Auskünfte zur betrieblichen Altersversorgung müssen verständlich, richtig und vollständig sein. Nur so können Schadensersatzansprüche der Begünstigten ausgeschlossen werden.
Zwei Beispiele aus der Beratungspraxis des letzten Jahrs zeigen, dass Informationen nicht unbedacht erteilt werden sollten. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der scheidende Arbeitnehmer die gute Nachricht: „Ihnen wurde von der Firma zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens am 31. Januar 2006 eine unverfallbare Anwartschaft aus der Ruhegeldordnung zugesagt.“ Von der ungelenken Formulierung abgesehen war dies auch inhaltlich falsch. Der Arbeitnehmer hatte keine Anwartschaft erworben, versuchte aber, vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht, eine Zahlung durchzusetzen. In einem anderen Fall erhielt der Begünstigte die Bestätigung, dass ihm eine Altersrente „in Höhe von 70 Prozent des pensionsfähigen Nettoentgelts aus einer Bruttovergütung von 5.000 Euro“ zustehe. Doch wie viel ist das? Eine falsche Auskunft kann jedenfalls zu einem Anspruch des Begünstigten auf Schadensersatz führen. Unternehmen müssen daher neben ihren vertraglichen Auskunftspflichten insbesondere den neuen gesetzlichen Anforderungen gerecht werden.
Neue Rahmenbedingungen
Im Schatten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes sind zum 1. Januar 2018 auch Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie in Kraft getreten. Seitdem sind die gesetzlichen Auskunftspflichten zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) umfassend in § 4a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) normiert.
Aktives Arbeitsverhältnis
Die Auskunft zur Höhe des Anspruchs bezieht sich auf die Arbeitsleistung.
Die gesetzliche Neuerung verpflichtet Arbeitgeber, den aktiven Arbeitnehmern auf Verlangen mitzuteilen,
- ob und wie eine Anwartschaft erworben wird,
- wie hoch der Anspruch auf Altersversorgung aus der erworbenen Anwartschaft ist und bei Erreichen der Altersgrenze voraussichtlich sein wird,
- wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft auswirkt und
- wie sich die Anwartschaft nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entwickeln wird.
Das Gesetz lässt einen Interpretationsspielraum, wie weit die Auskunftspflicht tatsächlich reicht. Die Auskunft zur Höhe des Anspruchs beschränkt sich auf die Altersleistung. Die bloße Berechenbarkeit des Anspruchs wie im eingangs erwähnten Beispiel dürfte hierfür nicht ausreichen. Möglich sind aber Schätzungen, auf die der Arbeitnehmer dann hingewiesen werden sollte. Über eine etwaige Invaliden- oder Hinterbliebenenleistung muss nicht informiert werden. Anders aber die Auskunft über Anwartschaften, die auch Anwartschaften auf Invaliden- oder Hinterbliebenenleistungen erfasst. Seit dem 1. Januar 2018 sind Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer anzupassen (§ 2a Abs. 2 BetrAVG). Auch auf solche Anpassungen erstreckt sich die Auskunftspflicht. Es empfiehlt sich zudem, klarzustellen, wenn keine Anpassungen von Anwartschaften erfolgen, um einer falschen Erwartungshaltung beim Arbeitnehmer vorzubeugen.
Die Auskunftspflicht kann sich auch erstrecken auf
- die Höhe des Übertragungswerts im Fall der Übertragung einer Anwartschaft,
- die Höhe eines Anspruchs auf Altersversorgung aus dem Übertragungswert und die Frage,
- ob im Fall einer Übertragung eine Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung bestehen würde.
Die Auskunft zur Übertragung von Anwartschaften kann nicht nur für Direktversicherungen oder Pensionskassen verlangt werden, bei denen solche Übertragungen an der Tagesordnung sind. Vielmehr erfasst die Auskunftspflicht alle Formen der bAV. Die Auskunft kann auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt werden.
