Sozialrecht - 22. August 2019

Ambulante Pflege: Assistenzkräftemodell ja, „Casemanagement“ nur bedingt

SG Mainz, Pressemitteilung vom 22.08.2019

Das Sozialgericht Mainz verurteilte mit am 22.08.2019 verkündetem Urteil das beklagte Land Saarland zur Zahlung eines persönlichen Budgets von 11.921 Euro monatlich für die ambulante Pflege und Eingliederungshilfe durch von dem Kläger selbst angestellte Assistenzkräfte.

Der 1987 geborene Kläger leidet unter einer frühkindlichen Hirnschädigung und ist auf eine 24-stündige Betreuung angewiesen. Das beklagte Land Saarland bewilligte dem Kläger ab Juli 2014 einen Betrag in Höhe von monatlich ca. 7.350 Euro zu deren Durchführung. Der Kläger begehrte demgegenüber im Rahmen seiner Klage Leistungen in Höhe von bis zu 15.600 Euro monatlich für elf von ihm selbst angestellte Assistenzkräfte sowie für eine Fallmanagerin, die die Anstellung der Assistenzkräfte und die Durchführung der Pflege betreut. Das beklagte Land Saarland wehrte sich gegen die begehrten höheren Leistungen und begründete dies u. a. damit, dass es dem Kläger zuzumuten sei, durch zwei festangestellte und bei ihm wohnende Pflegekräfte betreut zu werden. In einem vorherigen vom Kläger angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahren hatten das Sozialgericht Mainz und das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eine vorläufige Bewilligung höherer Leistungen zunächst abgelehnt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben hatte, hat das Landessozialgericht das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger vorläufig weitere 5.400 Euro monatlich bis zum endgültigen Abschluss des jetzt entschiedenen Verfahrens zu zahlen.

Das Sozialgericht Mainz betonte im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung, dass die Kosten für das Assistenzmodell des Klägers von dem beklagten Land zu übernehmen seien, da unabhängig von der Zumutbarkeit ständig bei ihm wohnender Pflegekräfte bei einer 24-Stunden-Pflege keine geringeren Kosten entstehen würden, weil zwei Pflegkräfte den Bedarf nicht decken können. Etwas Anderes gelte jedoch im Hinblick auf die Kosten des Fallmanagements. Diese könnten nicht als Budgetassistenzkosten übernommen werden, da es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Grundsätzlich müsse das Budget – soweit möglich – selbst verwaltet werden. Erforderlich sei jedoch die Übernahme von Kosten in Höhe von monatlich 1.100 Euro im Wege der Eingliederungshilfe für einen Zeitraum von acht Monaten ab August 2019, um den Kläger zu befähigen, hierbei eine größere Eigenständigkeit zu erreichen. Nach Ablauf dieses Zeitraums müsse überprüft werden, ob der tatsächliche Bedarf des Klägers noch in dieser Höhe weiterbestehe. Für die Assistenzkräfte seien zu diesem Betrag monatlich 10.821 Euro zu gewähren, damit auch die bisher nicht vergüteten fünf Stunden nächtlicher Einsatz gezahlt werden können.