In unserer schnelllebigen Zeit verlieren wir schon mal die Orientierung und lassen uns von gestiegenen Anforderungen treiben. In letzter Konsequenz drohen dann nicht nur uns Nachteile, bis hin zum Burn-out, sondern auch unseren Kunden. Und doch stellt uns der Ausstieg aus dem Hamsterrad vor nahezu unlösbare Probleme.
Unsere Umwelt lobt uns Freiberufler mehr für ein möglichst pausenloses Zwölf-Stunden-Programm als für die darin erzielte Leistung. Ganz nach dem Motto: Viel hilft viel. Ein geeignetes Sensorium, Leistung und Effektivität zu erkennen und in unsere Einschätzung einzubeziehen, scheint uns zu fehlen. Jedenfalls auf den ersten Blick. Doch mir scheint, mit solch schlichter Logik machen wir es uns zu einfach. Eine Atmosphäre pausenloser Hektik beweist nicht, dass hart, sondern nur, dass völlig falsch gearbeitet wird (vgl. Süddeutsche Zeitung Nr. 126 vom 3. Juni 2014: „Mach mal Pause“). Und das wissen wir alle. Genauso, dass die Produktivität unter Pausenlosigkeit so leidet wie die Fehlerquote steigt. Aber auch unabhängig von der Einschätzung unseres Umfeldes fühlen wir uns selbst – besonders als Freiberufler – erst dann richtig gut, wenn Termin- und Zeitdruck unseren Tag bestimmen. Wer von Hektik getrieben wird, ist gut im Geschäft, oder? Einen ausgefüllten Tag nennt man das wohl auch.
Ralph Binder plant immer angemessene Erholungspausen in seinen Arbeitsalltag ein:
„Der Stressfaktor sinkt dadurch erheblich. Der Geschäftserfolg nicht.“
Diesem moralisch aufgeladenen Verständnis von Arbeit und Leistung hat die Forschung längst Paroli zu bieten gesucht: Fünf bis zehn Minuten Pause jede Stunde empfehlen Fachleute, um Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu erhalten. Es geht also um Organisationsfragen, genauer: um Selbst-Organisation. Diese bei uns allen vorhandene Erkenntnis ist es, die uns wirklich daran hindert, der Hektik zu begegnen, nicht fehlendes Sensorium für Effektivität. Es ist so viel einfacher, die Arbeitszeit statt das Arbeitsergebnis zu messen. Schiere gedankliche Bequemlichkeit treibt uns so in die Arme der Hektik.
Also doch lieber: Work smart, not hard? Nicht, wenn wir uns des gesellschaftlichen Druckes nicht zu erwehren lernen, der hinter dieser Fehleinschätzung steht. Zu jenem Druck trägt die Übergriffigkeit des Arbeits- in das Privatleben maßgeblich bei. Eine möglichst flächendeckende und permanente Verfügbarkeit ist in den beratenden Berufen zuerst zum Coolness- und danach zum Wettbewerbsfaktor geworden. Wer dies beklagt, flüchtet sich zur Demonstration der eigenen Machtlosigkeit gegenüber den Kräften des Wettbewerbs gerne ins Passiv und spricht von der Freizeit, die vom Arbeitsleben in Beschlag genommen wird. Auch das eine Verharmlosung.
Richtig verstanden, beruht diese Übergriffigkeit schlechterdings auf unserer eigenen Handlungsweise. Wir selbst nehmen mit unserem kruden Leistungsverständnis unsere private Zeit in Beschlag. Dem liegen die Sehnsucht nach Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit der eigenen Person und der Wunsch, möglichst etwas zur Unsterblichkeit unseres Selbst beizutragen, zugrunde.
Dieser unerwünschten Spätfolge der Aufklärung können auch nur wir selbst, jeder für sich, entgegentreten und das Verhältnis von Frei- zur Arbeitszeit wieder zurechtren. Es wird Zeit, etwas dafür beziehungsweise dagegen zu tun. In unserem und im Interesse unserer Kunden. Aus diesem Grund widmete sich die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement im Anwaltverein (DAV) diesem Thema auf ihrer diesjährigen Herbsttagung unter dem Motto „Work smart, not hard“.
AG Kanzleimanagement
AG Kanzleimanagement
Die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement im DAV stellt das „Unternehmen Anwaltskanzlei“ in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Sie will den Erfahrungsaustausch zwischen den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten fördern sowie Hilfestellung leisten. Zudem möchte sie eine große Plattform für alle Aktivitäten bilden, die das wirtschaftliche Rückgrat jedes Anwaltsbüros darstellen. In ihr werden alle Themen behandelt, mit denen sich der Anwalt als Unternehmer beschäftigen muss. Das sind nicht nur betriebswirtschaftliche Fragen wie Büroorganisation und Bürotechnik, sondern alle Themen, die die Arbeit der Anwaltschaft beeinflussen. Auch die Struktur der Kanzlei wird hier behandelt.