Sozialversicherungsrecht - 2. Dezember 2019

Anspruch eines Versicherten gegen die Krankenkasse auf Versorgung mit PET-CT bei Prostatakarzinom

SG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 26.11.2019 zum Urteil S 9 KR 795/18 vom 11.10.2019

Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für eine PET-CT. Er befand sich wegen eines erstmals 2013 diagnostizierten Prostatakarzinoms bis 2015 in chemotherapeutischer Behandlung. Im Rahmen der stationären Nachsorge ließ der Kläger jeweils Oktober 2015 und August 2016 ein PET-CT durchführen. Die behandelnden Ärzte des Klägers empfahlen ihm Anfang 2017 erneut eine PET-CT zur Aufklärung bei Verdacht neuer Metastasen im Bereich der Prostata durchführen zu lassen, welche er nach telefonischer Rücksprache mit der Beklagten zwei Tage später durchführte. Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung ab, da die PET-CT beim klägerischen Krankheitsbild als „neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode“ zu klassifizieren und damit nicht erstattungsfähig sei.

Die Klage vor der 9. Kammer des Sozialgerichts hatte umfassend Erfolg.

Bei der Behandlungsmaßnahme „PET-CT bei Prostatakarzinom zum Staging“ handele es mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses zwar nach wie vor um eine „Neue Untersuchungsmethode“. Abhängig von den Umständen des Einzelfalles könne aber ein Anspruch im Wege grundrechtsorientierter Leistungsauslegung bestehen. Ein solcher bestehe im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter anderem, wenn bei unterstelltem operablem Primärkarzinom ein Zuwarten einen (schnelleren) tödlichen Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit bedeuten würde und es kein anderes geeignetes diagnostisches Verfahren mehr gebe. In der Regel könne jede Krebserkrankung, die sich nicht mehr im Frühstadium befinde, lebensbedrohlich sein und tödlich verlaufen, sobald eine positive Metastasierung in Lymphknoten oder Fernmetastasen vorliegen. Eine PET-CT diene gerade dieser Feststellung. Zum Staging eines Prostatakarzinoms würden keine anderen gleich effektiven Diagnostikmethoden existieren. Die Krankenkasse dürfe den Versicherten nicht auf eine neben der Untersuchungsmethode bestehende eingriffsintensivere Behandlungsmethode verweisen. Bei der Beurteilung, ob alternative Untersuchungsmethoden bestehen, dürfe nur der Kreis aller zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden betrachtet werden.