Münchner Steuerfachtagung - 31. März 2015

Von James-Bond-Paragraphen und gefühlten Steuerbelastungen

von Gastautor

Die 54. Münchner Steuerfachtagung, die vom 18. – 19. März im Hilton Park Hotel stattfand, war wie stets eine fachlich sehr anspruchsvolle Veranstaltung. Von der Erbschaftsteuer über die Umsatzsteuer bis hin zur Abgeltungsteuer wurden Steuerfachthemen auf hohem Niveau diskutiert.

Nun gibt es viele Diskussionsforen, die mit brillanten wissenschaftlichen Ausführungen glänzen. Wahrhaft ungewöhnlich machte die von der DATEV e.G. unterstützte Veranstaltung, dass bei einigen Vorträgen auch die packende und emotionale Seite der Steuerberatung sichtbar wurde.

Apell an die Steuergesetzgebung

Herausragend eloquent beeindruckte etwa Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, mit seiner Analyse der neusten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu rückwirkenden Steuergesetzen. Seine dringende Handlungsempfehlung – vor allem Richtung Steuergesetzgebung – lautete „Wir müssen Atem holen und überlegen, was tun wir eigentlich“.

For your eyes only

Auch dem vermeintlich trockenen Thema „Modernisierung des Verfahrensrechts“ konnte auf der Münchner Steuerfachtagung noch eine spannende Konnotation mitgegeben werden. Es wurde von allen Seiten – sprich Vertretern aus Finanzverwaltung, Steuerberatern, Rechtsprechung und Wissenschaft – beleuchtet. Im Wesentlichen ist das erklärte Ziel der geplanten Reform eine Arbeitserleichterung für alle Beteiligten. Erreicht werden soll diese durch eine verstärkte Automatisierung des Veranlagungsverfahrens. Kernpunkte sind hierbei die Erweiterung der vorausgefüllten Steuererklärung sowie der Ausbau des maschinellen Risikomanagementsystems (RMS). Das RMS soll eine vollautomatische Fallbearbeitung ermöglichen. Brisant ist, nach welchen Kriterien das System die Fälle auswählt, die dann einer genaueren Prüfung durch die Finanzverwaltung unterzogen werden. Ursprünglich war geplant, die Einzelheiten „geheim zu halten“. Das veranlasste den Richter am BFH München, Dr. Niels Trossen, die entsprechende Vorschrift „James-Bond-Paragraph“ zu taufen. Mittlerweile ist die Formulierung entschärft und lautet „Einzelheiten werden nicht veröffentlicht“. Was freilich nichts an den Auswirkungen der Norm ändert. Hier moniert die Richterschaft, dass mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie die Methoden im Einzelfall gerichtlich überprüfbar sein müssen.

Steuerpsychologie

Die Überschätzung oder Unterschätzung von Steuerwirkungen ist eine häufige Fehlerursache bei Investitionsentscheidungen, so Prof. Dr. Deborah Schanz, München. Sie untermauerte dies mit Praxisbeispielen, die belegten, dass der gefühlte Vorteil bei einer Steuerersparnis weit größer ist als der Vorteil durch eine äquivalente Ersparnis nicht steuerlicher Art, etwa des Wegfalls von Ausgaben.

Auch stellte sie eine Studie vor, bei der steuerliche Laien die Einkommensteuerbelastung schätzen mussten – und eine weitaus höhere Belastung annahmen, als es der Realität entspricht. Grund hierfür kann sein, dass schlicht die Beiträge zur Sozialversicherung zur Lohnsteuer addiert werden.
Auch sei mittlerweile untersucht, dass Steuerpflichtige stark irrational auf Verlustverrechnungsmöglichkeiten reagieren. Bestehen steuerliche Verlustvorträge, gingen Steuerpflichtige ein höheres Risiko in ihrer Ausgabenpolitik ein. Dass der Gedanke an steuerliche Vorteile gelegentlich den Intellekt beeinträchtigt zeige sich auch daran, dass Steuerpflichtige in Experimenten Steuermodelle mit einem niedrigen Steuersatz stets bevorzugten – auch wenn in den Modellen die Steuerbelastung wegen hoher Bemessungsgrundlagen höher war als in den Alternativmodellen.

Diese Erkenntnisse legen nahe, dass der Steuerberater besonders gefordert ist, den Mandanten bereits in der Planungsphase zu beraten. Dies entspräche auch den Erwartungen der Mandanten. Noch viel zu wenig werde gelebt, dass Mandanten von ihrem steuerlichen Berater mehr Steuerplanung wünschen. Immerhin 23% der Mandanten sehen sogar den Schwerpunkt bei den beratenden Leistungen, nicht in der Deklaration.

Fazit

Rückwirkende Steuergesetze, Modernisierung des Verfahrensrechts sowie Verstärkung der betriebswirtschaftlichen Beratung sind Themen, bei denen die DATEV eG ein wichtiger Partner an der Seite der Steuerberater ist. Die zunehmende Bedeutung dieser Themen kann auch für die DATEV eG Chancen eröffnen.

Foto: Claas Beckmann: Mehr Fotos von der Veranstaltung gibt es hier.

Über die Autorin:

Anke Kolb-Leistner ist seit 1. März 2015 in der Pressestelle der DATEV eG Ansprechpartnerin für Journalisten zu den Themenbereichen Wirtschaft, Mittelstand, Steuerberaterbranche, Rechtsanwaltsbranche und Bildungspartner. Die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht war zuvor langjährige Chefredakteurin des „SteuerConsultant“.

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