Nachwuchs- und Mitarbeitermangel - 17. März 2014

Wir müssen handeln – jetzt!

In welchem Beruf hat man mit beinahe allen Lebens­bereichen seiner Kunden zu tun, ist sowohl per­sön­licher als auch Unter­nehmens­berater, Helfer in der Not und Gestalter? In der Steuer­be­ratung. Doch offenbar wissen das nicht viele. Da es an ge­eig­netem Nach­wuchs mangelt, wird es Zeit, die Zunft vor allem bei der Jugend bekannter zu machen und das Image etwas aufzu­polieren.

Über den Fachkräftemangel in unterschiedlichen Branchen liest und hört man regelmäßig. Gerade in der Steuerberatung sind die Zahlen alarmierend. Das bekommen Sie in der täglichen Praxis am eigenen Leib zu spüren. Es fehlt an geeigneten Auszubildenden und an Fachpersonal. Weder scheint der Mangel in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu sein, noch rennen Schulabgänger den Kanzleien die Türen ein.

Weder Baby Schimmerlos noch Liebling Kreuzberg

Woran liegt es, dass die steuerberatenden und die dazugehörigen Lehrberufe nicht sehr viel Zulauf erfahren? Das Steuerfach gilt gemeinhin als staubtrocken und steht daher bei Berufsanfängern nicht auf Platz eins der Jobwunschliste. Sind Schulabgänger auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle im Büro, sind die Medien-, Immobilien-, Banken- und Tourismusbranche beliebt. Darunter können sich auch alle etwas vorstellen. Nahezu jeder ist in Online-Portalen aktiv, liest Illustrierte, kennt Miet­verträge, hat schon mal ein Konto eröffnet oder eine Reise gebucht.
Aber mit Steuern verbinden die meisten zunächst nur Zahlen, komplizierte Vorgänge und Formulare, Behördenmief, unangenehme, aber unvermeidliche Pflichten, von deren Ausgang man sich meistens mehr verspricht, als man schluss­endlich zurück­bekommt. Zudem sind die Berührungs­punkte zu Steuerberatern bei Jugend­lichen eher die Ausnahme.
Berufsbilder werden häufig auch durch Film und Fernsehen bekannt. Dort wimmelt es von Anwälten, Ärzten oder Journalisten. Sympathieträger sind Anwalt Robert Liebling aus Kreuzberg und selbst der Klatschreporter Baby Schimmerlos aus Kir Royal. Aber Steuerberater sind bisher keine Helden der Bildschirme. Bedauerlich, denn Sie wissen am besten, wie vielseitig, knifflig und geschäftig die Steuerberatung ist und dass sie vor allem alle Lebensbereiche berührt. Sie ist komplexe Materie und bedeutet oftmals Argumentation und Reibung zwischen besonders engagierten Partnern. Häufig ist es ein Drahtseilakt oder eine Rettungsaktion, immer aber eine Operation am offenen Herzen – den Geschäftsbüchern. Ein attraktives Arbeitsumfeld, in dem die Beratung der Mandanten im Vordergrund steht. Aber das Bild der Ärmelschoner und Zahlen­schubser spukt land­läufig in den Köpfen. Dabei ist man in kaum einem anderen Beruf näher am Menschen mit seinen Sorgen und Nöten und kann so viel für ihn gestalten, ist auf­merk­samer Zuhörer und Unter­nehmens­berater. Natürlich reden wir hier nicht über einen ausschließlich selbstlosen karitativen Job, sondern hier verdient es sich auch ganz gut.
Zudem bietet die Branche gute Perspektiven und ist krisensicher. Leider weiß von diesem spannenden Wirkungsfeld nur die Berufsgemeinschaft, die händeringend nach geeignetem Nachwuchs sucht. Daher müssen wir den Spieß umdrehen. Wenn nicht ausreichend viele kompetente und engagierte Bewerber den Stellenangeboten der Kanzleien folgen, müssen wir – die Berater selbst und ihre Vertreter – aktiv in die Öffentlichkeit gehen und für die Zunft werben.

Was passiert, wenn wir jetzt nicht aktiv handeln?

Beinahe ein Viertel der Berufsträger ist über 60 Jahre alt. Sowohl die Zahl der Prüfungskandidaten als auch die der erfolgreichen Absolventen der Steuerberaterprüfung sind in den vergangenen Jahren rückläufig. Man muss kein Hellseher sein, um die Entwicklung für die nächsten 20 Jahre zu pro­gnos­tizieren. Die Zahlen der nicht zu be­set­zenden Aus­bildungs- und Fach­kräfte­stellen in den Kanz­leien sind ebenfalls alar­mierend. Das heißt in Kon­sequenz, dass wir die Steuerberatung mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken und mit dem weit­ver­breiteten Vorurteil des mausgrauen Images aufräumen müssen. Wir sollten für den Berufsstand dort werben, wo junge Menschen die Weichen für ihr Leben stellen – in Schulen, Berufsschulen, an Unis, auf Berufsmessen –, und somit frühzeitig Einblick in ein vielseitiges und forderndes beruf­liches Umfeld gewähren. Praktika sind häufig der erste Schritt ins Erwerbsleben.

Genossenschaftlicher Gedanke

Für Ihre Genossenschaft ist es selbstverständlich, Sie und den Berufsstand aktiv bei diesem Vorhaben zu begleiten. Daher starten wir Anfang Mai unter anderem mit unserer Kampagne „Rock Deine Zukunft“. Wir gehen seit einiger Zeit mit Veranstaltungen und Vorträgen für Studierende an Uni­versi­täten. Der DATEV-Führer­schein mit bisher über 500 erfolg­reichen Absol­venten an 30 Hoch­schulen zeigt bereits jetzt das große Interesse bei künftigen Berufs­kollegen. Zudem wollen wir Sie noch mehr im Kanzleimarketing und Personalmanagement unterstützen. Dabei wollen wir nicht ein all­ge­mein­gül­tiges Konzept über alle Kanz­leien stülpen, sondern jede soll aus­reichend Rüstzeug an die Hand bekommen, um den eigenen individuellen Weg zu beschreiten.
Jeder Einzelne kann der Botschafter für den eigenen Berufsstand sein und somit helfen, ihn bekannter zu machen. Wenn Sie aktiv werden, gewinnen Sie die besten Köpfe für die Steuer­beratung. Stellen Sie sich mit Ihrer Kanzlei als attraktiver Arbeitgeber auf und tragen Sie das auch nach außen. Wichtig ist es, junge Menschen auszubilden, einmal gewonnene Mitarbeiter zu fördern und zu binden sowie Praktika anzubieten. Jeder von Ihnen kann seinen Teil dazu beitragen, dass Jugendliche künftig die Steuerberatung als eine spannende und herausfordernde Tätigkeit wahrnehmen und als Berufswahl in Betracht ziehen.
Und wir unterstützen Sie dabei. DATEV wird Ihnen – auf Ihre Anforderungen zugeschnitten – das nötige Werkzeug mitgeben und jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen. Lassen Sie uns diese Aufgabe gemeinsam angehen und bewältigen.

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Lesen Sie mehr über die Nach­wuchs- und Mit­ar­beiter­gewinnung in der Steuer­be­ratung in der Titel­strecke der kommenden Aus­gabe des DATEV magazins. Hier wird auch die Kampagne „Rock Deine Zukunft“, mit der DATEV im Mai startet, vorgestellt.

Zum Autor

Eckhard Schwarzer

Diplom-Volkswirt; seit 2014 stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der der DATEV eG und Vorsitzender der DATEV-Stiftung Zukunft

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