Fast Close - 19. August 2013

Unternehmensprozesse richtig regeln

Die Adressaten des Jahresabschlusses erwarten, dass dieser möglichst frühzeitig aufgestellt wird. Die Qualität der Informationen darf sich dennoch nicht verschlechtern.

Nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 Handelsgesetzbuch (HGB) ist der Jahres­abschluss von Kapital­gesell­schaften und be­stimmter Personen­handels­gesell­schaften inner­halb der ersten drei Monate des Geschäfts­jahres für das ver­gangene Geschäfts­jahr auf­zu­stellen; § 264 Abs. 1 Nr. 4 HGB ver­längert diese Frist für kleine Gesell­schaften auf sechs Monate. Diese Fristen werden jedoch viel­fach von den Adressaten des Jahres­ab­schlusses (Gesell­schafter, Banken, Kapital­markt­teilnehmer) für zu lang ge­halten, weil die im Jahres­ab­schluss ent­haltenen In­for­mationen umso nütz­licher sind, je früher sie zur Ver­fügung stehen. Gleiches gilt zu­nehmend auch für das Unter­nehmen selber, wenn es Jahres­abschluss­in­formationen zur Unte­rnehmens­steuerung ver­wenden will. Anderer­seits sind zeit­nah bereit­ge­stellte Daten häufig weniger zu­ver­lässig, wenn sie not­wendiger­weise in größerem Umfang auf Schätz­ungen beruhen.

Die Umsetzung eines Fast-Close-Projektes bedarf der Justierung einer Vielzahl von Stellschrauben.

Um dieses Dilemma auf­zu­lösen, sind umfang­reiche Opti­mierungen und Rational­isierungen der Ab­schluss­er­stellung er­forder­lich, die insgesamt unter dem Stich­wort Fast Close be­schrieben werden. Fast Close be­trifft dabei nicht nur den Jahres­abschluss, sondern ge­gebenen­falls auch Halbjahres- oder Quartals­ab­schlüsse des Unter­nehmens. In Konzernen müssen auch die Tochter­gesell­schaften in den Prozess ein­bezogen werden.
Die Um­setzung eines Fast-Close-Projektes bedarf einer genauen Planung und er­fordert die Justierung einer Viel­zahl von unter­nehmens­indi­viduellen Stell­schrauben.

Planungsprozess

Für einen Jahresabschluss werden eine Vielzahl von Unterlagen und Daten aus allen Bereichen des Unternehmens benötigt. Es sind daher zunächst die Informationsanforderungen festzulegen und mit Terminen zu versehen. Sinnvollerweise wird dabei, ausgehend von dem Endtermin des Abschlusses, festgelegt, wann die jeweiligen Informationen spätestens vorliegen müssen. Im Konzern werden die Informationen von unten nach oben zur Verfügung gestellt. Der Konzernabschluss kann erst dann aufgestellt werden, wenn die Arbeiten an den Einzelabschlüssen sämtlicher Konzerngesellschaften abgeschlossen sind. Es ist ein Termin festzulegen, bis zu dem sämtliche Buchungen der Konzerngesellschaften abgeschlossen sein müssen.
Im Rahmen der Projektplanung sollte auch darüber nachgedacht werden, welche Abschlussarbeiten bereits vor dem eigentlichen Abschlussstichtag durchgeführt oder zumindest vorbereitet werden können. Dies ist gerade dann sinnvoll, wenn sich zwischen dem Zeitpunkt dieser Arbeiten und dem Bilanzstichtag (voraussichtlich) keine wesentlichen Mengen- und Wertänderungen der Bilanzposition mehr ergeben, beispielsweise bei der Bilanzierung von Anlagevermögen und der Bewertung von Forderungen. Kommt es später doch noch zu Änderungen, können die betroffenen Abschlussposten verhältnismäßig leicht und ohne großen Zeitaufwand nachträglich angepasst werden.

Prozessanpassungen

Hindernisse bei der Umsetzung des Fast Close ergeben sich häufig schon aus dem all­täglichen Buchungs­geschäft. Werden beispiels­weise eingehende Rechnungen nicht umgehend gebucht, können Ver­zögerungen bei der Abstimmung des Material­aufwandes entstehen. Es sind daher Regelungen zu schaffen, nach denen auftretende Differenzen und Probleme zeitnah noch während der Berichts- oder Buchungs­periode geklärt werden. Im Rahmen der Prozess­an­passungen kann auch geprüft werden, ob bestimmte Ab­schluss­infor­mationen früher und weniger fehler­behaftet als bisher erlangt werden können. Eine Schlüssel­rolle kommt in diesem Zusammenhang dem internen Kontroll­system des Unternehmens (IKS) zu. So ist zum Beispiel sicher­zustellen, dass der Datentransfer zwischen den im Unternehmen eingesetzten IT-Systemen reibungslos und ohne zeitliche Verzögerungen funktioniert. Im Übrigen bestimmen Art und Güte der internen Kontrollen die Qualität der im Abschluss zu verarbeitenden Daten. Wird beispielsweise schon durch die System­kon­figuration sicher­gestellt, dass Aufwendungen und Erträge perioden­gerecht erfasst werden (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) oder das Realisationsprinzip eingehalten wird (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 HGB), können solche Ab­grenzungs­arbeiten bei der Erstellung des Abschlusses entfallen. Die internen Kontrollen tragen dazu bei, mögliche Fehler und zeit­raubende Rückfragen zu minimieren.

