Digitale Betriebsprüfung - 3. Januar 2022

Weniger Bauchschmerzen

Um die Zusammenarbeit mit den Mandanten zu fördern, unterstützt DATEV ihre Mitglieder bei Mandantenveranstaltungen zu speziellen Themen. Welche Vorteile hat so ein Event für Beraterinnen und Berater? Was sind die Erfahrungen der Finanzverwaltung hierzu?

Ein Gespräch mit Florian Reitmayer, Diplom-Betriebswirt FH, Steuerberater und einer der Kanzleiinhaber von Günter – Reitmayer & Partner mbB in Augsburg sowie Joachim Zimmermann, Steuerberater, Gastdozent an der Bundesfinanzakademie, Autor und Betriebsprüfer a.D. und Michael Sambale, DATEV-Außendienstmitarbeiter für Beratung und Schulung im Rechnungswesen.

Die Mandantenveranstaltung „Digitale Betriebsprüfung – was tun?“ möchte den Mandantinnen und Mandanten die Vorteile der digitalen Zusammenarbeit mit ihrer Steuerberatungskanzlei näherbringen.

In der Kanzlei Günter – Reitmayer & Partner mbB sollte diese Veranstaltung Anfang 2020 analog stattfinden, was sich wegen der Corona-Maßnahmen nicht mehr realisieren ließ. Die Kanzlei-Inhaber waren jedoch der Ansicht, dass die digitale Betriebsprüfung viel zu wichtig sei, als sie unter den Tisch fallen zu lassen. Und wenn es schon um Digitalisierung geht, könne es auch online stattfinden. Umso mehr, da die Kanzlei schon seit mehreren Jahren das Label „Digitale DATEV-Kanzlei“ führt. 


Herr Reitmayer, Sie haben solch eine Veranstaltung schon durchgeführt.  Wie haben Sie das vorbereitet?

FLORIAN REITMAYER: Zuerst haben wir als Testlauf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult, online in verschiedenen Räumen der Kanzlei und mit einer Fragerunde. Denn schließlich sind die Mitarbeiter die Multiplikatoren für unsere Mandanten. Wir haben den Mitarbeitern Unternehmen online nähergebracht, das Hochladen von Belegen gezeigt, wie der Zahlungsverkehr richtig vorbereitet, übernommen und abgewickelt wird, wie das Kassenbuch online funktioniert u.v.m. Unterstützt wurden wir von unserem IT-Mitarbeiter Herrn Huber und Herrn Sambale von DATEV. 

Wobei hat DATEV Sie unterstützt?

Für die Mandantenveranstaltung Ende April hat DATEV Mustertexte für die Einladungen zur Verfügung gestellt. Außerdem wurden die Online-Zugangsdaten von DATEV direkt an die Mandanten geschickt . Dazu haben wir noch ein paar Blankoeinladungen für Kurzentschlossene bekommen. Die Teilnehmer haben wir gemeinsam mit dem DATEV-Mitarbeiter Yannic Stender begrüßt, der während der Veranstaltung die Moderation übernommen hat. Anschließend hat die Finanzverwaltung ihre Perspektive erläutert, unter anderem die Prüffelder der digitalen Prüfung und vor allem, an welcher Stelle ihrer Prozesse die Unternehmen schon an die Betriebsprüfung denken sollten. Konkret also bereits, wenn sie Vorsysteme, zum Beispiel in der Warenwirtschaft, implementieren, programmieren und anwenden. Zum Schluss erklärte Michael Sambale die Arbeitsschritte mit DATEV Unternehmen online. 

Wie hat Ihnen die Mandantenveranstaltung bei der Zusammenarbeit mit Ihren Mandanten weitergeholfen?

Durch die interne Vorbereitungsveranstaltung von DATEV wurden nun alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hauses für dieses Thema sensibilisiert und ihr Interesse an Unternehmen online geweckt. Das führt letztlich zu einer deutlich besseren Mandantenansprache durch die Mitarbeiter!

Welches Feedback haben Sie bekommen?

