Die Initiative D21 hat ihren diesjährigen Digitalisierungsindex vorgelegt. Der Bericht zeichnet ein durchaus durchwachsenes Bild der Entwicklung in Deutschland. Gerade im Bildungs­bereich zeichnet sich die Notwendigkeit ab, verstärkt auf den digitalen Wandel zu reagieren.

Vergleicht man die Ergebnisse des Digitalindexes aus dem vergangenen Jahr mit dem aktuellen, dann fällt einem spontan der Spruch vom sich mühsam nährenden Eichhörnchen ein. Denn zwischen den beiden Studien wächst der Digitalisierungsgrad innerhalb der deutschen Bevölkerung von 55 auf gerade einmal 58 von 100 möglichen Punkten.

Die Autoren der Studie sehen darin allerdings das Resulat eines langfristigen positiven Trends. „Auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten hat die deutsche Gesellschaft einen mittleren Indexwert von 58 Punkten erreicht. Nach anfänglich geringer Dynamik steigt der Digitalisierungsgrad seit 2017 merklich an, dieses Jahr um drei Punkte im Vergleich zum Vorjahr. Grund für den Zuwachs sind erstmals Steigerungen bei allen vier Subindizes: Zugang (+4 Punkte), Kompetenz (+3 Punkte), Nutzungsverhalten (+4 Punkte) und Offenheit gegenüber digitalen Themen (+1 Punkt)“, heißt es dazu vonseiten der D21.

Zudem seien 86 Prozent der deutschen Bevölkerung nun online, was einem Zuwachs von zwei Prozentpunkten entspräche. Dabei zeige sich vor allem das mobile Internet als Treiber, so die Autoren der Studie. Dieses würde inzwischen von 74 Prozent der Bevölkerung (+6 Prozentpunkte) genutzt. Nahezu jede Person zwischen 14 und 59 Jahren sei online, die älteren Generationen verzeichneten zudem große Zuwächse bei der Internetnutzung: 81 Prozent der 60 bis 69-Jährigen und mittlerweile 52 Prozent der über 70-Jährigen seien nun online.

Bildung und Beruf beeinflussen Digitalisierungsgrad

Der D21-Digital-Index findet verschiedene Nutzergruppen und -typen mit spezifischen Merkmalen in der Bevölkerung. Dabei ist im Vergleich zu den Vorjahren eine deutliche Verschiebung hin zur digitalsten der drei Gruppen zu beobachten. Die Gruppe der „Digital Abseitsstehenden“ schrumpft um drei Prozentpunkte auf 18 Prozent und umfasst damit noch ca. 11,5 Millionen Menschen. Die ehemals größte Gruppe, die „Digital Mithaltenden“, verkleinert sich von 42 auf 38 Prozent.

Zugelegt haben jedoch vor allem die Frauen. Zum ersten Mal ist die Gruppe der „Digitalen VorreiterInnen“ mit 44 Prozent die größte (+7 Prozentpunkte). Rund 28 Millionen Menschen gehen somit, laut Digital-Index, offen und souverän mit den Anforderungen sowie den Errungenschaften der Digitalisierung um.

Nach wie vor haben jedoch Alter, Bildungsgrad und Berufstätigkeit einen deutlichen Einfluss: Auch wenn Teile der älteren Generationen aufholen, sind weiterhin die jüngeren Generationen digitalaffiner. Generell erreichen Berufstätige, insbesondere mit Schreibtischtätigkeit, einen höheren Indexwert als Menschen ohne Berufstätigkeit (46 zu 73). Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss haben mit einem Indexwert von 71 einen deutlich höheren Digitalisierungsgrad als Menschen mit niedriger formaler Bildung (40).

