In seiner 1955 erschienenen Kurzgeschichte Autofab entwarf der Autor Philip K. Dick eine Welt, die von selbst-replizierenden Robotern dominiert wird, welche ohne Unterlass arbeiten und die Ressourcen des Planeten erst monopolisieren und schließlich erschöpfen. Dystopie oder vielleicht bereits Realität?

Wie die Autofabs in der Erzählung von Philip K. Dick sind hochmoderne Roboter in mehreren Werken in der Lage, über lange Zeiträume hinweg völlig autonom zu arbeiten. Diese Art der Herstellung wird als bedienerlose Fertigung oder Lights-out-Produktion bezeichnet. Die Lights-out-Produktion ist zwar mit hohen Einrichtungs- beziehungsweise Rüstkosten verbunden, bietet jedoch eine Reihe hochinteressanter Vorteile, zu denen auch eine gesteigerte Rentabilität gehört.
Im Allgemeinen arbeiten Roboter langsamer, im Vergleich zum Menschen aber ohne Unterbrechung und mit konsistenter Leistung, da sie nicht müde werden, sich nicht langweilen, ablenken lassen oder krank werden. Folglich können autonome Roboter Hersteller dabei unterstützen, die Produktivität zu maximieren, um steigende Nachfragesituationen zu bedienen.

Darüber hinaus können Unternehmen mit bedienerloser Produktion Energie- und Betriebskosten einsparen. Eine vollständig automatisierte Produktionsanlage kann im Lights-out-Betrieb laufen, da Beleuchtung, Heizung, Belüftung und Klimatisierung nur für Menschen notwendig sind und daher im bedienerlosen Betrieb eliminiert werden können. Außerdem können Roboter ihre Arbeit in wesentlich kleineren Arbeitszellen verrichten, was die Kosten in Zusammenhang mit der erforderlichen Größe der Produktionsanlage senkt.

Und zu guter Letzt sind Roboter die perfekten Arbeitskräfte in gefährlichen industriellen Arbeitsumgebungen, wo giftige Dämpfe, sich schnell bewegende Maschinen oder heiße Oberflächen schwerwiegende Risiken für Gesundheit und Sicherheit menschlicher Arbeiter darstellen können.

Heute schon Realität

Der Japanische Roboterhersteller Fanuc arbeitet seit 2001 im Lights-out-Betrieb. Genauso wie in der Geschichte von Philip K. Dick vervielfältigen sich die Roboter in der Fanuc-Produktionsanlage in Oshino mit einer Rate von 50 pro 24-Stundenschicht selbst und arbeiten dann bis zu 30 Tage lang unbeaufsichtigt. Die Roboter kümmern sich um alle Aspekte der Produktion, von der Zulieferung von Teilen über die Montage und Produktprüfung bis hin zu Verpackung und Versand.

Bedienerlose Produktion ist jedoch nicht exklusiv der Robotik vorbehalten, sondern wird mittlerweile auch schon zur Herstellung von Konsumgütern eingesetzt. So betreibt Philips beispielsweise eine beinahe vollständig automatisierte Anlage in den Niederlanden, in der 128 Roboter mit Feinmotorikfähigkeiten pro Jahr etwa 15 Millionen elektrische Rasierapparate herstellen. Menschen sind hier nur an einer einzigen Etappe beteiligt, nämlich an der Qualitätssicherung. Doch dank autonomen Maschinenbildverarbeitungssystemen, könnte sogar dieser Schritt in der Produktionskette bald vollständig automatisiert werden.

Momentan werden nur sehr wenige Produktionsanlagen ausschließlich im bedienerlosen Lights-out-Modus betrieben. Allerdings können dank gesteigerter Verfügbarkeit von und einfacherem Zugang zu Industrierobotern immer mehr Werke ihrem herkömmlichen Schichtbetrieb auch bedienerlose Lights-out-Schichten hinzufügen, was üblicherweise in der Nacht und an Wochenenden geschieht.

Darüber hinaus ermöglichen neuartige Machine-as-a-Service-Abo-Modelle Unternehmen jeder Größe und Finanzstärke die Automatisierung ihrer Projekte. Ein solches Geschäftssystem bietet Herstellern die Möglichkeit, Roboter stundenweise zu mieten und nur für jene Zeiträume zu bezahlen, in denen die Maschinen auch tatsächlich arbeiten, was die Rentabilität maximiert und gleichzeitig Kapitalinvestitionen minimiert.

Der menschliche Faktor

Eine bedienerlose Produktion macht menschliche Arbeitskräfte keineswegs überflüssig. Ganz im Gegenteil, sie kann dazu beitragen, Mitarbeiter durch ihren Einsatz in lohnenderen, verantwortungsvolleren Positionen zu binden. Während Roboter die repetitiven, monotonen oder gefährlichen Aufgaben übernehmen, können menschliche Mitarbeiter umgeschult und komplexeren Aufgaben zugewiesen werden, die Urteilsvermögen und Problemlösungsfähigkeiten erfordern. Aus diesem Grund ist es von enormer Bedeutung, dass Arbeitgeber in Weiterbildung und Training ihrer Mitarbeiter investieren und dass Arbeitnehmer verstehen, welche Bedeutung solchen Fortbildungsmaßnahmen für ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit in einem sich ständig und rasch verändernden Arbeitsmarkt zukommt.

Die Rentabilitätssteigerungen, die durch die bedienerlose Produktion erzielt werden können, helfen Unternehmen außerdem, ihre Produktion im eigenen Unternehmen zu behalten. Auf diesem Weg können Hersteller logistische und ethische Probleme im Zusammenhang mit Produktionsauslagerung vermeiden und ihre Mitarbeiter behalten ihre Arbeitsstellen.
Letztendlich wird immer Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften bestehen, um Maschinen zu entwickeln, einzurichten und zu überwachen und die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten durchzuführen.

Wenn Maschinen jeden Tag rund um die Uhr in Betrieb sind, egal, ob sie dabei überwacht werden oder nicht, kann es zu einer raschen Abnutzung ihrer Bauteile kommen. In der Autofab-Erzählung repliziert sich der zentrale Roboter einfach selbst, wenn er zerstört wird, indem er Kopien seiner selbst rund um den Erdball aussendet. Diesen Service können auch heutige Automatisierungsdienstleister zwar (leider) nicht bieten, doch ist ein qualifizierter Partner auf diesem Gebiet in der Lage, den Planten auf der Suche nach benötigen Teilen zu durchkämmen und sie in kürzester Zeit zuzusenden.

Autor: Sophie Hand

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