bei Barzahlung auf die nächsten fünf Cent zu runden. Im Jahr 2004 wurde die Rundung auch in den Niederlanden gängige Praxis. 2014 hat Belgien ein Gesetz über die freiwillige Rundung eingeführt, gefolgt von Irland im Jahr 2015. 2017 hat Italien ein Gesetz verabschiedet, das die Rundung verpflichtend vorschreibt, und stellte die Prägung von 1 Cent- und 2 Cent-Münzen ein. Allerdings ist die Rundung bisher weder in Belgien noch in Italien zur Norm geworden.

Politikgestaltung und praktische Umsetzung mit Blick auf die Zukunft

Ab 2020 wird die Kommission stärker auf die strategische Vorausschau bauen, um langfristige Trends zu ermitteln und ihre Prioritätensetzung und evidenzbasierte Politikgestaltung zu verbessern. Ein soliderer Rahmen für bessere Rechtsetzung wird sicherstellen, dass politische Maßnahmen greifbare Ergebnisse liefern und Menschen und Unternehmen das Leben erleichtern. Durch das Konzept „One In, One Out“ wird sichergestellt, dass bei Einführung neuer Belastungen dafür gesorgt ist, dass die Menschen und die Unternehmen – insbesondere KMU – auf EU-Ebene durch Streichung gleichwertiger Verwaltungskosten in demselben Politikbereich entlastet werden. Die Plattform „Fit-for-future“ wird die Bemühungen der Kommission um Vereinfachung unterstützen.

Umsetzung der gemeinsamen Agenda

Die Kommission hat das Arbeitsprogramm, das heute vorgestellt wird, in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und den beratenden Ausschüssen erarbeitet. Im gleichen Teamgeist werden die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat nun gemeinsam über die Liste der gemeinsamen Prioritäten beraten, zu denen nach Ansicht der gesetzgebenden Organe rasch Maßnahmen eingeleitet werden sollen.