Ein konkreter Einsatzzweck steigert die Akzeptanz einer Technologie. Das gilt auch für die Künstliche Intelligenz (KI), wie eine Studie von Arithnea und Splendid Research zeigt. Die Mehrheit der Befragten hofft, dass KI ihnen lästige Alltagstätigkeiten abnehmen wird.

„Sind die Deutschen so technikfeindlich wie dies häufig in den Medien dargestellt wird? Die empirische Sozialforschung lehrt uns etwas Anderes. Denn mangelnde Technikakzeptanz oder sogar Technikfeindlichkeit ist entgegen vielen Presseberichten und manchen lieb gewordenen Vorurteilen in Deutschland geringer ausgeprägt als in den meisten anderen europäischen Ländern. Glaubt man den Umfragedaten, dann lieben in Deutschland die meisten Menschen die Errungenschaften der Technik, vor allem in Haushalt, Freizeit, Berufsleben und im Ausleben der Mobilitätswünsche. Allenfalls große komplexe Systemtechniken wie Kernenergie, Gentechnik oder Chemieanlagen stoßen bei einem Großteil der Bevölkerung auf Skepsis“. Zu dieser Feststellung kommt der Stuttgarter Technologiesoziologe Prof. Dr. Dr. h.c. Ortwin Renn. Eine Erkenntnis neuester Forschung? Mitnichten Der Artikel des Stuttgarter Experten für Modernisierungsforschung stammt aus dem Jahr 1997.

Und dennoch ist er heute so aktuell wie damals, transportiert er doch eine grundlegende Erkenntnis: Je näher eine Technologie an der individuellen Lebenswirklichkeit ist und je mehr Vorteile diese im Alltag bietet, umso größer ist, wie es scheint, deren Akzeptanz.

Je konkreter der Einsatzzweck, desto eher wird KI gewünscht

Das gilt auch für den aktuellsten technologischen Hype: die Künstliche Intelligenz. Hier überwiegt (zumindest leicht) die Hoffnung auf deren positive Effekte, während die „Bedenkenträger“ in der Minderzahl sind die Angst vor ihr. Das zeigt eine aktuelle Studie der Digital-Agentur Arithnea und des Meinungsforschungsinstituts Splendid Research.

Dabei gilt: Je konkreter Menschen den Einsatzzweck einer KI-Technologie kennen, desto eher wird sie gewünscht. Die Hoffnung der Deutschen ruht vor allem auf einer Vereinfachung des Alltags – bei wichtigen Entscheidungen wie Gesundheit oder Finanzen sehen sie den Einsatz von KI momentan eher skeptisch.

Die Einstellung gegenüber KI ist unter den Deutschen geteilt, jedoch mit einer leichten Tendenz zum Positiven: Über ein Drittel der Deutschen geht davon aus, dass künstliche Intelligenz das eigene Leben verbessern wird (38 Prozent) oder sogar die Welt (35 Prozent). Exakt ein Drittel empfindet KI als gefährlich (33 Prozent), fast ebenso vielen macht sie Angst (30 Prozent).

Befürworter hoffen auf eine Lösung der Ressourcenprobleme

Für die Hoffnung in KI gibt es einen klaren Hauptgrund. Man erwartet von der Künstlichen Intelligenz die Erleichterung des eigenen Alltags. 60 Prozent der Deutschen glauben, dass die KI ihnen lästige Aufgaben abnehmen wird. 51 Prozent gehen davon aus, dass sie ihnen das Leben vereinfachen wird.

Auf gesellschaftlichen Ebene sind die Hoffnungen jedoch etwas geringer. Aber auch hier glaubt eine deutliche Mehrheit an einen positiven Beitrag der KI. So erwarten 50 Prozent, dass die KI bei der Ressourcen-Problematik (etwa im Zuge der Energiewende) helfen kann, 49 Prozent sagen, dass die KI unerfreuliche Arbeitsplätze übernehmen wird und 47 Prozent erwarten, dass die KI ihnen in Sachen Gesundheit helfen kann.

Datenschutz bleibt wichtiges Thema

Angst haben die Deutschen vor fehlender Kontrolle über die eigenen Daten (68 Prozent), vor Überwachung (61 Prozent) und vor fehlender Ethik und Moral (61 Prozent). Befragt man die Deutschen nach konkreten Einsatzszenarien von künstlicher Intelligenz, gehen die Zustimmungswerte nach oben.

Die absolute Mehrheit der Deutschen fände es sinnvoll, in Zukunft dank KI verbesserte Service-Hotlines zu haben (74 Prozent), den Produkt-Versand zu verbessern (71 Prozent), die Energiekosten zu senken (71 Prozent), Versicherungsbetrug zu verringern (63 Prozent), einfacher Reisebuchungen durchzuführen (60 Prozent), ihr Auto per Sprachsteuerung zu bedienen (58 Prozent), oder einen 24-h-Service bei Banken und Versicherungen nutzen zu können (56 Prozent). Unternehmen können also punkten, wenn sie es schaffen, den Mehrwert einer KI-gesteuerten Anwendung transparent darzulegen.

KI ohne menschlichen Ansprechpartner oft noch suspekt

Stellt man die Deutschen vor die Wahl, ob sie lieber auf eine KI oder einen menschlichen Ansprechpartner zurückgreifen würden, lautet die Antwort: Kommt darauf an. Je kritischer ein Bereich für den eigenen Lebensverlauf, desto eher bevorzugen sie einen menschlichen Ansprechpartner.

Das gilt besonders für die Bereiche Gesundheit und Finanzen (ärztlicher Rat: 67 Prozent; Anlageberatung: 57 Prozent; Immobilienkauf: 53 Prozent; Bankgeschäfte: 53 Prozent; Versicherungen 52 Prozent). In vielen alltagsnäheren Bereichen dagegen würden die Menschen gerne eine KI zusätzlich zum Menschen heranziehen, zum Beispiel bei Reisebuchungen (54 Prozent), dem Energieeinkauf (54 Prozent) oder dem Shopping (53 Prozent).

KI wird öfter genutzt als die Menschen denken

In dieses Bild passt, dass Deutsche tatsächlich schon viel häufiger Anwendungen mit KI-Elementen nutzen, als ihnen bewusst ist. So meinen nur 19 Prozent, dass sie täglich mit KI in Kontakt kämen. Die meisten hingegen glauben, sie kämen nur einige Male pro Woche oder pro Monat mit KI in Kontakt (45 Prozent). 24 Prozent gaben an, sie wüssten es nicht. Dem gegenüber steht, dass 98 Prozent aller Deutschen laut eigener Angaben bereits Services nutzen, die auf KI zurückgreifen; etwa die Google-Suche, Maps-Navigation (68 Prozent) und E-Mail-Spamfilter (56 Prozent).

„Für mich zeigt sich klar, dass die deutschen Verbraucher in Sachen künstlicher Intelligenz „auf dem Weg“ sind. Bereits heute herrscht eine erstaunlich hohe Akzeptanz für KI-basierte Dienstleistungen. Diese erhöht sich deutlich, wenn Szenarien in der Zukunft abgefragt werden. Für Unternehmen bedeutet dies, technologisch die Weichen in Richtung zukünftige KI-Szenarien zu stellen“, so Studienleiter und Geschäftsführer der Arithnea GmbH Boris Bohn.

Autor: Jürgen Schreier

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