Bereits beim Blick auf das reine Online-Sein der einzelnen Bildungsgruppen zeige sich, so die Autoren, dass der Anschluss gering gebildeter Personen an die restliche Bevölkerung noch nicht gelungen ist: Menschen mit hoher und mittlerer Bildung sind zu über 90 Prozent online, mit niedriger Bildung nur zu 64 Prozent. Die Art, wie Dienste und Angebote des täglichen Lebens gestaltet und zugänglich gemacht werden, entwickelt sich durch die fortschreitende Digitalisierung seit vielen Jahren weiter. Ein digitaler Zugang zu Wissen, Informationen und Diensten ist inzwischen Standard. Auch im Arbeitsleben selbst spielen Kenntnisse zur Digitalisierung eine immer größere Rolle. Die Autoren der Studie warnen daher davor, dass gering Gebildete Gefahr laufen, dauerhaft von gesellschaftlicher Teilhabe und Mitgestaltung ausgeschlossen zu werden.

Strukturwandel in Berufswelt deutlich spürbar

Der aktuelle D21-Digital-Index erfasst erstmals umfangreich die Einschätzung der deutschen Bevölkerung zum digitalen Wandel in verschiedenen Lebensbereichen. Im beruflichen Kontext zeigen sich die Befragten uneins: Jeweils knapp 40 Prozent der Berufstätigen sehen einerseits neue Jobchancen, fast ebenso viele fühlen sich jedoch laut Studie zunehmend unter Druck gesetzt.

43 Prozent geben an, dass sich durch die Digitalisierung ihre Arbeitsabläufe bereits spürbar verändert haben. Bei Personen mit einem Bürojob sind es sogar 58 Prozent. Dennoch sehen sich fast drei Viertel der Berufstätigen den aktuellen digitalen Anforderungen gewachsen. Personen mit überdurchschnittlichen Kenntnissen der Digitalisierung erkennen für sich einen höheren Bedarf, ihr Wissen weiter auszubauen. 78 Prozent der Berufstätigen sehen lebenslanges Lernen als zentralen Faktor für beruflichen Erfolg. 27 Prozent von ihnen empfinden dies als Belastung, bei gering gebildeten Personen sind es sogar zwei von fünf Prozent.

Dass deutsche Schulen aktuell die notwendigen Digitalisierungsfähigkeiten gerade im Hinblick auf internationale Konkurrenzfähigkeit vermitteln, glauben nur 36 Prozent aller Befragten.

Mehrheit hat positive Erwartungen an Veränderungen durch Digitalisierung

Aus Sicht der Befragten gibt es kaum Aspekte, die sich nicht bereits in drei bis fünf Jahren stark durch die Digitalisierung verändern werden. Diese Veränderungen bewerten sie großteils positiv. Am ehesten positiv sehen die Bürgerinnen und Bürger die erwarteten Veränderungen in den Bereichen Bildung (50 Prozent eher positiv) und Gesundheit (48 Prozent). Grundsätzlich zeigt sich: Je digitaler die Menschen heute sind, umso stärkere Auswirkungen durch die Digitalisierung erwarten sie und umso positiver ist ihre Einstellung dazu.

„Die Deutschen haben Lust auf Digitalisierung“, fasst Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21, die Ergebnisse der Studie D21-Digital-Index zusammen. „Dort, wo die Menschen Teilhabechancen und eigenen Einfluss sehen, empfinden sie auch den Einfluss der Digitalisierung häufig positiver. Allerdings sehen wir auch, dass Bildung einen entscheidenden Einfluss darauf hat, wie sattelfest die Menschen den Anforderungen des digitalen Wandels entgegentreten. Vor allem Bürgerinnen und Bürger mit geringer formaler Bildung sehen den Einfluss der Digitalisierung auf Herausforderungen wie Arbeitsplatzverlust oder Wegfall von Tätigkeiten deutlich kritischer, fühlen sich häufiger überfordert. Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sollten die Ergebnisse nutzen und in zukunftsgewandte und weitsichtige Entscheidungen übersetzen, um die Menschen für den umfassenden Strukturwandel zu wappnen. Essenziell ist eine zeitgemäße Bildung – nicht nur in Schulen, sondern niedrigschwellig in jedem Lebensabschnitt“.

Autor: Manfred Klein

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