Ansatz- und Bewertungsverfahren

Eine weitere Beschleunigung des Abschluss­­prozesses kann dadurch erreicht werden, dass die Mengen- und Wert­­er­mittlungs­­verfahren geprüft und ge­gebenen­­falls verändert werden, beispiels­­weise die Umstellung der Stich­­tags­­inventur auf eine permanente Inventur. So könnten die Inventu­­rdaten am Jahresende unmittelbar zur Verfügung stehen und die physische Be­stands­­aufnahme über die Berichts­­periode verteilt werden.
Bei der Bewertung einzelner Bilanz­positionen sollte geprüft werden, inwieweit Be­wertungs­verfahren mit dem Ziel der Be­schleuni­gung der Abschluss­er­stellung geändert werden können, ohne dass es hierbei zu Infor­mations­ver­lusten kommt. Bei den Kostenarten, die im Laufe eines Jahres mehr oder weniger konti­nuier­lich anfallen, ist es möglich, diese Posten vor dem eigent­lichen Ab­schluss­stichtag system­technisch zu schließen und die fehlenden Beträge im Rahmen der Abschluss­erstellung hinzu­zu­schätzen. Es wird klar, dass mit solchen Verein­fachungen möglicher­weise der Infor­mations­gehalt des Abschlusses be­ein­trächtigt wird. Schon deswegen, weil sich der so­genannte Wert­er­hellungs­zeit­raum, innerhalb dessen Ereignisse nach dem Stichtag noch für die Bewertung der am Stichtag ge­gebenen Sach­verhalte herangezogen werden können (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 HGB), oftmals drastisch verkürzt. Davon besonders betroffen sind die Gewähr­leistungs- und Garantie­rück­stellungen, da Gewähr­leistungs­fälle abhängig von den Gewähr­leistungs­fristen oftmals erst lange nach dem Stichtag hinreichend genau ein­ge­schätzt werden können. Hier müssen dann Schätz­ver­fahren zum Einsatz kommen, die auf Er­fahrungs­werten aus der Ver­gangen­heit beruhen. Inwie­weit der damit verbundene Genauig­keits­verlust akzeptabel ist, kann bereits unter­jährig im Rahmen des Projektes anhand von Modell­rechnungen geklärt werden.

Fazit

Beim Fast Close werden die Schwachstellen aufgedeckt und beseitigt, die einer zeitnahen Rechnungslegung entgegenstehen.

Beim Fast Close werden zunächst die Schwach­stellen auf­gedeckt und beseitigt, die einer zeitnahen Rechnungs­legung ent­gegenstehen. Der gesamte Infor­mations­fluss zur Er­stellung eines Ab­schlusses wird offen­gelegt, sach­gerecht doku­mentiert und auf einzelne Verant­wort­liche verteilt. Gleich­zeitig wird auch das rechnungs­legungs­bezogene IKS-System des Unter­nehmens einer umfassenden Analyse und Ver­besserung unterzogen. Angewandte Ansatz- und Be­wertungs­verfahren werden auf den Prüfstand gestellt und ge­gebenen­falls angepasst. Der Lohn dieser Mühe zeigt sich in einer Ver­ringerung des Personal­aufwandes und der Kosten der Abschluss­er­stellung und natürlich in einer Verkürzung der Abschluss­erstellung. Letztere führt zu einem für die Unter­nehmens­leitung besser – weil zeitnäher – verwendbaren Controlling-Instrument und stellt die für die Abschluss­erstellung verwendeten personellen und sachlichen Kapazitäten früher wieder für das Geschäft der laufenden Periode zur Verfügung. Entschließt sich ein Unternehmen dazu, neben dem Jahresabschluss weitere (Quartals- oder Monats-)Abschlüsse zu erstellen, können diese überhaupt nur mit Fast-Close-Instrumenten sinnvoll erstellt werden. Externen Adressaten können die Finanzinformationen ebenfalls früher zur Verfügung gestellt werden, was beispielsweise im Banken-Rating als positiv vermerkt wird.
Nicht zuletzt bringt ein erfolgreich umgesetztes Fast-Close-Projekt auch Nutzen für den mit der Prüfung des Jahresabschlusses beauftragten Wirtschaftsprüfer. Die mit solchen Projekten einhergehende Verbesserung der internen Kontroll- und Abschlusserstellungssysteme kann zu einer Verringerung der besonders zeit- und kostenintensiven aussagebezogenen Prüfungshandlungen führen. Allerdings stehen den Aufwendungen für erforderliche Prüfungen die in dem Unternehmen implementierten Systeme gegenüber. Diese können aber weniger zeitkritisch in Zeiträume noch vor dem Abschlussstichtag verlegt werden. Inwieweit diese Vorteile eines Fast Close durch einen Verlust an Genauigkeit des Abschlusses erkauft werden müssen, ist Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich dürfte dieser Verlust umso größer sein, je stärker die Zeit für die Erstellung des Abschlusses nach dem Abschlussstichtag komprimiert wird. Dem kann allerdings durch eine optimierte Planung des Abschlussprozesses sowie geeignete Schätzung von noch unklaren Positionen entgegengewirkt werden. Deshalb führt ein sauber erstellter Fast Close zu Vorteilen für alle Adressaten des Abschlusses – eine echte Win-win-Situation.

Zum Autor

Wolf Achim Tönnes

Diplom-Kaufmann, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner der HLB Dr. Schumacher & Partner GmbH WPG/StBG. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich unter anderem auf die Wirtschaftsprüfung sowie die Beratung von Mandanten in Fragen der Bilanzierung und Rechnungslegung.

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