- 26. November 2021

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Schritt für Schritt in Richtung Digitalisierung

Ganze 77 Millionen Arbeitsunfähigkeiten werden jedes Jahr festgestellt. Eine Krankmeldung geht bis dato mit drei Papierbescheinigungen einher: Ein Exemplar für die Versicherten, eines für die Arbeitgeber sowie eines für die Krankenkassen. In Zukunft soll dieses Verfahren digitalisiert werden und so dabei helfen, sukzessive Bürokratie abzubauen, Tonnen von Papier einzusparen und die Krankmeldung für Arbeitgeber und Erkrankte einfacher zu machen.

Seit dem 01.10.21 wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) die gesetzliche Basis dafür geschaffen, dass Ärztinnen und Ärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen digital an die Krankenkassen übermitteln. Dabei soll das Formular für die Krankenkassen mittels der sogenannten Telematikinfrastruktur (TI) über den Kommunikationsdienst KIM versendet werden – mit elektronischer Signatur von Ärztin oder Arzt. Der Arbeitgeber fragt die Krankheitszeiten aktiv bei der Krankenkasse an und erfährt, wann die Arbeitsunfähigkeit beginnt und wie lange sie voraussichtlich dauert. Für die Kassen stellt dies einen deutlichen Mehrwert dar. Neben der elektronischen Datenübermittlung müssen Ärztinnen und Ärzte bis 30.06.22 übergangsweise Papierbescheinigungen ausstellen.

Bereits ab dem 01.01.22 wird DATEV die Pilotierung des eAU-Verfahrens in den Lohnprogrammen unterstützen. Die Arbeitgeber sollen ab dem 01.07.22 ebenfalls Teil des elektronischen Prozesses werden: Geplant ist, dass Arbeitgeber die Daten, die sie benötigen, wenn eine Berechtigung vorliegt, elektronisch bei den Krankenkassen abrufen können. Anschließend übermittelt die Krankenkasse die relevanten Arbeitsunfähigkeitsdaten an den Arbeitgeber. Der Datenaustausch eAU kommt verpflichtend dann zum Einsatz, wenn Arbeitgeber Meldungen über Arbeitsunfähigkeitszeiten von den Krankenkassen anfordern.

Mit dem elektronischen Verfahren gehen wesentliche Vorteile einher: Arbeitsunfähigkeitsmeldungen werden schneller und sicherer medienbruchfrei an Arbeitgeber und Krankenkasse übermittelt, für den Versicherten entfällt die Zustellpflicht an den Arbeitgeber und die Krankenkasse. Bei der Zahlung von Krankengeld erfolgt ein korrekter Ausgleich und im Umlageverfahren nach dem Aufwandsausgleichgesetz. Nebenbei werden Kosten reduziert und die Umwelt geschont.

Rund ist der Prozess zwischen allen Beteiligten bislang jedoch noch nicht. Dass die eAUs für jeden Arbeitnehmer einzeln nach dem Pull-Verfahren geholt werden müssen, ist aufwändig. Zudem sind die eAUs nach der Übermittlung nicht unmittelbar aufrufbar. Umstritten ist zudem wie weit die Technik in Praxen und Krankenkassen in der jetzigen Übergangsphase tatsächlich schon ist. In den Praxen fehle es noch häufig an der notwendigen Ausstattung, an E-Arztausweisen und KIM-Anschlüssen. Dennoch zieht die Betriebsgesellschaft der TI, die gematik, bislang eine positive Bilanz. Am eAU-Test nähmen bisher zahlreiche (Zahn-)Ärzte, Krankenhäuser sowie Krankenkassen teil. Es würden bereits echte eAUs über KIM versandt, geben die Kassen bekannt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zeigt sich unterdessen zurückhaltender und rät den KV-Mitgliedern, sich gut auf die Umstellung vorzubereiten sowie einen geeigneten Termin zu wählen. Insbesondere die Teilnehmerzahl am Feldtest sei bislang noch unzureichend. Auch die Praxissoftware-Anbieter zeigen sich bislang eher skeptisch bezüglich eines reibungslosen eAU-Starts.

Wie die Reise der eAU in Richtung Digitalisierung weitergeht, bleibt abzuwarten. DATEV wird ihre Software selbstverständlich gemäß den gesetzlichen Änderungen anpassen. Die Implementierung in den Lohnprogrammen ab Januar 2022 ist hierbei der erste Schritt.