Die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer ist laut einer Umfrage des Bitkom offen für moderne Arbeitskonzepte. Vertrauensarbeitszeit, Recht auf Homeoffice, mehr Raum zur Selbstverwirklichung und soziale Verantwortung durch den Arbeitgeber stehen oben auf der Agenda.

Einer Bitkom-Umfrage zufolge stehen 92 Prozent der befragten Arbeitnehmer New-Work-Konzepten sehr oder eher aufgeschlossen gegenüber – nur 6 Prozent lehnen diese ab. Die meisten Berufstätigen möchten einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen und stellen an ihren Arbeitgeber hohe moralische Ansprüche, etwa was die soziale Verantwortung angeht.

Eng damit verbunden ist die Digitalisierung der Arbeitswelt: 91 Prozent der Berufstätigen messen digitalen Technologien eine große Bedeutung für ihr Arbeitsleben bei (2017: 80 Prozent). 55 Prozent rechnen damit, dass sich ihr Arbeitsplatz bis 2030 durch neue Technologien verändern wird – Sorge vor einem Job-Verlust haben aber nur die wenigsten (8 %). Insgesamt sehen 66 Prozent in der Digitalisierung eine Chance für ihre berufliche Situation, 32 Prozent eine Gefahr.

Digitalkompetenz wird immer wichtiger

Im Job wird Digitalkompetenz immer mehr zur Schlüsselqualifikation. 30 Prozent der befragten Berufstätigen meinen, Digitalkompetenz werde künftig die wichtigste Fähigkeit überhaupt für ihren Arbeitsplatz sein. 2017 waren es erst 8 Prozent. Sieben von zehn (68 Prozent; 2017: 77 Prozent) glauben, Digitalkompetenz werde zumindest genauso wichtig sein, wie fachliche oder soziale Kompetenz. Dass Digitalkompetenz künftig von untergeordneter Bedeutung sein werde, glaubt mittlerweile niemand mehr (0 Prozent). 2017 waren es noch 11 Prozent.

Entsprechend positiv sind die allgemeinen Einstellungen gegenüber der Digitalisierung der Arbeitswelt und des eigenen Arbeitsplatzes. Jeweils eine Mehrheit der Berufstätigen sagt, digitale Technologien seien unerlässlich, um die Arbeit zu erledigen (78 Prozent), würden bei der Arbeit motivieren (67 Prozent) und die Arbeit produktiver machen (62 Prozent). Jeweils eine Minderheit sieht die Nachteile, dass digitale Technologien oft nicht so funktionieren, wie sie sollten (34 Prozent), für zu viele Informationen auf zu vielen Kanälen sorgen (23 Prozent) oder Stress hervorrufen (11 Prozent) würden.

Forderungen an Arbeitgeber

Mit New Work verbinden Berufstätige persönliche Wünsche und gesellschaftliche Ansprüche. Auf persönlicher Ebene möchten sich 96 Prozent ihre Arbeitszeit frei einteilen können. 94 Prozent sagen, dass es ihnen wichtig ist, einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen. 93 Prozent wünschen sich flache Hierarchien. 90 Prozent möchten ihre Leistungs- und Lernziele selbst festlegen. 82 Prozent wollen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und 71 Prozent befürworten regelmäßig wechselnde Arbeitsaufgaben, also Job-Rotation.

Auf gesellschaftlicher Ebene haben Berufstätige ebenfalls hohe Ansprüche an Arbeitgeber. 96 Prozent bekräftigen, ihr Arbeitgeber sollte Werte vertreten, mit denen sie sich identifizieren können. 92 Prozent finden, ihr Arbeitgeber sollte gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Und 72 Prozent sind der Ansicht, dass auch Führungskräfte in Teilzeit arbeiten können sollten.

Gleichstellung

Die Gleichstellung der Geschlechter ist Berufstätigen ein wichtiges Anliegen. So fordern 97 Prozent, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden sollten. Diese Forderung wird von Frauen und Männern gleichermaßen erhoben. 79 Prozent meinen, dass divers zusammengesetzte Teams, etwa mit Unterschieden in Geschlecht, Alter oder Herkunft, bessere Arbeitsergebnisse liefern. In den Chefetagen ist das Thema nach Meinung der meisten angekommen: 87 Prozent der Befragten sagen, ihr Arbeitgeber nehme das Thema Gleichstellung ernst. Allerdings gibt es lediglich bei 57 Prozent Frauen in Führungspositionen.

