Testa­ments­voll­streck­ung und Pflicht­teils­recht - 30. Januar 2014

Wer bekommt was?

Testamentsvollstrecker sind häufig auch mit Ansprüchen von Pflichtteilsberechtigten konfrontiert. Gerade dieser Umstand kann schwierig sein, weiß Dr. Lutz Förster, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei für Erbrecht und Stiftungsrecht in Brühl.

DATEV magazin: Können Sie kurz und knapp skizzieren, was eine Testamentsvollstreckung ausmacht?

Dr. Lutz Förster: Bei einer Testamentsvollstreckung wird eine vom Erblasser benannte Person eingesetzt, um den im Testament getroffenen letzten Willen des Erblassers auszuführen. Kraft eines eigenen Rechts übt der Testamentsvollstrecker ein Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Nachlass des Erblassers aus.

DATEV magazin: Wie umfangreich sind die Aufgaben des Testamentsvollstreckers?

Dr. Lutz Förster: Das hängt vom Gestaltungswillen des Erblassers ab und kann in der letztwilligen Verfügung genauestens definiert werden. So können nur einzelne oder aber mehrere Tes­taments­voll­strecker, die gemeinsam handeln müssen, eingesetzt werden. Die Tes­taments­voll­streckung kann gegen­ständlich auf bestimmte Erbteile beschränkt werden. Die Befugnis gemäß § 2206 BGB etwa, Nachlass­verbind­lichkeiten für den Nachlass einzugehen, kann unbeschränkt oder eng beschränkt werden oder aber auch ganz ausgeschlossen sein.

DATEV magazin: Welche Rechte und Pflichten hat ein Testamentsvollstrecker und wem gegenüber ist er verpflichtet?

Ob und wann ein vom Tes­taments­voll­strecker abgegebenes Anerkenntnis wirksam ist, ist im Einzelnen umstritten.

Dr. Lutz Förster: Je nach den Aufgaben, die ein Tes­taments­vollstrecker zu erfüllen hat, richten sich auch seine Pflichten. Verstößt er gegen diese Pflichten, droht ihm die entsprechende Haftung. Bei seiner Tätigkeit steht der Tes­taments­vollstrecker in Beziehung zu den Erben, aber auch zu den potenziell Pflichtteils­berechtigten.

DATEV magazin: Sind mit Blick auf die letztgenannte Personengruppe Besonderheiten zu beachten?

Dr. Lutz Förster: Ja, denn im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Testamentsvollstrecker und Erben wird zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Testamentsvollstrecker kein gesetzliches Schuldverhältnis begründet.

DATEV magazin: Warum ist das so?

Dr. Lutz Förster: Weil die Abwicklung des Pflichtteils den Erben obliegt. Gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB besteht eine ausdrückliche Trennung zwischen der Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker und der Zuständigkeit der Erben für die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche.

DATEV magazin: Von dieser gesetzlichen Regelung kann aber doch abgewichen werden?

Dr. Lutz Förster: Der oder die Erben haben die Möglichkeit, den Testamentsvollstrecker mit der Abwicklung der Pflichtteilsansprüche zu betrauen, sofern er ausdrücklich durch Erteilung einer Vollmacht legitimiert wird. In diesem Fall handelt der Testamentsvollstrecker aber nicht kraft eigenen Amts für den Erben, sondern als Vertreter.

DATEV magazin: Und dies hat Auswirkungen auf Pflichten des Testamentsvollstreckers?

Dr. Lutz Förster: Aufgrund des besonderen Status als Vertreter des Erben haben Pflichtteilsberechtigte kein Informations- und damit auch kein Rechenschaftsrecht gegenüber dem Testamentsvollstrecker. Begehrt also ein Pflichtteilsberechtigter eine Auskunft oder verlangt er eine Wertermittlung, muss er sich gemäß § 2314 BGB direkt an die Erben wenden. Der Testamentsvollstrecker darf auch keine Pflichtteilsforderung mit Wirkung gegen die Erben anerkennen.

DATEV magazin: Hat das auch Auswirkungen auf potenzielle gerichtliche Verfahren?

Dr. Lutz Förster: Sämtliche Klagen hinsichtlich einer Pflichtteilszahlung sind gegen die Erben zu richten, zum Beispiel Klage auf Auskunft und/oder Wertermittlung gemäß § 2314 BGB, Klage auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs oder die Erfüllung von Pflichtteilsvermächtnissen.

DATEV magazin: Wie ist aber zu verfahren, wenn der Testamentsvollstrecker Pflichtteilsforderungen anerkennt?

Dr. Lutz Förster: Wann und ob ein vom Testamentsvollstrecker abgegebenes Anerkenntnis wirksam ist, ist im Einzelnen umstritten. Außergerichtlich ist es nach allgemeiner Auffassung unwirksam. Sofern der Testamentsvollstrecker aber im Prozess ein Anerkenntnis abgibt, soll dies wirksam sein.

DATEV magazin: Mit welchen Konsequenzen?

Dr. Lutz Förster: Das Anerkenntnis eines zu hohen Pflichtteils kann jedenfalls eine Haftung des Testamentsvollstreckers gemäß § 2219 BGB auslösen. Um einen Schadenersatzanspruch zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei Wertdifferenzen den Wunsch nach Auszahlung durch die Erben bestätigen zu lassen.

Das Pflichtteilsrecht

Das Pflichtteilsrecht

  1. Die im deutschen Recht fixierte Testierfreiheit ermöglicht es dem Erblasser, nach eigenem Willen und ohne nähere inhaltliche Begründung über sein Vermögen, auch für die Zeit nach seinem Tod, zu verfügen.
  2. Der Erblasser hat das Recht, nächste Verwandte oder Ehegatten bzw. Lebenspartner von der Erbfolge im Testament auszuschließen.
  3. Als Ausgleich für diesen Ausschluss wird den Ausgeschlossenen eine nicht entziehbare Teilhabe am Nachlass, der sogenannte Pflichtteil, gewährt.
  4. Pflichtteilsberechtigt sind die Kinder des Erblassers sowie der Ehegatte/die Ehegattin bzw. (auch gleichgeschlechtliche) Lebenspartner, sofern sie durch das Testament des Erblassers von dem Erbe ausgeschlossen sind.
  5. Verstirbt der Erblasser, ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen, sind auch noch lebende Elternteile pflichtteilsberechtigt.

Zu den Autoren

LF
Dr. Lutz Förster

Rechtsanwalt und Spezialist für Erbrecht in eigener Kanzlei in Brühl. Als führender Experte ist er als Autor und Dozent für erb- und stiftungsrechtliche Themen tätig.

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Robert Brütting

Rechtsanwalt in Nürnberg und Fachjournalist Recht sowie Redakteur beim DATEV magazin

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