Optimierung im Rech­nungs­wesen - 28. Juli 2016

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Das Programm DATEV Kanzlei-Rech­nungs­wesen pro bietet viele Funk­tio­nen, mit denen Kanz­leien eine Menge Zeit sparen können. In der Praxis bleiben diese aller­dings oft un­ge­nutzt. Ein Inter­view darüber, wie man es besser machen kann.

Der Held in Marcel Prousts Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ muss sich am Ende seines Lebens fragen, ob er nicht zu viel Zeit verloren habe, die er lieber in seine Leidenschaft, die Kunst, investiert hätte. Etwas weniger philosophisch und nüchterner gehen zwei Steuerberater (Monika Kleis und Thomas Schuhmann) und eine Steuerfachwirtin (Claudia Greich) im Interview derselben Frage nach. Sie versuchen herauszufinden, wie sie in ihrem Beruf die zur Verfügung stehende Zeit so nutzen können, dass sie möglichst wenig davon an vermeidbare und ineffiziente Tätigkeiten verlieren.

DATEV magazin: Wo sehen Sie die künftigen Herausforderungen für den steuerberatenden Beruf?

MONIKA KLEIS: Eine der größten Herausforderungen sehe ich darin, sich neben der täglichen fachlichen Arbeit auch immer wieder mit technischen Neuerungen auseinanderzusetzen. Ich denke da vor allem an das Thema Digitalisierung.

DATEV magazin: Inwieweit spielt das Thema Digitalisierung auch bei Ihnen eine Rolle?

THOMAS SCHUHMANN: Für mich sind zeitgemäße Abläufe ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Kanzlei. Der Zeitpunkt für eine Umstellung von Prozessen ist dabei entscheidend. Er muss gut gewählt sein – für die Mandanten, aber natürlich auch für die Kanzleimitarbeiter.

CLAUDIA GREICH: Das ist für uns natürlich auch ein Thema: Wir versuchen unsere Prozesse laufend zu verbessern und konsequent weiterzuentwickeln. Wir sind 2014 auf DATEV um­ge­stiegen, weil wir nach einer Software gesucht haben, mit der wir prozessorientierter und effizienter arbeiten können.

„Durch effizientere Prozesse in der FIBU sind wir zusätzlich im Jahresabschluss um 25 Prozent schneller.“

DATEV magazin: Welche Prozesse haben Sie geändert?

CLAUDIA GREICH: Wir haben mit den Bank­konto­auszügen angefangen. Wenn der Mandant mitspielt, buchen wir diese elektronisch. Hier macht sich echte Zeiteinsparung bemerkbar: über alle Mandanten gerechnet mehr als 30 Prozent. Unser bester Wert liegt sogar über 50 Prozent an Zeitersparnis. Dafür hätten wir beim alten Software-Anbieter zusätzlich ein Modul zukaufen müssen, bei Kanzlei-Rechnungswesen ist diese Funktion im Leistungsumfang bereits enthalten.

MONIKA KLEIS: Wir haben bereits vor zehn Jahren damit begonnen, unsere Prozesse zu digitalisieren, und setzen sowohl Unternehmen online als auch das elektronische Bankbuchen konsequent ein. Mittlerweile arbeiten wir zu 90 Prozent digital und sind dabei wesentlich effektiver als vorher. Unterm Strich sind wir durch effizientere Prozesse in der Finanzbuchhaltung (FIBU) zusätzlich auch im Jahresabschluss um 25 Prozent schneller.

DATEV magazin: Haben Sie sich auch auf das elektronische Bankbuchen konzentriert?

THOMAS SCHUHMANN: Wir haben den Buchungsprozess insgesamt modernisiert, indem wir in das elektronische Bankbuchen und das digitale Belegbuchen eingestiegen sind. Dabei kam uns zugute, dass bei vielen unserer Mandantenbetriebe der Generationenwechsel stattfand. Die Nachfolgegeneration ist meist offener gegenüber neuen technischen Entwicklungen. Heute können wir sagen: Es hat sich gelohnt. Wir sparen gut 30 Prozent an Bearbeitungszeit in der Finanzbuchführung bei den Bankbuchungen.

DATEV magazin: Wie haben Sie den Umstellungsprozess eingeleitet?

MONIKA KLEIS: Für uns war wichtig, dass der Veränderungsprozess in der Kanzlei beginnt, denn hier müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, digital arbeiten zu können. Ein Mitarbeiter hat zuerst mit einem Mandanten angefangen und dadurch die vielen Vorteile kennengelernt. Danach wurden alle anderen Mitarbeiter dazu animiert, sich jeweils ein Mandat herauszusuchen und zu digitalisieren.

CLAUDIA GREICH: Unsere Taktik bei der Umstellung war ähnlich: Jeder Mitarbeiter hat ein arbeitsintensives Mandat umgestellt, das viele Sachverhalte abdeckt. Ein Mandat mit vielen Kassenumsätzen, offenen Posten und vielen unterschiedlichen Buchungssachverhalten. So entstand nur bei diesem einen Mandanten ein erhöhter Zeitaufwand. Nach der Einarbeitung konnten dann die weiteren Mandanten ohne nennenswerten zeitlichen Mehraufwand bei der Bearbeitung umgestellt werden.

