Attraktive Kanzlei - 24. April 2014

Was für meine Leute zählt

In prosperierenden Zeiten sind gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter schwer zu finden. Sie dann auch zu halten, hängt von vielen Modalitäten ab, nicht zuletzt aber vom Kanzleiinhaber selbst.

Leute, die ihren Beruf lieben, machen eine ständige Verjüngungskur durch.“ Dieses Zitat des Journalisten Joseph Wechsberg beschreibt sehr gut die Situation der steuerberatenden Berufe. Denn nur die persönliche Freude am Beruf macht ihn auch attraktiv.
Für die Mitarbeiter und potenzielle Kanzleinachfolger gilt es, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und sich mit einem modernen Image offensiv zu positionieren. DATEV unterstützt bei dieser Aufgabe, sie bleibt aber individuell abhängig vom Standort der Kanzlei, dem Mandantenstamm, der Kanzleiphilosophie und nicht zuletzt vom Kanzleiinhaber, also dem Berater, selbst.

Individuelle Wege gehen und gehen lassen

Nur die persönliche Freude am Beruf macht ihn auch attraktiv.

Um die Identifikation mit der Kanzlei zu erhöhen, lege ich großen Wert darauf, dass meine Mitarbeiter in internen und externen Schulungen, Seminaren und Kollegentreffen ihre zumeist in meiner Kanzlei erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten vertiefen. In der täglichen Postbesprechung werden darüber hinaus reale Sachverhalte vorgetragen und Aufgaben zugewiesen, wobei bereits im Vorfeld Lösungsvorschläge erarbeitet werden.
Um meinen Mitarbeitern die vielfältigen Aufgaben im Steuerfach aufzuzeigen, verzichte ich bewusst auf einzelne Teams aus Buchführung, Lohn oder Jahresabschluss. Jeder betreut umfassend seinen Mandantenstamm. Das befähigt ihn zur selbstständigen Bearbeitung von Sachverhalten und sensibilisiert ihn für mögliche Vorkommnisse, die der Mandant gegebenenfalls noch gar nicht kennt oder einschätzen kann. Durch diese eigenständige und umfängliche Mandantenbetreuung streben meine Mitarbeiter nach noch mehr Wissen und Verantwortung – aus eigenem Antrieb. In der Regel bilden sie sich zum Steuerfachwirt weiter. Ich unterstütze das Fortkommen, indem ich arbeitsvertraglich die Übernahme der Seminarkosten vereinbare. Natürlich begleite ich die Fortbildung auch fachlich und gewähre Lernurlaub. Ebenso ermuntere ich meine Mitarbeiter dazu, Steuerberater zu werden. Allerdings beschreiten nur wenige aufgrund privater und persönlicher Lebensplanungen diesen Weg. Bisher habe ich drei ehemalige Mitarbeiter erfolgreich bis zur Steuerberaterprüfung begleitet. Steuerfachwirte und Steuerberater erwartet selbstverständlich eine höhere Verantwortung, aber auch eine dieser Verantwortung adäquate Vergütung.

Über dem Durchschnitt

Eine über dem Durchschnittswert liegende Vergütung meiner Mitarbeiter ist für mich selbstverständlich. Das Sparen am Mitarbeiter zugunsten einer Honorarminderung beim Mandanten ist der falsche Weg. Mitarbeiterbindung geht allerdings weit über das Finanzielle hinaus. Wichtig ist es, ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl zu erzeugen. Das leben wir über den Kanzleialltag hinaus mit Betriebsausflügen zu besonderen kanzleibezogenen Anlässen, mit Weihnachtsfeiern, die aufgrund des Arbeitsaufwandes zum Jahreswechsel im Frühjahr stattfinden, Mitarbeiterbesprechungen im Rahmen eines gemeinsamen Mittagessens und anderen Leistungen, wie der Übernahme der Kosten für den Besuch eines Fitnesscenters. Die Fluktuation in meiner Kanzlei ist daher auch sehr gering und nur beeinflusst von den persönlichen Lebensplanungen.

Weiß das auch jemand dort draußen?

Die Außendarstellung der Kanzlei über ein einheitliches Erscheinungsbild dient nicht nur der Mandantenansprache. Selbst der integrierte Dienstleistungskatalog auf meiner Kanzlei-Homepage führte bereits zu Anfragen nach einer Arbeitsstelle. Ein eindeutiges Kanzleiprofil schätzen nicht nur Dienstleistungssuchende, sondern zeichnet potenziellen Mitarbeitern ein erstes Bild von der Kanzlei und hilft bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers.
Mag die Außendarstellung auch noch so gelungen sein, macht sich der Fachkräftemangel doch bemerkbar. Gerade in Perioden wirtschaftlichen Aufschwungs sind gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter nur schwer zu finden, gerade in Regionen fernab der Ballungszentren. Konnten Arbeitgeber über Jahrzehnte ihre Auszubildenden und Mitarbeiter aus einer großen Zahl gut qualifizierter Bewerber wählen, hat sich das Bild in vielen Branchen und Regionen inzwischen gewandelt. Dass trotzdem etliche junge Leute keine Lehrstelle finden, obwohl Kanzleien und Unternehmen händeringend Nachwuchs suchen, erklären viele Arbeitgeber vor allem mit der mangelnden Eignung vieler Bewerber.
Denn nicht nur die Kanzlei muss sich für potenzielle Bewerber und Mitarbeiter attraktiver aufstellen, auch müssen Berufsanfänger ein gewisses Know-how und eine Vorbildung mitbringen, um der anspruchsvollen Kanzleiarbeit gewachsen zu sein. Uns Kanzleiinhabern und unseren Mitarbeitern fehlt schlicht die Zeit, um jungen Menschen bei mangelnder schulischer Vorbildung Unterstützung durch Nachhilfe anzubieten. Wichtig und unverzichtbar ist eine gute Allgemeinbildung eines Auszubildenden. Und die muss er bereits mitbringen. Genauso entscheidend wie die Qualität einer allgemeinbildenden Schule ist weiterführend eine zeitgemäße Ausbildung in der Berufsschule. Ausschlaggebend sind dabei nicht nur Bestnoten, sondern vor allem auch soziale und kognitive Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Neugier, Begeisterungsfähigkeit, Ausdauer und Pflichtbewusstsein. Ich beobachte auch immer wieder, wie entscheidend der familiäre Rückhalt und Einfluss bei jungen Erwachsenen und Berufsanfängern ist. Denn die Familie ist der erste Ratgeber in der beruflichen Findungsphase.
Wenn alle Voraussetzungen gegeben sind, die Steuerberatung sich zudem noch als attraktives und anspruchsvolles Betätigungsfeld darstellen kann, dürfte der Blick in die Zukunft gar nicht mehr so düster sein.

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Die Quote der selbstständigen Steuerberater sinkt. Wird der Berufsstand immer unattraktiver? Wie sich Bernd Schwickert gegen diesen Trend stemmt, sehen Sie im Video.

Zum Autor

Bernd Schwickert

ver­ei­digter Buch­prüfer und Steuer­be­rater in einer wirt­schafts­be­ratend aus­ge­rich­teten Ein­zel­kanzlei mit vier Mit­ar­beitern und einem Auszubildenden

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