Ab dem 1. Januar 2017 sind bargeldintensive Unternehmen verpflichtet, eine Kasse vorzuhalten, die Einzelaufzeichnungen auf Bonebene gewährleistet. Hat das Kassensystem keinen Speicher, der maschinell auswertbar ist, liegen formelle und materielle Mängel vor, die das Finanzamt zur Hinzuschätzung berechtigt.
Was manche Berater nicht wissen, auch bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) muss der Steuerpflichtige unter Umständen ein Kassenbuch führen. Die Finanzverwaltung leitet diese Pflicht aus dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Einzelnormen ab (insbesondere § 22 Umsatzsteuergesetz (UStG), §§ 140 bis 148 Abgabenordnung (AO), § 63 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)) und verlangt, jeden Geschäftsvorfall einzeln aufzuzeichnen. Nur diese Einzelaufzeichnungspflicht gewährleistet eine lückenlose Prüfung der Barvorfälle. Führen Ihre Mandanten ohnehin freiwillig ein Kassenbuch, sagt die AO aus, dass die Ordnungsvorschriften einzuhalten sind. Das bedeutet, es gelten die gleichen Vorschriften, wie für Bilanzierer. Auch Freiberufler (beispielsweise Physiotherapiepraxen) können von der Finanzverwaltung als bargeldintensives Unternehmen eingestuft werden, sofern der Barumsatz mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht.
Offene Ladenkasse
Die Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung mittels Kassenbuch entfällt auch nicht, wenn ihre Mandanten eine sogenannte offene Ladenkasse führen. Bei einer offenen Ladenkasse ist ein täglicher Kassenbericht zu erstellen. Dieser muss retrograd aufgebaut sein. Der geschäftliche Bargeldbestand ist auf den Cent genau auszuzählen (summarische Bareinnahmenermittlung). Zur Ermittlung der Tageseinnahmen werden vom Kassenendbestand die durch Eigenbeleg nachgewiesenen Einlagen abgezogen. Die im Laufe des Tages getätigten Barausgaben sowie Barentnahmen (ebenfalls über Eigenbelege nachzuweisen) werden wieder hinzugerechnet. Hieraus ergibt sich die Summe der Tageseinnahmen. Die tägliche Feststellung des tatsächlichen Kassenbestands (Kassensturz) ist eine unabdingbare Voraussetzung und unentbehrliche Grundlage für die Ermittlung der Tageseinnahmen (auch Tageslosung). Für Barentnahmen und Bareinlagen müssen Belege vorhanden sein, da ansonsten die Kassenführung sowohl formell als auch materiell nicht ordnungsgemäß ist (Finanzgericht Münster vom 28. März 2000, Az. 5 V 7028/99). Eine formelle Anforderung an diese Eigenbelege gibt es nicht. Es gilt der Grundsatz, dass jede Buchung in Zusammenhang mit einem Beleg stehen muss. Fehlen bei offenen Ladenkassen die täglichen Protokolle über das Auszählen des Kassenbestands bei Geschäftsschluss, stellt das einen formellen Mangel dar, der schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Das hat der BFH in seinem Urteil vom 25. März 2015 ausdrücklich festgestellt. Sie sollten Ihre Mandanten darauf hinweisen, dass ein Zählprotokoll künftig unabdingbar ist. Nur so sind sie auf der sicheren Seite. Auch das Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse stellt einen formellen Mangel dar, der zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Weisen Sie Ihre Mandanten gegebenenfalls darauf hin beziehungsweise geben Sie eventuell die Empfehlung, auf ein elektronisches Kassensystem umzusteigen.
Keine Einzelaufzeichnungen
Ausnahmsweise gilt die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nicht, wenn Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft wird. Beispiele dafür sind:
- Einzelhandel mit Lebensmitteln, Tabak-, Schreib-, Kurzwaren, Kleinpreisgeschäfte, Kleinstbetriebe
- Selbstbedienungsläden, Supermärkte, Automatengeschäfte
- Betriebe mit Passagengeschäft und Ramschtischen
- Verkaufswagen, Handwerker mit Verkaufsgeschäften, Marktstände
- Stehbierhallen, Gaststätten und Imbissbetriebe
Bitte beachten Sie dabei, dass der BFH die Unzumutbarkeit früher lediglich bei Barerlösen im Centbereich bejaht hat (BFH vom 12.05.1966 – IV 472/60; LEXinform 0000519). Die Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung entfällt auch bei diesen Unternehmen nur dann, wenn Ihr Mandant eine offene Ladenkasse führt.
Elektronische Registrierkassen
Nutzen Ihre Mandanten mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine Registrierkasse oder eine PC-Kasse, sind zwingend die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 26. November 2010 (Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften) und die neuen GoBD vom 14. November 2014 (Rn. 39) zu beachten. Alle steuerlich relevanten Einzeldaten einschließlich etwaiger mit der Kasse erzeugter Rechnungen sind unveränderbar, vollständig und digital aufzubewahren. Ist die Kasse nicht in der Lage, Einzeldaten zu speichern, und können auch keine Daten für die Betriebsprüfung exportiert werden, reicht es aus, wenn ein vollständiger Tagesendsummenbon aufbewahrt wird (BMF vom 9. Januar 1996). Die Kassenstreifen beziehungsweise die Journalrolle mit den Einzelumsätzen müssen in diesem Fall nicht aufbewahrt werden. Beachten Sie hierbei allerdings bitte, dass diese Erleichterungsvorschriften nur gelten, wenn Ihre Mandanten jetzt eine Kasse einsetzen, die nicht umrüstbar ist. Ihre Mandanten haben Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich zu erfassen (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Führen Ihre Mandanten das Kassenbuch über DATEV Unternehmen online, müssen dort täglich die Eintragungen vorgenommen werden. Bitte weisen Sie Ihre Mandanten darauf hin, dass die Festschreibung in Unternehmen online täglich erfolgen muss. Für Sie als Berater/-in gibt es keine Pflicht zur Buchung von Sachverhalten innerhalb von zehn Tagen. Es geht um die Erfassung in Grund(buch)aufzeichnungen. Achten Sie auch darauf, dass eine getrennte Verbuchung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen ersichtlich ist. Die Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen (EC-Zahlungen) stellt ebenfalls einen formellen Mangel dar.
Umrüstung
Ab dem 1. Januar 2017 ist der Mandant verpflichtet, sofern er eine elektronische Registrierkasse im Einsatz hat, eine Kasse vorzuhalten, die Einzelaufzeichnungen auf Bonebene gewährleistet. Das heißt, alle Geschäftsvorfälle müssen sich im Einzelnen über das System nachvollziehen lassen. Hat das Kassensystem Ihrer Mandanten also keinen Speicher, der maschinell auswertbar ist und der auf einem externen Datenträger gespeichert und ausgewertet werden kann, liegt sowohl ein formeller als auch ein materieller Mangel vor, der zur Hinzuschätzung seitens des Finanzamts berechtigt. Ihre Mandanten müssen diese Kassen bis spätestens 31. Dezember 2016 umrüsten.
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CHEF-Seminar „Tatort Kasse“ (Art.-Nr. 73820);
Gegenstand dieses Seminars sind unter anderem die gesetzlichen Regelungen, die für die 4/3-Rechner ausschlaggebend sind, sowie die Frage, wie die Beschlüsse des BFH seitens der Finanzverwaltung zu werten sind.