THOMAS SCHUHMANN: Wir haben uns natürlich auch unsere unterschiedlichen Mandanten angesehen und erst mal analysiert. Wie werden die Belege in der Kanzlei abgeliefert? Hat er eine hohe Anzahl an Kontoumsätzen? Damit haben wir begonnen, jetzt läuft es prima!

DATEV magazin: Wie waren die Reaktionen Ihrer Kollegen und Mandanten?

CLAUDIA GREICH: Bei den Kollegen unterschiedlich, doch mittlerweile sind alle von den neuen Prozessen überzeugt. Von den Mandanten bekamen wir zumindest kein negatives Feedback.

DATEV magazin: Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter mitgenommen?

THOMAS SCHUHMANN: Bei den Mitarbeitern gab es natürlich zunächst Berührungsängste. Aber Mitarbeiter, die das elektronische Bankbuchen bereits aus anderen Kanzleien gewohnt waren, haben andere überzeugt und mitgezogen. Unsere Mandanten reagieren natürlich auch unter­schied­lich: Die jüngeren sind überwiegend offen für die Umstellung auf elektronisches Bankbuchen, bei unseren älteren Mandanten fehlt teilweise der Wille zur Umstellung.

MONIKA KLEIS: Der Mitarbeiter, der am ersten Umstellungsprozess aktiv beteiligt war, hatte schnell festgestellt, dass er Vorteile durch die Digitalisierung der Belege hatte: Er war begeistert von der Tatsache, immer direkten Zugriff auf das Belegbild zu haben. So wurde er zum Wissens­träger und Ansprechpartner für die anderen. Die Skepsis war anfangs bei allen groß. Um uns nicht von den Mandanten abhängig zu machen, haben wir uns in der Kanzlei dazu entschlossen, die entsprechenden Buchhaltungen im Büro selbst einzuscannen.

DATEV magazin: Wie arbeiten Sie mittlerweile in Ihrer Kanzlei?

THOMAS SCHUHMANN: Die Umstellung auf das elektronische Bankbuchen läuft sehr gut. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir sogar bei den bereits gut organisierten Buch­füh­rungs­man­daten jetzt nochmals 30 Prozent an Zeit für die Erstellung einsparen. Parallel arbeiten wir uns in das digitale Belegbuchen ein. Wir betreuen bei uns viele große Gärtnereien, deren Hauptgeschäft die Grabpflege auf Friedhöfen ist. Je nach Größe der Gärtnerei sind das einige Tausend Rech­nun­gen, die gestellt werden müssen. Bis jetzt liefern unsere Mandanten uns die Belege oft erst spät per Pendelordner. Damit wir die Rechnungen bei Geldeingang nicht mehr manuell nachbuchen müssen, bevor uns die Originalrechnung zur Verfügung steht, empfehlen wir unseren Kunden DATEV Unternehmen online.

DATEV magazin: Kanzlei-Rechnungswesen bietet viele weitere Funktionen, um effizienter zu arbeiten. Welche Funktionen nutzen Sie darüber hinaus?

CLAUDIA GREICH: Wir haben uns mittlerweile sehr gut in die DATEV-Programme eingearbeitet und nutzen viele Möglichkeiten im Programm, um weitere Zeiteinsparungen zu erzielen. Zum Beispiel die Soforterfassung Anlagenbuchführung, sie war von Anfang an Bestandteil unserer Arbeitsweise. Für die monatliche Abstimmung der Finanzbuchführung nutzen wir die Konten­ab­stimm­liste, die uns bei der Klärung offener Sachverhalte unterstützt und so die mo­nat­liche Ab­stim­mung vereinfacht und beschleunigt. Auch im Jahresabschluss sind wir effizienter geworden durch die reibungslose Übernahme der Werte aus Kanzlei-Rechnungswesen direkt in die Steuerprogramme. Und das sind nur einige Beispiele.

DATEV magazin: Hat sich die Digitalisierung auch auf Ihr Portfolio ausgewirkt?

MONIKA KLEIS: Allerdings, die digitale Buchführung ist inzwischen Standard in unserer Kanzlei. Neuen Mandanten bieten wir nur noch eine digitale Buchführung an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Unternehmen dies mittlerweile erwarten. Da wir unterjährig nachhaltiger arbeiten und offene Sachverhalte nicht verschieben, sondern zeitnah klären, sind wir mittlerweile auch bei den Jahresabschlüssen um etwa 25 Prozent schneller! Alle Belege sind jederzeit digital verfügbar und müssen nicht mehr angefordert werden. Auch unsere Mitarbeiter möchten mittlerweile keine Papierbuchführungen mehr bearbeiten. Die zeitliche Flexibilität, verbunden mit den vielen weiteren Vorteilen der digitalen Buchführung, hat uns alle überzeugt.

DATEV magazin: Wenn Sie zurückblicken – was war der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Prozessänderung?

