Wesentlicher Bestandteil eines gelungenen Selbstmanagements ist der Umgang mit der Zeit. Da diese sich schlecht vermehren lässt, sollte man sie möglichst effizient nutzen. Steuerberaterin Mechtild Michaela Maurer betreibt ein effizientes Zeitmanagement in ihrer Kanzlei. Im Interview gibt sie einen Einblick und gesteht, was sie gerne aufschiebt.
DATEV magazin: Leidet die steuerberatende Branche unter Zeitmangel?
MECHTILD M. MAURER: In gewissem Sinne, was nicht nur der Branche geschuldet ist. Wir haben zwar einen Rahmen, den uns das Gesetz in Form von Fristen vorgibt. Darüber hinaus gibt es Absprachen mit Mandanten, wann der Auftrag erledigt sein muss, zum Beispiel im Lohn. Der Umfang der Aufgaben hat sich jedoch erhöht und die Vielfalt der Aufgaben ist gestiegen. Viele erfüllen mehrere Aufgaben nebeneinander: Tagesgeschäft, Kundentermine, Fortbildung, Netzwerken.
Ging es früher gemächlicher zu?
Durch die heutzutage eingesetzte Technik beschleunigt sich der Durchlauf. Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit gab es bei meinem Arbeitgeber noch keinen PC und kein Fax. Auswertungen kamen per Post zurück in die Kanzlei. Später rief beim Eingang eines Faxes der Sender oft gleich an, ob das Fax schon da sei und man es gleich bearbeiten könne. Mit digitaler Technik nahm und nimmt das Tempo spürbar zu.
Ist das Kritik an der Digitalisierung?
Eher am daraus resultierenden Verhalten. Denn oft setzen wir die frei werdende Zeit ein, um noch mehr zu erledigen. Das Ergebnis ist das ständige Gefühl, den Aufgaben nicht gerecht zu werden oder nicht fleißig genug zu sein. Es braucht daher ein gutes Zeitmanagement; das schließt ein, dass etwas auch mal auf später verschoben werden darf.
Wie gestalten Sie Ihr persönliches Selbst- und Zeitmanagement?
Die Herausforderung besteht darin, fachliche Arbeit und unternehmerische Organisation im Gleichgewicht zu halten. Dazu muss ich alle meine Aufgaben kennen und einen Überblick behalten. Neben einer klaren Aufgabenverteilung plane ich täglich meine verfügbare Zeit. Mein wesentliches Instrument ist mein Kalender in Outlook. Alle meine Termine bilde ich dort ab: berufliche, private, Präsenztermine, Telefontermine, Mandantengespräche oder Mitarbeitergespräche. Nur so kann ich ein Gespür entwickeln, wann die Aufgaben für einen Tag oder eine Woche zu viel werden.
Outlook ist das Stichwort – welche Werkzeuge und Tools nutzen Sie in Ihrer Kanzlei?
Einen gemeinsamen digitalen Kalender und einen Wandkalender, den Arbeitsplatz in der DATEV Eigenorganisation, selbst definierte Listen und Übersichten, Prozessbeschreibungen – alle diese Hilfsmittel unterstützen die Planung. Das prozessorientierte Arbeiten mit DATEV ProCheck, DATEV Unternehmen online und DATEV DMS gibt uns Raum für Tätigkeiten, die weit über Erfassungsaufgaben hinausgehen. Mir selbst ist eine begrenzte Zahl an Programmen wichtig, um wenige Kanäle überwachen zu müssen. So haben wir unsere Mandanten gebeten, nur Post und E-Mail als Infokanal zu nutzen. Wir tragen keine Informationen über WhatsApp, SMS oder Ähnliches zusammen. Durch all das kann ich mehr Berater sein, und meine Mitarbeiter können sich fachlich weiterbilden.
Ihr Management zwingt Sie also, auch mal Nein zu sagen?
Ja, auch wenn es schwerfällt. Warum können wir so schlecht Nein sagen? Weil wir unser Wohlbefinden aus der Wertschätzung ableiten, die wir erfahren. Wenn wir es allen recht machen, werden wir, so hoffen wir, stärker geschätzt. Dass wir am Ende niemandem genügen und Kritik ernten, verletzt uns – wir haben es doch gut gemeint. Nur ist gut gemeint eben nicht gut gemacht. Ein überlegtes und begründetes Nein hilft allen Beteiligten. Auch Mandate abzulehnen, die nicht zu unserer Strategie passen, ist für alle ein Gewinn – selbst für den Mandanten.
