Ende 2018 hatte die Bundesregierung noch geplant, bis zu drei Milliarden Euro in die Förderung Künstlicher Intelligenz zu stecken. Im aktuellen Haushalt waren für 2019 nur noch 50 Millionen zu finden. Nun folgt das Rückrudern vom Rückrudern: Das BMWi kündigt an, zusätzliche 500 Millionen Euro investieren zu wollen.

Als Mitte November 2018 die Bundesregierung auf einer zweitägigen Klausurtagung in Potsdam die digitale Strategie für den Standort Deutschland debattiert werden sollte, klangen die Pläne noch einigermaßen vielversprechend: Bis 2025, also in einer Zeitspanne von sechs Jahren, sollten bis zu sechs Milliarden Euro in den Ausbau von KI-Technologien und entsprechenden Lehrstühlen an Hochschulen gesteckt werden.

Erst standen im Schnitt 500 Millionen pro Jahr in Aussicht

Bei näherer Betrachtung schmolz diese Summe allerdings bereits wieder signifikant zusammen: Die Bundesregierung, so verlautete es Wirtschaftsminister Peter Altmaier, plane selbst nur drei Milliarden Euro auszugeben. Die restlichen drei Milliarden an Investitionen „erwarte man aus privaten Mitteln“.

Zwar merkten damals schon kritische Stimmen an, dass allein die hiesige Wirtschaft – von anderen Staaten einmal ganz zu schweigen – bereits höhere Summen in Künstliche Intelligenz (KI) investiere. Doch generell wurde es als ein Schritt in die richtige Richtung gesehen.

Dann schmolz die KI-Förderung heimlich in sich zusammen

Nicht einmal ein halbes Jahr später sah es allerdings bereits ganz anders aus: Plötzlich hieß es, dass im Finanzhaushalt bis zum Jahr 2023 nur noch 500 Millionen Euro an Förderung vorgesehen seien. Für das laufende Haushaltsjahr seien sogar gerade einmal 50 Millionen vorgesehen.

Daraufhin hagelte es von allen Seiten an Kritik. Der Vorsitzende des Bundesverbands für KI, Jörg Bienert, merkte an, dass die KI-Strategie drohe, nur zu einem „netten Ideenpapier“ zu verkommen, das ohne die nötige Finanzierung den Namen nicht verdiene. Auch die Wirtschaft äußerte sich kritisch: Sabine Bendiek, Geschäftsführerin von Microsoft Deutschland, stellte in einem Essay fest, dass die Mittelkürzung ein Signal in die völlig falsche Richtung sende. Statt Sparmaßnahmen sei nun Initiative gefordert – dies brauche auch Investitionen.

Plötzlich schlägt die Regierung einen anderen Ton an

Der heftige Widerspruch gegen das Eindampfen der Wirtschaftsförderung scheint nun etwas bewirkt zu haben: Am 23. Mai 2019 gab das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bekannt, dass die Bundesregierung beschlossen habe, 2019 nun zusätzlich eine halbe Milliarde Euro in Maßnahmen zur KI-Förderung zu investieren. Im Fokus stünden dabei die Bereiche Forschung, Transfer, gesellschaftlicher Dialog, Technikfolgenabschätzung, Qualifikation und Datenverfügbarkeit.

„Wir müssen beim Thema KI schneller von der Forschung zur Anwendung kommen,“ sagt Wirtschaftsminister Altmaier nun – und gibt damit eines der am häufigsten wiederholten Argumente der Kritiker nahezu direkt in eigener Rede wieder. „Zentral ist, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen Künstliche Intelligenz tatsächlich nutzen und anwenden,“ fährt er fort – was interessant ist, nachdem ihm noch Anfang des Monats vorgeworfen wurde, bei seiner Forderung nach europäischen Champions, um den technologischen Fortschritt voranzutreiben, offenbar den deutschen Mittelstand komplett vergessen zu haben. Nun freue er sich, „dass fast die Hälfte der zusätzlichen KI-Mittel in diesen Transfer von der Forschung in die Praxis fließen wird.“

Dementsprechend sollen auch die Fördergelder in drei Teilbereiche aufgesplittet werden. Rund 230 Millionen Euro der KI-Mittel sollen in Maßnahmen für den Transfer von Künstlicher Intelligenz in die Anwendung investiert werden. Über 190 Millionen Euro fließen in die Forschung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Etwa 55 Millionen Euro schließlich sind für Maßnahmen der Themenbereiche gesellschaftlicher Dialog und Partizipation, Technikfolgenabschätzung und Ordnungsrahmen sowie zur Förderung betrieblicher Qualifikationsmaßnahmen geplant. We insbesondere der letztgenannte Punkt aussehen soll oder wie das die Technologien selbst vorantreiben soll ist nicht näher benannt.

Offenbar hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) beschlossen, noch einmal gründlicher über die Ergebnisse seiner selbst in Auftrag gegebenen Studie nachzudenken. Schließlich soll der Einsatz von KI demzufolge in Deutschland innerhalb der nächsten fünf Jahre eine zusätzliche Bruttowertschöpfung von rund 31,8 Mrd. Euro bescheren – und wäre damit direkt oder indirekt für ein Drittel des erwarteten Gesamtwachstums verantwortlich! Aber der Ausbau geht natürlich nur, wenn die entsprechende Infrastruktur besteht – und entsprechend schnell mitwächst.

Autor: Sebastian Gerstl

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