CLAUDIA GREICH: Für eine erfolgreiche Prozessänderung ist es sehr wichtig, laufende Prozesse immer wieder zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Gerade am Anfang einer Pro­zess­än­de­rung entsteht viel Know-how, das sofort in die Prozesse einfließen sollte.

THOMAS SCHUHMANN: Das sehe ich auch so: Nachhaltigkeit ist enorm wichtig im Zu­sam­men­hang mit Änderungen. Und diese Nachhaltigkeit kann nur dadurch erreicht werden, dass laufende Prozesse unter Einsatz der technischen Möglichkeiten möglichst routiniert abgearbeitet werden. Dabei darf sich allerdings keine lähmende Zufriedenheit einstellen, die weiteren Innovationen entgegenstünde.

MONIKA KLEIS: Mitarbeiter einbeziehen. Prozesse kontinuierlich verbessern. Nicht aufgeben. Das Ergebnis bei uns: Die Hemmschwelle unserer Mitarbeiter bei der Einführung von Neuerungen hat sich maßgeblich nach unten bewegt, die Bereitschaft, Neues auszuprobieren, ist gestiegen.

„Kleinere Funktionen und Features sollte man nicht außer Acht lassen, denn sie bringen oftmals mehr als vermutet.“

DATEV magazin: Noch weitere Tipps?

MONIKA KLEIS: Kleinere Funktionen und Features nicht außer Acht lassen, denn sie bringen oftmals mehr als vermutet. Zum Beispiel nutzen wir die neue Funktion Leistungsdatum. Eine sehr nützliche Funktion. Wir automatisieren den Monatsabschluss über die Funktion Buchungsperiode abschließen. Im Schnitt sind wir damit zwei bis drei Minuten pro Buchführungsmandat und Monat schneller. In Summe, hochgerechnet auf alle Buchführungen, macht das 75 Stunden im Jahr aus. In der Zeit können wir ein bis zwei neue Buch­füh­rungs­man­date erledigen. Ähnlich verhält es sich mit dem Automatisieren bestimmter Funktionen wie der automatischen Buchung sicher erkannter Buchungsvorschläge. Diese vermeintlichen Kleinigkeiten erhöhen die Effizienz und tragen maßgeblich dazu bei, gut funktionierende Prozesse noch besser zu machen.

CLAUDIA GREICH: Wir schätzen besonders das Zusammenspiel der Programme. DATEV Kanzlei-Rechnungswesen pro bietet viele nützliche Schnittstellen. So arbeiten wir sehr viel effizienter als mit der Vorgänger-Software, die uns diese Vorteile nicht bieten konnte.

DATEV magazin: An welchen Änderungen arbeiten Sie im Moment?

MONIKA KLEIS: Wir wollen den positiven Effekt der Digitalisierung nutzen, um mehr be­triebs­wirt­schaft­liche Beratungen anzubieten. Dies beginnt bereits bei der Bearbeitung der Buchführung durch unsere Mitarbeiter mit dem Controllingreport mobil mit Frühwarnsystem. Mitarbeiter und Chefs haben mit dieser Auswertung ihre Mandate­ im Blick und gleichzeitig eine einfache Kontrolle über betriebswirtschaftliche Eckwerte. Kritische Abweichungen bei den Werten sind sofort ersichtlich und können so zusammen mit dem Mandanten angegangen werden.

DATEV magazin: Was steht bei Ihnen im Fokus?

CLAUDIA GREICH: Als Nächstes möchten wir das Thema DATEV Unternehmen online angehen. Auch hier wollen wir zuerst überlegen, für welche Mandanten die Anwendung geeignet sein könnte, um diese im Anschluss überzeugen und gut beraten zu können. Dazu natürlich das digitale Belegbuchen. Sowie die Nutzung weiterer kleinerer Programmfeatures, die uns sicherlich weitere Vorteile bringen. Ich denke da an Kredite, Anzahlungen und so weiter.

THOMAS SCHUHMANN: Weiterhin das digitale Belegbuchen. Hier haben wir noch Nachholbedarf und müssen bei den Mandanten Überzeugungsarbeit leisten und Berührungsängste abbauen. Und künftig möchte ich mit neuen Funktionen und Themen noch offensiver auf die Mandanten zugehen.

Mehr DAZU

MEHR DAZU

Möchten auch Sie Ihre Prozesse effizienter gestalten, profitieren Sie von den Erfahrungen anderer und informieren Sie sich auf:
www.datev.de/zeitsparen-im-rw

Zu den Autoren

Anja Rass

Mitarbeiterin im Bereich Rechnungswesen bei DATEV eG

Weitere Artikel der Autorin
TS
Thomas Schuhmann

Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater und Partner der Steuerberatungsgesellschaft Popp & Schuhmann in München

Weitere Artikel des Autors
CG
Claudia Greich

Steuerfachwirtin in der Steuer- und Rechtsanwaltskanzlei Sievert & Dr. Sievert in Burgkunstadt

Weitere Artikel der Autorin
MK
Monika Kleis

Steuerberaterin und Prokuristin in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft bws Graf Kanitz GmbH in Freiburg

Weitere Artikel der Autorin