Umgestaltung von Büroflächen

Neben kulturellen Aspekten beinhalten New-Work-Konzepte auch die Neugestaltung der Arbeitsräume. Neue Raumkonzepte setzen sich allmählich in deutschen Büros durch. Drei von zehn der Beschäftigten verfügen am Arbeitsplatz über Rückzugsmöglichkeiten zum Stillarbeiten (31 %), Grünflächen mit Sitzgelegenheiten beziehungsweise eine Dachterrasse (30 Prozent) oder einen Lounge-Bereich (27 %). Eine Seltenheit sind aber weiterhin Design-Thinking-Räume (6 Prozent), Telefonkabinen (5 %) und Sport- oder Fitnessräume (4 %). Häufiger findet man dagegen Klassiker wie Kaffeeküche (94 %) und Kantine (31 %). Das Einzelbüro ist mittlerweile nicht mehr Standard, nur noch jeder vierte Büroarbeiter ist allein in seinem Büro (27 %). Jeder Zehnte (10 %) verfügt nicht einmal mehr über einen festen Arbeitsplatz, sondern nutzt einen sogenannten Shared Desk oder ein non-territoriales Büro. Die meisten teilen sich ihr Büro mit Kollegen.

37 Prozent haben ihren Arbeitsplatz in einem Mehrpersonenbüro mit zwei bis vier Mitarbeitern, 22 Prozent arbeiten in einem Großraumbüro mit fünf und mehr Mitarbeitern. Großraumbüro-Erfahrungen haben sieben von zehn Büroarbeitern (68 %) bereits gesammelt. Das Konzept ist umstritten: Während die eine Seite in Großraumbüros die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern für besser hält (66 %) und einen stärkeren Zusammenhalt im Team (45 %) und eine größere Zufriedenheit der Mitarbeiter sieht (45 %), bemängelt die andere Seite mehr soziale Kontrolle (56 %) und beklagt eine stärkere Ablenkung und geringere Produktivität (48 %).

Analoge Vollausstattung

Deutsche Büroarbeiter verfügen auch im Jahr 2019 über analoge Vollausstattung: Schreibmaterialien, Locher und Klammeraffe (jeweils 97 %) gibt es quasi an jedem Büroarbeitsplatz. Sieben von zehn Büroarbeiter (69 %) verfügen über Klebezettel, um Nachrichten zu übermitteln oder Notizen zu hinterlassen. Klassische elektronische Geräte wie Drucker (97 %) und Telefon (93 %) sind ebenfalls nicht wegzudenken aus deutschen Büros. Auch das Fax-Gerät ist omnipräsent: An sieben von zehn Büroarbeitsplätzen (72 %) gibt es darauf Zugriff. Die mobilen Arbeitsmittel der digitalen Welt – Smartphone (65 %), Laptop (55 %) und Tablet (34 %) – rangieren teils deutlich dahinter.

Ein Recht auf Homeoffice

Mit dem Thema New Work verknüpfen Berufstätige auch konkrete Erwartungen an die Politik. 91 Prozent fordern, dass sich auch Selbstständige verpflichtend fürs Alter absichern sollten. 74 Prozent sagen, dass die Regelungen zur Beteiligung von Mitarbeitern am finanziellen Erfolg von Unternehmen vereinfacht werden sollten. Knapp zwei Drittel (63 %) befürworten gelockerte Regelungen zum Arbeitsschutz, um Homeoffice zu erleichtern und es Startups leichter zu machen. Sechs von zehn (58 Prozent) wünschen sich die Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Und fast die Hälfte (46 %) regt an, dass alle Beschäftigten eine Auszeit nehmen können, um ein eigenes Unternehmen zu gründen, mit dem Recht auf Rückkehr in den alten Job. Ein mögliches Recht auf Homeoffice findet unter vielen Berufstätigen Zuspruch (45 %) – dabei wäre das längst nicht in allen Berufen umzusetzen.

Arbeitszeiterfassung spaltet Berufstätige

Gespalten sind Berufstätige in der Frage, ob ihre Arbeitszeit genau dokumentiert werden sollte oder nicht. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2019 müssen künftig alle Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer systematisch erfassen. Wenn die Berufstätigen selbst wählen könnten, würden 53 Prozent lieber das Prinzip der Vertrauensarbeitszeit bevorzugen. Dagegen befürworten 41 Prozent die genaue Arbeitszeiterfassung. Die große Mehrheit der abhängig Beschäftigten macht das bereits. 77 Prozent, weil es der Arbeitgeber vorschreibt, und 13 Prozent aus eigenen Stücken.

Zur Studie

Bitkom Research hat im Auftrag des Digitalverband Bitkom 1.002 Berufstätige von 16 bis 65 Jahren telefonisch befragt.

Autor: Heidemarie Schuster

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