Zur Organisation und zum Informationsgehalt erhielten wir äußerst positives Feedback. Wir konnten das Interesse an Unternehmen online wecken und die Vorzüge darstellen. Die teilnehmenden Mandantinnen und Mandanten wurden wachgerüttelt, besonders hinsichtlich der Konsequenzen der digitalen Betriebsprüfung. Die Zuhörer haben erkannt, dass sie nun beginnen müssen, sich auf die Digitalisierung einzustellen. Seit der Veranstaltung erhielten wir deutlich mehr Anfragen zur Umstellung der Buchhaltung auf Unternehmen online.

Herr Zimmermann, warum ist es für die Kanzleien und deren Mandanten wichtig, sich mit der digitalen Betriebsprüfung zu befassen? Welche Konsequenzen können Unternehmen drohen?

JOACHIM ZIMMERMANN: Die digitalen Daten sind inzwischen der zentrale Punkt bei einer Betriebsprüfung. Das Prüfen von Papierunterlagen tritt in den Hintergrund. Das Prüfen von Daten ist „in“ und führt zu schnelleren und genaueren Ergebnissen. Steuerberaterinnen und Steuerberater machen zwar meistens die Hauptbuchführung. Doch die meisten Unternehmen arbeiten mit Vorsystemen wie Kasse, Faktura, Materialwirtschaft, Zahlungssystemen. Auch ein Taxameter im Taxi ist schon ein DV-Vorsystem. Diese Daten bzw. Ergebnisse werden in die Hauptbuchführung übernommen und sind deshalb prüfungsrelevant. Um die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und Aufzeichnung nachweisen zu können, muss bei jedem eingesetzten Datenverarbeitungsverfahren eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein. Für viele Unternehmer ist die Verfahrensdokumentation ein Fremdwort.

Deshalb muss man bestimmte kritische Dinge gegenüber den Steuerzahlern – zu ihrem eigenen Schutz – ganz offen ansprechen. Zum Beispiel die Pflicht, die Daten digital vorzulegen. Das müssen die Unternehmen liefern, ist ihnen aber oft nicht bewusst. Bei Veranstaltungen kann man erkennen, wie Teilnehmer bei diesem Thema sehr nachdenklich werden. Eine umfassende Aufklärung ist unbedingt nötig. Insofern lohnen sich solche Veranstaltung für die Teilnehmer meiner Einschätzung nach außerordentlich, was die digitalen Erfordernisse ihrer Buchführung betrifft. Denn es werden auch die Konsequenzen der Finanzverwaltung deutlich gemacht, wenn die Vorsysteme nicht ordnungsgemäß geführt werden, nämlich oft eine Hinzuschätzung oder Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Bei Mängeln kann es sein, dass bestimmte Bereiche oder Ausgaben von der Finanzverwaltung nicht anerkannt werden.

Das deutsche Steuerrecht ist umfangreich und kompliziert. Steuerzahler müssen meiner Meinung nach auch davor geschützt werden, durch Unkenntnis Fehler zu ihrem eigenen Nachteil zu machen. Und das beginnt schon bei der Aufbewahrung der Daten. Im Idealfall findet man als Prüfer hier eine durchgehende Kette vor: von Daten der Kasse (sicheres Kassen-Archiv) über das digitale Kassenbuch, Belege online und Kanzlei-Rechnungswesen. Auch wenn die Anschaffung dieser Software und Hardware erst einmal mit Kosten verbunden ist: Sie können ab 01.01.2021 vollständig von der Steuer abgesetzt werden (Nutzungsdauer 1 Jahr).

Inwiefern profitieren Mandanten davon?

JOACHIM ZIMMERMANN: Man ist rechtlich auf der sicheren Seite, wenn man über eine Software verfügt, die die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Und auch das Risikomanagement der Finanzverwaltung wird dies bei der Fallauswahl für Prüfungen und Nachschauen berücksichtigen. Das Unternehmen wird also gegebenenfalls einer günstigeren Risikogruppe zugeordnet und dadurch weniger häufig geprüft. Kleinere Fehler passieren natürlich immer. Aber das ist völlig anders zu bewerten, als wenn sich jemand überhaupt nicht mit den Anforderungen an digitale Systeme beschäftigt. Mit dieser Aufklärung von Unternehmen, die dann formelle Mängel mit großen materiellen Folgen vermeiden können, ist den teilnehmenden Steuerpflichtigen geholfen. Und bei der Erstellung einer Verfahrensdokumentation erhalten sie Unterstützung seitens der Steuerberater und ihrer Berufsverbände oder Dachverbände mit einer Musterverfahrensdokumentation.

