Nichts wird unversucht gelassen, um den weiblichen „Nachwuchs“ für Technologieberufe zu begeistern. Als Sprecherinnen auf deutschen Tech-Events sind Frauen nach einer aktuellen Analyse mit durchschnittlich 29 Prozent jedoch arg unterrepräsentiert.

Die Technik-Branche gilt trotz ihrer Bemühungen um weibliche Fachkräfte als Männerdomäne. Die Studenten der Berlin School of Business & Innovation (BSBI) haben aktuell über 3657 Speaker verglichen und untersucht, wie die Quote der weiblichen Speaker auf den Tech-Events des Jahres 2019 ausfiel. Dafür analysierten sie jeweils zehn deutsche und zehn internationale Events, zu denen mindestens 70 Speaker eingeladen waren.

Re:publika und TOA führen das Ranking an

Insgesamt fällt das Resultat ernüchternd bis enttäuschend aus. So belief sich der Anteil weiblicher Speaker auf deutschen Tech-Messen auf 29 Prozent. Die Re:publika (Konferenz rund um soziale Medien und die digitale Gesellschaft) schnitt dabei noch am besten ab: Mit 45 Prozent war dort fast die Hälfte der Expertinnen weiblich. Auf Platz zwei landete mit 43 Prozent die TOA (Technologie-Festival rund um das Thema die Digitalisierung). Auch die Heureka (Start-up & Tech Cenference) gehörte mit 38 Prozent zu den Tech-Events mit vergleichsweise vielen Sprecherinnen.

Gamescom (Computerspiel-Messe) sowie Bits & Pretzels (Festival für Tech-Gründer) schaffen es mit 32 Prozent bzw. 31 Prozent ins Mittelfeld, während die DLD Conference (Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft) mit 29 Prozent exakt den Durchschnittswert traf. Die IFA (Messe für Consumer- und Gebrauchselektronik) schnitt mit 25 Prozent hingegen unterdurchschnittlich ab.

Während Gamescom und IFA im Mittelfeld landete, brachten es WeAreDevelopers (IT-Entwicklerkonferenz) auf nur noch 18 Prozent und Rise of AI (Konferenz für Künstliche Intelligenz) auf 15 Prozent Frauen, die auf der Bühne mit Redebeiträgen ihre fachliche Kompetenz beweisen konnten. Auf dem letzten Platz rangiert die Tech Week Frankfurt: Bei der Kongressmesse für digitale Transformation betrug der Frauenanteil im Jahr 2019 lediglich 14 Prozent.

Sprecherinnen-Quote im Ausland noch geringer

Im Vergleich mit Tech-Events im Ausland schlugen sich die Veranstaltungen hierzulande in Sachen „Frauenquote“ sogar recht wacker. Denn aus Tech-Events außerhalb von Deutschland fiel der Anteil weiblicher Speaker insgesamt nochmals deutlich geringer aus und lag im vergangenen Jahr bei 22 Prozent. Die meisten Frauen (43 Prozent) sprachen dabei auf der US-amerikanischen EmTech-Konferenz des MIT (Konferenz für Emerging Technologies). Der von Verizon Media veranstaltete Kongress Tech Crunch: Disrupt (38 Prozent) in den USA sicherte sich den Silberrang, der Websummit in Lissabon, der als Hot Spot für die Tech-Branche gilt, mit 33 Prozent die Bronzemedaille.

Im Mittelfeld landete auch die Microsoft Inspire, wo 2019 weibliche Expertinnen mit überdurchschnittlichen 27 Prozent vertreten waren. Weiter abgeschlagen folgt die IT Arena (19 Prozent). Auch beim SAP-Expertentreff Ukisugconnect (17 Prozent) und beim Kafka Summit (15 Prozent), einer Veranstaltung für das Datenstreaming, waren die weiblichen Speaker deutlich unterrepräsentiert.

„Cisco Live!“ – fast eine Männer-Sache

Als Schlusslichter präsentierten sich 2019 die IoT Tech Expo in London (13 Prozent) sowie die Digital Transformation Expo in Manchester (11 Prozent). Die „rote Laterne“ gebührt der „Cisco Live!“ (Cloud Computing, Networks, IoT, Security) mit einem fast schon peinlich geringen Sprecherinnen-Anteil von nur vier Prozent.

Alexander Zeitelhack, stellvertretender Dekan der BSBI, kommentiert: „Die Geschlechterdebatte ist nach wie vor ein brenzliges Thema. Zwar öffnen sich Industrien, die traditionell als Männerdomänen gelten, zunehmend auch für Frauen. Jedoch herrscht weiterhin großer Nachholbedarf: Auch wenn einzelne Messen eine Frauenquote über 40 Prozent erreichen, sind weibliche Speaker dennoch auf allen Konferenzen unterrepräsentiert. Bei unserer Recherche hat das Team einer Messe mit niedrigem Frauenanteil beispielsweise rückgemeldet, dass die Projektleiter für die nächste Konferenz die doppelte Anzahl an Sprecherinnen anstreben. Dies kann auf jeden Fall als positive Tendenz gewertet werden und zeigt, dass sich immer mehr Veranstalter der Problematik bewusst sind.?

Autor: Jürgen Schreier

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