Längere Auszeit vom Kanzlei-Alltag - 28. August 2017

Man wird ja noch träumen dürfen …

Wer träumt nicht von einer Weltreise oder einer längeren Auszeit vom Kanzleistress? Wenn man sich erstmal zu einer Auszeit entschlossen hat, ist der größte Schritt schon vollbracht. Dann gilt es nur noch zu handeln und alles zu regeln, um sich in die wunderbare Welt der Freiheit zu begeben.

Den Alltag hinter sich zu lassen und jeden einzelnen Tag so zu gestalten, wie man ihn sich schon immer vorgestellt hat, ist in der heutigen, schnelllebigen Zeit etwas ganz Besonderes. Man fühlt sich wieder wie ein Schüler in der Ferienzeit, dem alle Tore für die perfekte Freizeitgestaltung offen stehen: Schlafen, so lange man möchte, stundenlang in Cafés sitzen, ohne Zeitdruck durch die Stadt bummeln. Bei schönem Wetter mit einem Buch im Park liegen, bis tief in die Nacht Fernsehen gucken, weil man morgens nicht früh aufstehen muss. Oder sich leidenschaftlich in einem Hobby verlieren, für das man bisher nie genug Zeit hatte. All dies sind Dinge, die uns nicht nur eine hohe Lebensqualität bieten, sondern auch Herz und Kopf für neue Visionen und Ideen öffnen.

Dann schlägt die Realität zu

Was sich im Travelbook so romantisch verklärt darstellt, stößt beim steuerberatenden Berufsstand leider in der Praxis auf größere Schwierigkeiten. Selbst bei perfekter Kanzleiorganisation und eingespieltem Team ist eine längere Abwesenheit kaum möglich. Die berufsrechtlichen Regelungen sind eindeutig. Die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung bedeutet u.a. dafür zu sorgen, dass die Steuerberaterpraxis auch im Fall der Abwesenheit des Praxisinhabers ordnungsgemäß geführt wird.

Für eine mehr als einmonatige Verhinderung bestimmt § 69 Abs. 1 Satz 1 StBerG, dass Steuerberater einen allgemeinen Vertreter bestellen müssen. Die (privatrechtliche) Bestellung eines Praxisvertreters ist der Steuerberaterkammer unverzüglich anzuzeigen. Der Vertreter muss ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter sein. Grundsätzlich ist die Praxisvertretung vom Steuerberater selbst zu organisieren. Bei der Auswahl und der „Einweisung“ des Vertreters sollte von vornherein darauf geachtet werden, Konfliktpotenziale zu vermeiden. Insbesondere Wettbewerbsverbot und Mandantenschutz sind zu regeln. Das berufsrechtliche Handbuch der Bundessteuerberaterkammer gibt hierzu ausführliche Hinweise.

Die Nachteile der Freizeit

Wer sich mit der Praxisvertretung nicht anfreunden mag, dem sei zum Trost gesagt: Die lange Auszeit hat auch ihre Tücken fürs Gehirn: So haben mehrere Studien gezeigt: Während der großen Sommer-​Schulferien bauen Schüler kognitiv sogar ab. Vor allem Fertigkeiten, die regelmäßig trainiert werden müssen – wie Kopfrechnen und Buchstabieren –, lassen nach. Und je älter die Schüler, desto schlimmer wirkte sich das Sommerloch aus. Ob dies auch für Steuerberater gilt kann allerdings nur vermutet werden.

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Ulrich Gojowsky

Redaktion DATEV magazin

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