Künstliche Intelligenz - 29. September 2022

Ein Gamechanger

Ein Jahr mit dem Automatisierungsservice – und das sagt ein Anwender.

Blumenstrauß für die Sachbearbeiterin, Gratulation für den Kanzleichef: Die Kanzlei Schnekenburger StB GmbH aus Ravensburg war im August 2021 die tausendste Kanzlei, die den Automatisierungsservice Rechnungen aktiviert hatte. Grund genug, den Ansprechpartner für Digitalisierung in der Kanzlei, Alexander Johnston, nach seinen Erfahrungen zu fragen und danach, ob sich die damaligen Erwartungen erfüllt haben.

Herr Johnston, die Kanzlei Schnekenburger setzt den Automatisierungsservice Rechnungen seit gut einem Jahr ein. Damals fanden Sie ihn gut. Was denken Sie heute und was sagen Ihre Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Automatisierungsservice arbeiten?

Als ich zum ersten Mal sah, dass der Automatisierungsservice anhand der Artikel auf der Rechnung und einer Buchung vom Vorjahr das richtige Aufwandskonto vorschlug, war ich begeistert. Grundsätzlich ist jeder begeistert davon und nimmt eine Verkürzung der Bearbeitungszeit von Unternehmen online-Buchhaltungen wahr. Eine Kollegin hat den Automatisierungsservice als Gamechanger bezeichnet, weil sie darin das größte Rationalisierungspotenzial sieht.

Können Sie die Verkürzung der Arbeitszeit beziffern?

Wir registrieren nach der jeweiligen Umstellungsphase einen Zeitvorteil von bis zu 50 Prozent, abhängig davon, wie das Unternehmen arbeitet. Von Vorteil ist es, wenn es viele Einkäufe bei denselben Lieferanten tätigt, die Belege laufend hochlädt, möglichst wenige Kassenbons hat – die haben keine schöne Rechnungsstruktur – und wenige Buchungen auf verschiedene Sachkonten aufgeteilt werden müssen.

Fürchten Ihre Kolleginnen und Kollegen nicht, dass der Automatisierungsservice ihnen die Arbeit wegnehmen könnte?

Nein. Seit ich Steuerfachangestellter bin, heißt es in unserer Kanzlei, dass wir keine Neumandate aufnehmen können, weil wir nicht genug Mitarbeiter haben. Zudem haben sich in den letzten Jahren unsere Aufgabenfelder erweitert: durch Gesetzesänderungen, durch die Grundsteuerreform und durch Phänomene wie Corona. Ein Weiter-so ginge nur mit einer stärkeren Belastung aller Mitarbeiter. Wir müssen stattdessen, wo es möglich ist, unsere Arbeitsabläufe rationalisieren. Die Erfassung der laufenden Geschäftsvorfälle bietet sich an, weil das eine zeitfressende Tätigkeit ist und bei fast all unseren Mandanten vorkommt.

Die künstliche Intelligenz muss lernen und wird erst mit der Zeit effektiv. Wie war das bei Ihnen?

Unsere Abteilung hat während Corona von unserem Chef den Auftrag erhalten, alle Buchhaltungen auf Unternehmen online umzustellen. Deshalb wurden alle unsere Testmandanten bereits mindestens sechs Monate über Unternehmen online gebucht, bevor wir sie auf den Automatisierungsservice umgestellt haben. Der Automatisierungsservice hat bei diesen Mandanten keine Probleme gehabt, sich zurechtzufinden.

Mit dem Jahreswechsel 2021/22 kamen einige neue Funktionen dazu, beispielsweise können Sie Buchungsvorschläge nun automatisch durchbuchen lassen. Was halten Sie von den neuen Funktionen?

Die Updates zum Jahreswechsel haben uns insgesamt sehr gefallen: die automatische Aufteilung von Sachverhalten mit verschiedenen Steuersätzen, die bessere Unterstützung für umsatzsteuerbefreite Mandanten, aber vor allem die automatische Verbuchung von sicher erkannten Belegen, die Sie angesprochen haben.

Man muss der künstlichen Intelligenz vertrauen, wenn man ohne weitere Kontrolle automatisch durchbuchen lässt. Wie war das bei Ihnen?

Wir nutzen das automatische Durchbuchen bei den Bankbuchungen schon seit der Umstellung auf Unternehmen online bei allen Mandanten und haben dahin gehend schon etwas Vertrauen in die grüne Glühbirne aufgebaut. Beim Automatisierungsservice prüft jeder Sachbearbeiter bei uns die sicher erkannten Buchungsvorschläge maximal in den ersten drei Monaten. Wenn die Vorschläge immer bedenkenlos akzeptiert werden konnten, soll automatisch durchgebucht werden. Ich empfehle das auch in Vorträgen und Skripten, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die künstliche Intelligenz sehr genau prüft und nur wirklich sichere Buchungen auch als sicher kennzeichnet.

Wie viele Buchungsvorschläge werden denn als sicher erkannt?

Die Rate liegt bei Rechnungseingangsbelegen bei 50 bis 70 Prozent. Wenn Sachverhalte nicht erkannt werden, liegt das meistens an noch nicht angelegten Geschäftspartnern oder schlecht lesbaren Belegen.

Nutzen Sie auch die neue Unterstützung beim Anlegen neuer Kreditoren und Debitoren?

Ja, das schätzen wir sehr. Viele Mitarbeiter, die noch nicht in den Genuss von Unternehmen online gekommen sind, scheu­en sich wegen der mühsamen Anlage aller Kreditoren und Debitoren. Mit dem Automatisierungsservice haben wir ein weiteres Argument für den Umstieg auf Unternehmen online.

Wenn Sie sich etwas wünschen dürften in Bezug auf den Automatisierungsservice, was wäre das?

Bei uns in der Kanzlei ist das größte Hindernis für eine flä­chendeckende Verwendung des Automatisierungsservice die Tatsache, dass der SKR 14 nicht unterstützt wird. Das wäre der größte Wunsch.

Gibt es Tipps, die Sie anderen Steuerberatungskanzleien mitgeben würden?

Der Automatisierungsservice ist in Kanzlei-Rechnungswesen mit fünf Klicks aktiviert und genauso schnell wieder deakti­viert. Ich würde anderen Kanzleien deshalb vorschlagen, ge­eignete Bestände einfach testweise für drei Monate mit dem Automatisierungsservice zu buchen.

Was sind geeignete Bestände?

Das sind nach unserer Erfahrung Bestände, die möglichst viele der folgenden Punkte erfüllen: viele wiederkehrende Sachverhalte, nur wenige Geschäftsvorfälle, die auf verschie­dene Sachkonten aufgeteilt werden müssen, nur wenige Aus­landssachverhalte, nur wenige Kassenbons – die werden nämlich fast nie richtig erkannt – sowie keine unorthodoxe Ausgangsrechnungsgestaltung.

Wie lautet Ihr Fazit?

Der Automatisierungsservice ist wirklich gut. Wie bei jeder neuen Technik gibt es natürlich Potenzial nach oben. Den­noch kenne ich niemanden, der den Automatisierungsservice einsetzt und künftig darauf verzichten möchte.