Apropos – wie beraten Sie Ihre Mandanten hinsichtlich Zeitmanagement?
Wir beraten dann, wenn der Termindruck bei uns zu landen droht. Nach meiner Beobachtung haben Zeitdruck und fehlende Termintreue ihren Grund auch in einer fehlenden Transparenz. Gerade in Betrieben mit bis zu 20 Mitarbeitern und entsprechenden Führungsstrukturen ist Zeitmanagement wichtig. Liefert der Mandant regelmäßig zu spät, kann ein Grund sein, dass er die Vorarbeit nicht schätzt und sie schiebt. In diesem Fall analysieren wir, wie wir ihn unterstützen können, zum Beispiel mit vorgefertigten Excel-Tabellen oder Checklisten. Wenn der Mandant selbst auf Informationen warten muss, um sie weiterzugeben, untersuchen wir, ob wir die Termine oder Abrechnungsdaten verlegen können. Ein dritter Grund kann eine fehlende Prozessorganisation beim Mandanten sein. Hier bieten wir Hilfe in der Analyse und im Definieren von Maßnahmen.
Und wenn es nicht um den eigenen Termindruck geht?
Mitarbeiter brauchen einen Puffer, um spontan Arbeiten übernehmen zu können.
Dann sind wir Dienstleister und stehen unseren Mandanten in deren zeitkritischen Situationen zur Seite. Erfahrungsgemäß sind Anfragen am Wochenanfang zahlreich. Ich halte den Montagmorgen überwiegend von Terminen frei. Gerne brüten Mandanten übers Wochenende über einer Aufgabe und melden sich dann gleich montags. Meist reicht ein Telefonat, um die Aufgabe einzuordnen und notwendige Maßnahmen anzustoßen. Der Mandant ist beruhigt, weil die Angelegenheit geklärt ist und in angemessener Zeit weiter daran gearbeitet wird. So kann ich das nächste Zeitfenster planen und ihm anbieten.
Nicht alles lässt sich planen – wie gehen Sie in der Kanzlei mit dem Faktor X um?
Unvorhergesehenes und Unterbrechungen sind in unserem Beruf die Regel. Ich halte auch hier im Kalender Puffer frei, die ich oder meine Sekretärin nutzen, um ungeplante Aufgaben im Ansatz zu bearbeiten. Ein Beispiel: Damit meine Mitarbeiter nicht mit jeder Frage einzeln und spontan zu mir kommen, vereinbaren wir interne Termine genauso ernsthaft wie Termine mit Mandanten. Sie werden genutzt, um im Vier-Augen-Prinzip Aufträge zu besprechen oder um die Vorgehensweise bei Rechtsbehelfen, bei Fragen der Verwaltung oder der Mandanten gemeinsam festzulegen.
Wie unterstützen Sie Ihre eigenen Mitarbeiter?
Indem ich sie nicht vollständig verplane. Sie brauchen wie ich einen Puffer, um spontan Arbeiten übernehmen zu können. Ich bereite mit ihnen deren große Abwesenheiten akribisch vor. Auch Besprechungen mit dem Mitarbeiter vor Beginn einer neuen Aufgabe oder der Übernahme eines neuen Mandats machen die Arbeit übersichtlicher und damit angenehmer. Diese Zeit ist gut investiert. Im laufenden Prozess stehe ich meinem Team planbar und zuverlässig zur Verfügung. Ich sorge dafür, dass das Mehr an Zeit nicht durch noch mehr Arbeit gefressen wird, sondern beiträgt zum internen Austausch und zur Entwicklung der Kanzlei.
Hand aufs Herz: Was schieben Sie selbst gerne vor sich her?
Komplizierte Fragen, wofür ich Ruhe brauche und die mir nicht so leicht von der Hand gehen, bleiben auch bei mir mal liegen. Das Studium von umfangreicher Fachliteratur, um bei Gestaltungen sicher zu sein, lege ich auf die Abendstunden oder aufs Wochenende. Selbst wenn ich sie tagsüber einplane, reicht selten die Zeit. Bei termin- und fristgebundenen Aufgaben gebe ich die Verantwortung an die Mitarbeiter. Die erinnern mich dann schon daran.
UNSERE GESPRÄCHSPARTNERIN
MECHTHILD MICHAELA MAURER
Steuerberaterin und Alleininhaberin in der Kanzlei Mechtild Michaela Maurer,
neun Mitarbeiter