Auslandsentsendungen werden angesichts zunehmender Globalisierung immer häufiger und beliebter. Die starke Nachfrage nach hoch qualifiziertem Personal sowie der Fachkräftemangel vor Ort sind nur einer der Gründe. Die sogenannten Expatriates sind zunehmend jünger, nicht wenige versprechen sich vom Auslandseinsatz einen Karrieresprung. Aktuell ist eine Expansion in die neuen Märkte in Asien und Südamerika zu bemerken. Hauptzielländer…
Die Zahl der Betriebe, die ihre Mitarbeiter ins Ausland schicken, um dort für eine Tochtergesellschaft oder im Rahmen eines besonderen Projekts zu arbeiten, nimmt weiter zu. Internationale Mitarbeitereinsätze sind aber komplex, geprägt durch das Zusammenspiel bzw. die Kollision unterschiedlicher Rechtsordnungen. Zudem ist eine Vielzahl an arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten zu beachten. Will man etwa das anwendbare Recht der Sozialversicherung beurteilen, kommt es stets auf den konkreten Sachverhalt an. Neben multilateralen und bilateralen Abkommen sind gegebenenfalls auch die Vorschriften des SGB IV einschlägig. Beim Arbeitsrecht sind individual- und kollektivrechtliche Aspekte zu klären, während die steuerlichen Aspekte sowohl den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber betreffen.
Arbeitsrecht
Das Arbeitsverhältnis im Inland deckt regelmäßig nicht die Modalitäten eines Auslandsaufenthalts ab. Daher sind spezielle Regelungen für den Zeitraum der Entsendung zu treffen. Auf Grundlage einer Zusatzvereinbarung zum inländischen Arbeitsvertrag sowie unter Beibehaltung der organisatorischen Zuordnung zum bisherigen Arbeitgeber ist ein längerer befristeter Einsatz im Ausland möglich. Essentielle Punkte, die vertraglich geregelt werden müssen sind etwa die Arbeitszeit, der Tätigkeitsbereich im Ausland, Urlaub, Vergütung, betriebliche Altersvorsorge, Zusatzvereinbarungen, die Dauer der Entsendung, steuerliche Auswirkungen sowie Rückkehrbestimmungen. Die Entsendung setzt also eine sorgfältige Vertragsgestaltung voraus. In jedem Fall sind auch Vereinbarungen zur vorzeitigen Beendigung des Auslandseinsatzes sowie zu einem etwaigen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im Stammunternehmen zu treffen. Ebenso wichtig sind klare Regelungen zur Kostenverteilung, insbesondere zur Frage, wer die Reise- und Umzugskosten ins Ausland und zurück in die Heimat trägt.
Sozialversicherungsrecht
Arbeitnehmer unterliegen bezüglich der Sozialversicherung grundsätzlich dem Recht des Staats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Um einen durchgehenden Schutz durch die deutsche Sozialversicherung sicherzustellen, sieht das deutsche Sozialrecht die sogenannte Ausstrahlung vor. Dadurch finden die Vorschriften zur Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung von Beschäftigten auch dann Anwendung, wenn sie im Rahmen ihres deutschen Beschäftigungsverhältnisses entsandt werden. Über eine Anwartschaftsversicherung ist die Absicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dabei verhältnismäßig einfach. Vergleichbare Tarife bieten auch die privaten Versicherungen. Bei einer Erkrankung während der Entsendung wird die benötigte Leistung durch das System des ausländischen Staats erbracht. Eine private Absicherung bietet hier zusätzlichen Schutz. Lücken im Rentenversicherungsverlauf können durch eine freiwillige Mitgliedschaft oder eine Pflichtversicherung auf Antrag vermieden werden.
Steuerrecht
Bei einer Entsendung ist zudem zu klären, in welchem Staat der Arbeitnehmer als ansässig gilt, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Handelt es sich um Vergütungen aus unselbständiger Arbeit, ist neben den Bestimmungen des nationalen Rechts auch das jeweils einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten. Letzteres orientiert sich regelmäßig auch am OECD-Musterabkommen. Die Vereinbarung einzelner, im Tätigkeitsstaat steuerfreier Lohnbestandteile setzt eine genaue Prüfung der Rechtslage und Besteuerungspraxis im Tätigkeitsstaat voraus. Schließlich sind alle steuerlichen Aspekte sowohl mit den arbeitsvertraglichen als auch mit den sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten abzustimmen.
Auswirkungen des Brexit
Im Vereinigten Königreich gibt es aktuell etwa 2.500 Niederlassungen deutscher Unternehmen mit zahlreichen Mitarbeitern aus der Bundesrepublik. Umgekehrt arbeiten tausende britische Expatriates hierzulande in britischen Unternehmen. Bis der Brexit vollzogen ist, gilt für Mitarbeiterentsendungen nach Großbritannien weiter die EU-Verordnung VO (EG) 883/2004. Nach vollzogenem EU-Austritt wird das Vereinigte Königreich mit Blick auf Entsendungen aber den Status eines Drittstaates haben. Nach einer aktuellen Studie des Migration Observatory Oxford wird der Großteil der Arbeitnehmer aus der EU, die derzeit im Vereinigten Königreich beschäftigt sind, dann nicht mehr die Visa-Voraussetzungen erfüllen, die für Arbeitnehmer außerhalb der EU gelten. Zudem ist fraglich, inwieweit in Großbritannien zurückgelegte Beschäftigungszeiten künftig für die deutsche Rente zu berücksichtigen sein werden.
Ausblick
Der internationale Mitarbeitereinsatz in Zeiten zunehmender Globalisierung bedarf einer gründlichen personalseitigen und vor allem rechtlichen Vorbereitung. Problematisch ist häufig auch die sogenannte Repatriation. Viele Unternehmen kümmern sich noch zu wenig um die Wiedereingliederung der Mitarbeiter. So kehrt nach erhofftem Karrieresprung bei den Entsandten schnell Ernüchterung ein, die in letzter Konsequenz zu einem Firmenwechsel nach relativ kurzer Rückkehrzeit führt. Mit Blick auf Brexit und dessen Auswirkungen auf Entsendungen wird es entscheidend darauf ankommen, welche Abkommen mit den Briten für die Zeit nach deren Ausscheiden aus der EU geschlossen werden.