Die Adressaten des Jahresabschlusses erwarten, dass dieser möglichst frühzeitig aufgestellt wird. Die Qualität der Informationen darf sich dennoch nicht verschlechtern.
Nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 Handelsgesetzbuch (HGB) ist der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften und bestimmter Personenhandelsgesellschaften innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen; § 264 Abs. 1 Nr. 4 HGB verlängert diese Frist für kleine Gesellschaften auf sechs Monate. