Prüferzirkel - 26. März 2015

Bilanzskandale: Delikte und Gegenmaßnahmen

Wirtschaftskriminalität bleibt in Deutschland auf einem hohen Niveau – eine besondere He­raus­for­de­rung für Unter­nehmen und auch für Ab­schluss­prüfer. Prof. Volker Peemöller be­schäftigt sich seit Jahren ­intensiv mit diesem Thema. Eine Dis­kus­sions­reihe dazu startet Ende April.

DATEV magazin: Was hat sich in den letzten Jahren geändert?

Prof. Volker H. Peemöller: Regelmäßige Untersuchungen zur Wirtschaftskriminalität lassen vermuten, dass das Risiko, Opfer von wirtschaftskriminellen Handlungen zu sein, gesunken ist. Während 2006 55 Prozent der Unternehmen angaben, in den beiden letzten Jahren betroffen gewesen zu sein, sank dieser Prozentsatz 2010 auf 37 Prozent und 2014 sogar auf 35 Prozent.* Allerdings schätzen 82 Prozent der befragten Unternehmen in der Studie der KPMG von 2014 das Risiko für andere Unternehmen, von Wirtschaftskriminalität betroffen zu sein, als hoch oder sehr hoch ein. Die Risikowahrnehmung entspricht offensichtlich nicht der tatsächlichen Betroffenheit. Offensichtlich werden besonders solche Risiken als hoch eingeschätzt, die im Fokus der Medien stehen, wie Datendiebstahl und Datenmissbrauch. Das deutet darauf hin, dass den Unternehmen ein ausreichender Überblick über die Techniken und Kontrollen fehlt. Damit besteht die Gefahr, dass man sich vermeintlich sicher fühlt und die Gefahren vernachlässigt. Die Wirtschaftskriminalität stellt aber nach wie vor eine hohe Bedrohung der Unternehmen dar.

DATEV magazin: Was kann der Abschlussprüfer tun?

Prof. Volker H. Peemöller: Er muss zum einen darauf hinwirken, dass sich Unternehmen stärker mit der Prävention und der Detektion wirtschaftskrimineller Handlungen befassen. Zum anderen muss der Abschlussprüfer seine Prüfungshandlungen risikoorientiert auch in Bezug auf die dolosen Handlungen ausrichten. In beiden Fällen hilft die Kenntnis der bevorzugten Vorgehensweisen der Täter, um gezielt Hinweise zu liefern und Verstöße zu erkennen. Sicher ist jeder Fall anders. Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten in den wirtschaftskriminellen Handlungen erkennen. Eine umfassende Fallsammlung – wie sie wieder in Buchform geplant ist – liefert insofern Hinweise.

DATEV magazin: Hilft dem Berufsstand die Forderung nach einem stetig weiterentwickelten Bilanzrecht?

Prof. Volker H. Peemöller: Die Diskussion um die Weiterentwicklung des Bilanzrechts ist für die wirtschaftskriminellen Handlungen ambivalent. Je komplexer die Regeln werden, umso mehr Ansatzpunkte bieten sie für Bilanzierungsfehler und Bilanzverstöße, wie die Ergebnisse der Rechnungsprüfstelle zur Rechnungslegung nach IFRS gezeigt haben. Auf der anderen Seite können komplexe wirtschaftliche Vorgänge auch nur komplex abgebildet werden. Hier sind klare Regeln gefordert, die weitgehend ohne Kommentierung angewendet werden können und eine gewisse Stetigkeit aufweisen. Der Gesetzgeber und die Standard-Setter wie die einschlägigen Verbände sind gefordert. Eine jährliche Veränderung der Vorschriften – wie es zum Teil im Steuerrecht der Fall ist – führt nur zur Verwirrung und Überforderung von Buchaltern, Controllern und Prüfern.

Kriminelle Bedrohung

Kriminelle Bedrohung

 
Während die realen Opferzahlen von Wirtschaftskriminalität (grün) sinken, ist die gefühlte Gefahr (türkis) ungebrochen hoch.*

* Quelle: KPMG-Studie Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2014 vom 04.12.2014, Meyer, Herbert: Aktuelle Fragen des Enforcement in Deutschland, WPg 2009, S. 447–451

mehr dazu

MEHR DAZU

Diskutieren Sie mit Prof. Peemöller ab Ende April über das ­Thema beim eintägigen Prüferzirkel Bilanzskandale (Art.-Nr. 73772).

Anmeldung und weitere Informationen:
Tel.: +49 911 319-6144
E-Mail: apveranstaltungen @service.datev.de

Zum Autor

VP
Volker H. Peemöller

Professor emeritus der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen. Seine Schwerpunkte sind Unternehmensbewertung, Wirtschaftsprüfung, internationale Rechnungslegung und Bilanzanalyse.

Weitere Artikel des Autors