Wie die Erinnyen (besser bekannt als Furien) stürmten drei Kolleginnen in mein Büro, mit Papieren wedelnd und eifrig diskutierend. „Till, du bist doch Germanist! Wir brauchen eine Entscheidung von dir!“, flöteten sie im Chor. „Wir brauchen einen Titel für unser neues Seminar, konnten uns bisher aber auf keinen Vorschlag einigen! Du sollst jetzt entscheiden! Hier,…
Den DATEVianischen Krieg verhindern
So bedrängt kam ich mir vor wie der Jüngling Paris (nicht wie die Stadt, Betonung auf der ersten Silbe, langes a), der zwischen Hera, Athene und Aphrodite die Schönste auswählen sollte. Meine Kolleginnen boten mir zwar weder die Weltherrschaft noch unendliche Weisheit oder die Liebe der schönsten Frau als Bestechung an, trotzdem sagte ich zu, eine Entscheidung zu treffen. Ich forderte einen Tag Bedenkzeit, denn wie das „Urteil des Paris“ weitergeht ist bekannt: Paris wählte Aphrodite, Aphrodite ermöglichte den Raub der Helena, Helena war aber die Frau Menelaos‘, Menelaos und sein Bruder Agamemnon zogen in den Trojanischen Krieg und zerstörten letztlich die Stadt. Mit meiner Entscheidung könnte ich also einen Datevianischen Krieg verhindern, quasi.
Bei der Konzeption neuer Seminare stellt sich für uns immer die Frage, welchen Titel wir der Veranstaltung verpassen. Bei Fachthemen sind wir bestimmten Regularien unterworfen, die dann Ungetüme wie „Sozialversicherungspflicht mitarbeitender Familienangehöriger und geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH“ oder „DATEV/Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung – Spezielle Sachverhalte bei Pfändungen mit den DATEV-Lohnprogrammen“ gebären.
Knackige Titel für CHEF-Seminare
Freier in der Wahl unserer Titel sind wir im Bereich der CHEF-Seminare, die strategische und unternehmerische Inhalte haben oder Soft Skills fördern. So ein Seminar lag jetzt auf meinem Schreibtisch: Die Teilnehmer entdecken ihre kommunikativen Stärken und Schwächen und lernen, Verhandlungsgespräche erfolgreich abzuschließen. Ein spannendes Thema, das einen griffigen und knackigen Titel braucht. Zur Auswahl standen derer drei, die in ihrer Wirkung kaum unterschiedlicher hätten sein können.
- Verhandeln leicht gemacht
Der wohl schwächste der drei Titel. Kurz und prägnant zwar, aber abgegriffen. Keine Chance, sich mit diesem Namen von anderen Mitbewerbern abzuheben, die auch tatsächlich Seminare mit diesem Titel anbieten (Googeln Sie mal!).
- Verhandeln ohne zu verhandeln
Ebenfalls kurz und prägnant, versucht der Titel die Neugier des Lesers mit einem Paradoxon zu gewinnen. Grundsätzlich eine gute Idee, denn wer interessiert ist, liest in der Hoffnung weiter, das Paradoxon aufzulösen. Nur besteht die Gefahr, dass der Titel kopfschüttelnd als Quatsch abgetan wird. Es muss noch besser gehen.
- Ich krieg‘ was ich will! Selbstbewusst verhandeln, auch wenn’s schwierig wird
Der längste der drei Vorschläge, aber mit einem provokanten Statement, das hart an der Grenze zur Arroganz wandelt. Dadurch packt es den Leser eher durch die Hintertür, denn mal ehrlich: Wer wäre nicht auch ab und zu gern fordernder? Der zweite Teil entschärft das Statement, und fügt eine wichtige Komponente hinzu: Die Bewältigung schwieriger Situationen. Mit erfreulichen Gesprächsthemen dürfte die Mehrheit keine Probleme haben, schwieriger zu kommunizieren sind unangenehme Inhalte. Der Titel birgt also das Versprechen, solche schwierige Gespräche künftig selbstbewusster und souveräner zu führen.
Letztlich brauchte ich keinen Tag, um eine Entscheidung zu fällen. Ich wagte mich in die „Höhle der Löwinnen“, um meine Wahl zu verkünden. „Der dritte Titel ist der beste, den würde ich nehmen“, sagte ich im Brustton der Überzeugung. Meine Kolleginnen grinsten mich an. „Auf den haben wir uns mittlerweile auch geeinigt.“ Ich hatte Eulen nach Athen getragen.
Nachtrag: Bisher scheint der neue Titel sehr gut anzukommen, die Nachfrage spricht für sich. Wie ist es bei Ihnen? Welche Titel finden Sie besser?