Ein neues Gesetz zur Überwachung der Finanzmärkte führt auch zu einer verschärften Haftung der Prüfer und Berater. Dies wiederum dürfte zu einer weiteren Marktkonzentration auf wenige Prüfungsgesellschaften führen.
Als Reaktion auf den Wirecard-Skandal wurde das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) mit Zustimmung des Bundesrats durch den Bundestag beschlossen und am 10. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Am 1. Juli 2021 ist es dann in Kraft getreten. Es dient dazu, solchen Skandalen künftig vorzubeugen und das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt zu stärken.
Änderungen im Bereich Corporate Governance
Mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021 wurde in § 91 Abs. 3 Aktiengesetz (AktG) für Vor-stände von börsennotierten Gesellschaften die explizite Pflicht zur Einrichtung eines mit Blick auf den Umfang und die Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames internes Kontroll- und Risikomanagementsystem festgehalten. Das FISG beinhaltet ebenso Änderungen für Aufsichtsräte von Non-PIE Unternehmen. Demnach gehört es nach § 107 Abs. 3 S. 2 AktG zur expliziten Pflicht des Aufsichtsrats, sich mit der Qualität der Abschlussprüfung auseinanderzusetzen. Dies umfasst die Festlegung von Kriterien zur Messung der Prüfungsqualität sowie die Beurteilung dieser Kriterien und soll den aktiven Dialog zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer fördern. Daneben sollen Aufsichtsratssitzungen mit dem Abschlussprüfer als Sachverständigem gemäß § 109 Abs. 1 S. 3 AktG ohne Teilnahme des Vorstands stattfinden. Der Vorstand nimmt künftig nur teil, sofern es der Aufsichtsrat für erforderlich hält. Für Aufsichtsräte von Public Interest Entities in der Europäischen Union (EU-PIE) ergibt sich zudem ab dem 1. Januar 2022 die Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses und unmittelbare Informationsrechte gegenüber den Leitern bestimmter Zentralbereiche im Unternehmen werden in § 104 Abs. 4 AktG normiert. Künftig muss der Aufsichtsrat von EU-PIE ebenso mindestens ein Mitglied mit Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und mindestens ein weiteres Mitglied mit Sachverstand auf dem Gebiet der Prüfung umfassen, wobei dies bereits bei Neubestellungen ab dem 1. Juli 2021 gilt.
Änderungen im Bereich Abschlussprüfung
Die spezielle Übergangsregelung zur externen Rotation in § 318 Abs. 1a Handelsgesetzbuch (HGB) wurde gestrichen, sodass spätestens nach zehn Jahren eine neue Prüfungsgesellschaft zu beauftragen ist. In den Fällen, in denen die Höchstlaufzeit von zehn Jahren bereits erreicht ist und ein Ausschreibungsverfahren am 30. Juni 2021 abgeschlossen ist, kann der Prüfungsauftrag bei kalenderjahrgleichen Geschäftsjahren noch bis zum 31. Dezember 2023 verlängert werden. Eine Wahl durch die Hauptversammlung muss in diesem Fall noch nicht erfolgt sein. Die verantwortlichen Prüfungspartner müssen künftig nach § 43 Abs. 6 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) bereits nach fünf Jahren intern rotieren. Die internen Rotationspflichten gelten erstmals für Prüfungen von Geschäftsjahren, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen. Die Cooling-Off Periode beträgt bei dem vorrangig für die Abschlussprüfung verantwortlichen Wirtschaftsprüfer künftig fünf Jahre und für den mitunterzeichnenden Wirtschaftsprüfer drei Jahre.
Verschärfte Haftung
In Bezug auf die in § 323 HGB definierten Haftungssummen bei gesetzlichen Abschlussprüfungen für nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahre wird künftig zwischen fahrlässigem Handeln, grob fahrlässigem Handeln und vorsätzlichem Handeln unterschieden. Die Haftungssumme bei der Prüfung von kapitalmarktorientierten Unternehmen wird auf 16 Millionen Euro bei fahrlässigem Handeln erhöht. Bei grob fahrlässigem Handeln ist die Haftung künftig unbegrenzt. Bei sonstigen gesetzlichen Abschlussprüfungen beträgt die Haftungssumme künftig bei fahrlässigem Handeln 1,5 Millionen Euro und bei grob fahrlässigem Handeln zwölf Millionen Euro. Bei vorsätzlichem Handeln ist die Haftung, wie bisher, unbegrenzt. Die deliktische Haftung wird ebenso verschärft, sodass bereits die leichtfertige Abgabe eines unsichtigen Bestätigungsvermerks mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft. Ein vorsätzlich unrichtig erteilter Bestätigungsvermerk wird, wie bisher, mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis fünf Jahren bestraft. Die gestiegenen Haftungssummen können insbesondere bei Prüfungsgesellschaften mit wenigen PIE-Prüfungsmandaten, dazu führen, dass die Prüfung solcher Unternehmen nicht mehr lukrativ ist.
Strikte Trennung von Prüfung und Beratung
Die Anzahl der Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a HGB prüfen, hat sich seit 2018 um rund 11 Prozent auf 63 reduziert hat, bei einer konstanten Anzahl der zu prüfenden Unternehmen. Ab dem 1. Januar 2022 ist es untersagt, dass der Abschlussprüfer eines EU-PIE auch nur unbedeutsame Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen an das EU-PIE selbst, dessen Mitterunternehmen oder eine Tochtergesellschaft in Deutschland erbringt. Die strikte Trennung von Prüfung und Beratung kann dazu führen, dass sich die Prüfungsgesellschaften vor der einer Ausschreibung rein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für oder gegen die Teilnahme entscheiden.
Änderungen im Bereich Enforcement
Ab dem 1. Januar 2022 unterliegen Unternehmen, die als Emittenten von zugelassenen Wertpapieren die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat haben, dem einstufigen Kontrollverfahren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Tätigkeiten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) werden zum 31. Dezember 2021 eingestellt, wobei bis dahin nicht abgeschlossene Untersuchungen auf die BaFin übergehen. Des Weiteren werden die Rechte der BaFin um Auskunftsrechte gegenüber Dritten, die Möglichkeit forensischer Prüfungen und das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren, ausgeweitet. Verschwiegenheitspflichten werden aufgehoben, um den für Zwecke der Aufklärung mutmaßlicher Rechnungslegungsverstöße erforderlichen Informationsaustausch zu ermöglichen.
Fazit und Schlussbemerkung
Zusammenfassend kann man sagen, dass das FISG einige Regelungen enthält, die die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers stärken können, wie etwa eine verkürzte Rotationszeit oder eine striktere Trennung von Prüfung und Beratung. Auch wird der Dialog zwischen dem Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer gefördert und Vorstände von EU-PIE werden durch die explizite Pflicht zur Einführung eines angemessenen und wirksamen internes Kontroll- und Risikomanagementsystems stärker in die Pflicht genommen. Auf der anderen Seite kann davon ausgegangen werden, dass die erhöhten Haftungssummen zu einer weiteren Marktkonzentration auf wenige Prüfungsgesellschaften führen.
Mehr dazu
Prüfen Sie sicher und wirtschaftlich mit den DATEV-Lösungen zur Abschlussprüfung.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.datev.de/loesungen-wp