Michael Sambale, welche Vorteile bringt die digitale Zusammenarbeit für Mandantinnen und Mandanten außerdem? Was können sie tun, damit die genannten Probleme gar nicht erst entstehen?

MICHAEL SAMBALE: Wenn Mandanten und Steuerberater enger zusammenarbeiten, gibt es weniger Probleme auf beiden Seiten. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Durch sie wird die Betriebsprüfung für die Finanzverwaltung leichter, Steuerberater müssen nicht mehr mit dem Pendelordner hantieren, Unternehmen können ihre Prozesse beschleunigen, zum Beispiel Zahlungen prüfen oder Belegbilder auch später noch am jeweiligen Buchungssatz anschauen. Man muss auch keine E-Mails mit sensiblen Daten mehr verschlüsseln, wenn man zum Info-Austausch DATEV Unternehmen online über MyDATEV nutzt, eine Kommunikationsplattform mit Datenschutz inklusive. Es geht nicht in erster Linie um DATEV-Produkte, sondern darum, dass Unternehmen etwas in Richtung Digitalisierung tun, weil es auch dem steuerberatenden Berufsstand zugutekommt.

FLORIAN REITMAYER: Und viele Programme anderer Anbieter verfügen ja über DATEV-Schnittstellen.

MICHAEL SAMBALE: Exakt! Mit einer sauberen Anbindung des Vorsystems per Schnittstelle wird zum Beispiel Unternehmen online schnell und unkompliziert zum gemeinsamen Belegarchiv. Wir können auf Mandantenseite für weniger Bauchschmerzen und weniger graue Haare bei der Betriebsprüfung sorgen. Auch die Kanzleien haben weniger Stress, können effizienter arbeiten und einen besseren Deckungsbeitrag erwirtschaften. Die Digitalisierung ist dafür ein guter Hebel. Vorteile also auf allen Seiten, eine Win-Win-win-Situation.
 

Online-Veranstaltung oder face to face: Welche Form bevorzugen Sie?

FLORIAN REITMAYER : Mir ist ein persönlicher Kontakt lieber, auch wenn es vorteilhaft ist, weniger Zeit unterwegs auf der Strecke zu verbringen. Bei einer Online-Veranstaltung muss man als Kanzlei verbindlicher nachfassen. Eine Präsenzveranstaltung hat mehr Nachdruck, die Teilnehmer fragen mehr und sind selbst aktiver dabei, sie nehmen sich die Zeit, lassen sich mehr darauf ein und sind konzentrierter. Dennoch war für diese Veranstaltung das Online-Format genau richtig, denn es hat prima zum Thema Digitalisierung gepasst.

JOACHIM ZIMMERMANN : Für den rein fachlichen Informationstransfer ist online völlig okay. Aber ich stimme Herrn Reitmaier zu: Live werden mehr Fragen gestellt und im Nachgang wird die Möglichkeit zum direkten Gespräch viel mehr genutzt.

MICHAEL SAMBALE : Ich mag beide Formen. Bei Online-Formaten empfiehlt es sich, dranzubleiben, mehr zu informieren oder weitere Angebote zu machen. Eine Präsenz-Veranstaltung kommt für einige Kanzleien nicht infrage, z. B. weil sie zu aufwändig wäre oder ihre Mandanten über ganz Deutschland verteilt sind, da ist ein Online-Termin einfach praktischer. Präsenz-Veranstaltungen bieten dagegen den größeren Eventcharakter und stärken die Mandatsbeziehung auch auf einer persönlichen Ebene. Ich freue mich also über beide Formen einer Mandantenveranstaltung.