Beendetes Arbeitsverhältnis
Ausgeschiedenen Arbeitnehmern ist mitzuteilen, wie hoch die Anwartschaft auf bAV ist und wie sich die Anwartschaft künftig entwickeln wird. Die Auskunft gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern erstreckt sich auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenleistungen. Gemäß der EU-Mobilitätsrichtlinie ist auch über die Bedingungen für die Behandlung ruhender Anwartschaften zu informieren. Vor diesem Hintergrund sind die nationalen Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zu lesen. Arbeitnehmer sollten daher auch über ihre Verhaltenspflichten, zum Beispiel hinsichtlich von Mitwirkungs- und Nachweispflichten, aufgeklärt werden. Wenn noch nicht geschehen, empfiehlt es sich, Arbeitnehmern die geltende Versorgungsordnung mitzugeben. Hinterbliebene sind im selben Umfang zu informieren wie ausgeschiedene Arbeitnehmer, allerdings nur hinsichtlich der Hinterbliebenenleistung. Doch können sie den Anspruch erst nach dem Tod des Begünstigten geltend machen. Die Auskunft betrifft dann nicht die Anwartschaft, sondern den gegebenen Anspruch.
Auskunft nur auf Verlangen
Auskünfte sind nur auf Verlangen zu erteilen. Jährliche standardisierte Mitteilungen oder routinemäßig erstellte Bescheinigungen anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind ein freiwilliger Service des Arbeitgebers. Diese sollen nicht die gesetzliche Auskunftspflicht erfüllen. Der Umfang solcher Mitteilungen kann daher unverändert bleiben. Doch auf Verlangen eines Arbeitnehmers müssten die fehlenden Informationen nachgereicht werden. Ob die Auskunft grundsätzlich auf die gesetzlichen Vorgaben ausgedehnt werden soll, ist auch eine Frage des administrativen Aufwands. Das Risiko einer unzureichenden Auskunft muss nicht überbewertet werden. Zwar droht ein Schadensersatzanspruch. Dieser wird aber oft daran scheitern, dass kein Schaden eingetreten ist. Auch im eingangs erwähnten Sachverhalt folgt allein aus der fehlerhaften Nachricht kein Anspruch des Begünstigten. Vielmehr müsste er einen Schaden nachweisen, der infolge der Falschauskunft entstanden ist. Falsche Auskünfte sind in der Regel unverbindlich und begründen keine Verpflichtung des Arbeitgebers.
Vertragliche Auskunftspflicht
Auch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis ergibt sich, wann und inwieweit der Arbeitgeber zur Auskunft verpflichtet ist. Eine solche Auskunft muss verständlich, richtig und vollständig sein. Etwaige Hinweise zur Steuer- und Sozialabgabenbelastung etwa dürfen nicht unvollständig sein. Bestehen Zweifel, sollten solche Hinweise besser entfallen. Denn jeder muss sich über die für ihn geltenden Vorschriften selbst informieren (Bundesarbeitsgericht – BAG, Urteil vom 22.01.2009, Az. 8 AZR 161/08). Das gilt auch für den Arbeitnehmer und seine Abgabenlast. Eine Information kann sich darin erschöpfen, den Arbeitnehmer auf bestehende Regelungen zu verweisen (BAG, Urteil vom 15.04.2014, Az. 3 AZR 288/12). Selbstredend müssen solche Regelungen für den Arbeitnehmer zugänglich sein.
Eigenverantwortung des Arbeitnehmers
Grundsätzlich trifft den Arbeitnehmer eine Eigenverantwortung. Der Arbeitgeber muss daher nicht von sich aus darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf bAV durch Entgeltumwandlung hat (BAG, Urteil vom 21.01.2014, Az. 3 AZR 807/11). Denn dieser Anspruch ergibt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz (§ 1a BetrAVG). Wenn aber ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nach den Möglichkeiten der bAV fragt, muss dieser auf die Entgeltumwandlung hinweisen. Denn seit dem 1. Januar 2018 müssen Arbeitgeber darüber informieren, ob und wie eine Anwartschaft erworben wird.
Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber hat gleichwohl Hinweis- und Informationspflichten, auch ohne dass ihn der Arbeitnehmer darauf anspricht. Diese beruhen immer auf den Umständen des Einzelfalls und sind das Ergebnis einer Interessenabwägung. Dabei steht das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers den Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers gegenüber. Je schwieriger die Rechtsmaterie oder je größer und vorhersehbarer der drohende Nachteil ist, desto größer ist das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers. Aufzuklären ist daher über eine neue bAV oder die Änderung eines bestehenden Versorgungswerks, etwa wenn nachträglich ein Antragserfordernis eingeführt wird (vgl. BAG, Urteil vom 21.02.2017, Az. 3 AZR 542/15). Selbst wenn der Arbeitnehmer nur begünstigt wird, muss es ihm doch möglich sein, seine Rechte durchzusetzen. Vorsicht geboten ist bei Modellrechnungen, denn diese sind fehleranfällig und können verzerrend sein. Trifft der Arbeitnehmer deswegen eine unrichtige Entscheidung, kann das eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers nach sich ziehen (BAG, Urteil vom 21.11.2000, Az. 3 AZR 13/00). Andererseits können Modellrechnungen, beispielsweise im Fall von Wahlrechten, sinnvoll oder gar erforderlich sein. Ein Patentrezept gibt es hierfür nicht.
Veranlassung durch den Arbeitgeber
Hat der Arbeitgeber Vertrauen in sein Handeln geweckt oder hat er eine Gefahrenquelle geschaffen, muss er den Arbeitnehmer aufklären. Je größer das beim Arbeitnehmer erweckte Vertrauen ist oder je größer, atypischer und schwerer erkennbar die betriebsrentenrechtlichen Gefahren sind, desto eher treffen den Arbeitgeber Informationspflichten und desto weitreichender sind sie. Gesteigerte Informationspflichten können den Arbeitgeber vor allem dann treffen, wenn eine Vereinbarung auf seine Initiative hin und in seinem Interesse zustande kommt. Erhöhte Vorsicht ist geboten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Angebot eines Aufhebungsvertrags unterbreitet. Dadurch kann der Eindruck erweckt werden, der Arbeitgeber würde auch die Interessen des Arbeitnehmers wahren und ihn nicht ohne ausreichende Aufklärung Risiken aussetzen (BAG, Urteil vom 17.10.2000, Az. 3 AZR 605/99). Das Informationsbedürfnis steigt, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dem Ruhestand steht. Der Arbeitgeber muss aber keinesfalls den Arbeitnehmer warnen, wenn im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dessen Anwartschaft verfallen würde (BAG, Urteil vom 15.10.2013, Az. 3 AZR 10/12).
Fazit
Alle Informationen, die Arbeitgeber zur bAV herausgeben, müssen verständlich, richtig und vollständig sein. Die Entwicklung in der Rechtsprechung zeigt aber, dass die Anforderungen an Arbeitgeber nicht überspannt werden müssen und durchaus eine Eigenverantwortung der Arbeitnehmer verlangt werden darf. Reichweite und Grenzen der Informationspflicht werden zwar durch Abwägung ermittelt, doch geben die Beispiele aus der Rechtsprechung eine Leitlinie vor. Der erweiterte Umfang der gesetzlichen Auskunftspflichten wird von den Arbeitnehmern noch nicht eingefordert. Dies mag sich aber in Zukunft ändern. Früher oder später werden sich die Arbeitgeber darauf einstellen müssen. Bei unzureichender Auskunft drohen zwar Schadensersatzansprüche. Diese werden aber oft daran scheitern, dass kein Schaden vorliegt oder dass der Arbeitnehmer auch bei richtiger Information nicht anders gehandelt hätte.
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