Welche Umsatzpotenziale und Produktivitätseffekte haben digitale Geschäftsmodelle für Industriebetriebe? Und wie weit sind sie verbreitet? Diesen Fragen widmet sich eine neue Studie des Fraunhofer ISI.

Immer mehr Betriebe wandeln sich vom reinen Produkthersteller zum innovativen Lösungsanbieter mit neuartigen Geschäftsmodellen und ergänzen ihr Kernprodukt um komplementäre Services. Die Digitalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle, weil digitale Technologien in hohem Maße die Entstehung neuer Geschäftsmodelle erleichtern. In Zukunft wird der Wettbewerb nicht mehr allein zwischen Produkten oder Prozessen, sondern auch zwischen Geschäftsmodellen stattfinden.

Vor diesem Hintergrund geht die neueste Ausgabe der Mitteilungen aus der Erhebung „Modernisierung der Produktion“ der Frage nach, welche (digitalen) serviceorientierten Geschäftsmodelle für industrielle Anwendungen existieren, wie verbreitet und wie ertragreich diese sind. Zudem wurde die Frage untersucht, welche Unternehmen hier Vorreiter sind und ob digitale Geschäftsmodelle die Wettbewerbsfähigkeit begünstigen. An der Studie haben 1282 Firmen teilgenommen.

Digitalisierung begünstigt serviceorientierte Geschäftsmodelle

Die Auswertungen zeigen zunächst, dass 42 Prozent aller befragten Betriebe mindestens ein komplementäres Geschäftsmodell einsetzen. Am häufigsten werden

  • mit 23 Prozent Full-Serviceverträge zur Instandhaltung von Produkten offeriert,
  • gefolgt von der Maschinen- und Produktvermietung (15 Prozent).

Bei einer tiefergehenden Analyse der Geschäftsmodellanbieter wird deutlich, dass rund 32 Prozent aller Betriebe bereits digitale Techniken für ihre Geschäftsmodellangebote nutzen und lediglich neun Prozent aller Industriebetriebe ihre Geschäftsmodelle analog betreiben, also dabei ganz auf digitale Techniken verzichten.

Ab dem Jahr 2000 stieg der Anteil der Betriebe mit serviceorientierten Geschäftsmodellen von ca. 20 auf über 40 Prozent an, was nicht zuletzt auch neuen digitalen Technologien zu verdanken ist.

Ein Blick auf die Betriebsgröße macht deutlich, dass es weniger (28 Prozent) kleine Betriebe (unter 50 Beschäftigte) sondern vielmehr (61 Prozent ) Großbetriebe (ab 1000 Beschäftigte) sind, die digitale Geschäftsmodelle anbieten. Die kleinen Betriebe setzen zu einem relevanten Teil derzeit weiterhin auf analoge Geschäftsmodelle. Sie scheinen beim Einsatz digitaler Techniken Mehr Schwierigkeiten zu haben als größere Betriebe, was in erster Linie auf fehlendes Know-how bzw. benötigte Ressourcen zurückzuführen ist.

Industriebetriebe mit digitalen Geschäftsmodellen sind wettbewerbsfähiger

Doch wie wirken sich digitale Geschäftsmodelle auf die Wettbewerbssituation, Innovationsfähigkeit und Produktivität von Unternehmen aus? Es zeigt sich, dass die digitalen Geschäftsmodellanbieter unter allen Industrieunternehmen diejenigen mit dem größten Umsatzanteil (17 Prozent) durch Serviceangebote sind und jeder vierte Betrieb von ihnen als Serviceinnovator gilt – also in den vergangenen drei Jahren eine wichtige Serviceinnovation eingeführt hat.

Zudem verfügen die digitalen im Vergleich zu den analogen Geschäftsmodellanbietern über eine deutlich höhere Produktivitätsrate – es ergibt sich eine Differenz von 17.000 Euro Arbeitsproduktivität je Beschäftigtem, die sich durch mehr Effizienz infolge automatisierter Prozesse erklären lässt.

Dr. Christian Lerch, Mitautor der Studie und Leiter des Geschäftsfelds Industrieller Wandel und neue Geschäftsmodelle am Fraunhofer ISI, fasst die Ergebnisse zusammen: „Digitale Geschäftsmodelle können in Zukunft durchaus zum Wettbewerbsfaktor für die Industrie werden, da sich mit ihnen nicht nur höhere Serviceumsätze erzielen lassen, sondern sie auch eine höhere Innovationsfähigkeit im Servicegeschäft mit sich bringen. Da sie auch die Produktivität entscheidend erhöhen, sollten Industriebetriebe beim Angebot neuer Geschäftsmodelle genau prüfen, inwieweit digitale Techniken zum Einsatz kommen können – denn ihr gezielter Einsatz gepaart mit einer klaren Kundenorientierung führt zu einem entscheidenden zukünftigen Wettbewerbsfaktor.“

Autor: Jürgen Schreier

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