Während Covid-19 die Produktion von AR/VR-Technologie bremst, steigt parallel die Nachfrage. Eine Studie von ABI Research identifiziert die kurz- und langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf den Markt für Augmented und Virtual Reality.
Der Markt für AR/VR-Technologie wird aktuell von zwei Seiten her in die Zange genommen. So sorgt die Corona-Epidemie einerseits zu Verzögerungen bei der Herstellung solcher Systeme, weil die Produktion ruht und /oder die Versorgung mit Vorprodukten stockt. Auf der anderen Seite ist es nicht unwahrscheinlich, dass auf der Nachfrage sowohl auf der Unternehmens- als auch auf der Verbraucherseite nach AR-/VR-Ausrüstung steigt, da man in den Firmen in wachsendem Maße auf Telepräsenz setzt.
Unter Berücksichtigung beider Effekt rechnet das Technologieberatungsunternehmen ABI Research für 2021 mit einem weltweiten Absatz von 16 Millionen Augmented- und Virtual Reality (VR) Head Mounted Displays (HMD). „Der Coronavirus-Ausbruch wird vorübergehende Verzögerungen bei der Herstellung und Auslieferung verursachen, doch die Nachfrage nach AR- und VR-Geräten und -Inhalten für Verbraucher ist aufgrund der Isolationsmaßnahmen in vielen Ländern gestiegen, wodurch der anfängliche Nachfragerückgang und die finanziellen Verluste der Anbieter ausgeglichen werden“, ist Eleftheria Kouri, Forschungsanalystin bei ABI Research, überzeugt.
Lieferengpässe, höhere Kosten und weniger Umsatz
Von der Coronavirus-Problematik sind die meisten Unternehmen, die CE-Ausrüstung und -Inhalte anbieten (CE = Customer Experience) betroffen, insbesondere in China, Taiwan und Südkorea. „Wie erwartet hat sich Covid-19 auch auf den Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Markt ausgewirkt und zu vorübergehenden Verzögerungen bei der Produktion von AR/VR-Geräten, erhöhten Kosten und Einnahmeverlusten geführt“, so Kouri.
MAD Gaze, ein in Hongkong ansässiger Anbieter von intelligenten AR-Brillen für den Endverbraucher, hat Verzögerungen bei der Auslieferung angekündigt und aufgrund von Produktionsverzögerungen in den chinesischen Fabriken seiner Display-Lieferanten auf Lieferungen aus Japan und Südkorea umgestellt. Auch Nreal, ein in China ansässiger Anbieter intelligenter Consumer-AR-Brillen, hat Verzögerungen bei der Produktion und Auslieferung angekündigt.
Größere Unternehmen mit noch längeren Lieferketten sehen sich mit ähnlichen Problemen konfrontiert. So haben die „Platzhirsche“ Oculus, HTC und Vive Schwierigkeiten, die Nachfrage nach VR-Headsets zu befriedigen.
„Kurzfristig werden die Verzögerungen bei der Produktion und den geplanten Lieferungen sowie der potenzielle Nachfragerückgang enorme finanzielle Auswirkungen auf die Hersteller von AR/VR-Systemen haben, da sie geringere Einnahmen und unerwartete Zusatzkosten für die Gehälter der Mitarbeiter oder für alternative Lieferanten verursachen. Außerdem wird mit einer Reduzierung von Finanzierungsrunden im Risikokapitalbereich gerechnet, was sich vor allem auf Start-ups auswirken wird“, erklärt Kouri. Schließlich werden Verzögerungen bei der Entwicklung von AR/VR-Anwendungen und bevorstehenden Upgrades aufgrund der Absage von Entwicklerkonferenzen (Apple, Google, Facebook) erwartet.
Kleine Anbieter und Newcomer trifft Corona besonders stark
Langfristige Produktions- und Lieferverzögerungen dürften hauptsächlich kleinere Unternehmen betreffen, insbesondere Newcomer, die wie Nreal erstmals Geräte auf den Markt bringen. Solche Verzögerungen könnten potenzielle Kunden dazu veranlassen, Produkte von Wettbewerbern und größeren Anbietern zu kaufen, die sich auf funktionierende Lieferketten und Lagerbestände stützen können. Darüber hinaus wirken sich kontinuierliche Verzögerungen bei der Produktlieferung negativ auf die Customer Experience aus – selbst wenn die Verzögerungen wie im Corona-Fall durch „höhere Gewalt“ verursacht werden.
„Die Auswirkungen werden für neue Unternehmen und Startups, die sich erst auf dem Markt etablieren und einen zuverlässigen Markennamen aufbauen wollen, gravierender als für bereits etablierte Anbieter“, betont Kouri.
Generell dürften die Risiken, Kunden zu verlieren, für die Anbieter von smarten Brillen im AR-Konsumentenmarkt geringerer sein als im Profisegment, AR-Consumer-Devices sind in der gegenwärtigen Marktphase kein Produkt, das sich hoher Nachfrage erfreut. Bis 2024 wird der Absatz von Consumer-Systemen laut der ABI-Research-Prognose bis 2024 auf gerade einmal 3,5 Millionen zunehmen. Zudem ist der Wettbewerb in diesem Marktsegment recht schwach. Anders als bei VR-Brillen und im AR-Unternehmensbereich können die Konsumenten nur zwischen wenigen Produkten bzw. Anbieteren wählen.
AR – eine nützliche Technologie in der Krise
„Allerdings können sowohl AR- als auch VR-Lösungen zur Bewältigung von Herausforderungen beitragen. AR/VR kann ein nützliches Instrument zur Unterstützung bzw. Ergänzung von Online-Bildungskursen sein – zum Beispiel in Ländern oder Regionen, in denen Schulen und Universitäten geschlossen sind und wo man auf Online-Lernen angewiesen ist. Außerdem lassen sich durch AR/VR-Schulungen und die Unterstützung von Remote-Arbeitskräften mittels AR eine Lösung unnötige Reisen vermeiden“, meint Analystin Kouri.
Autor: Jürgen Schreier
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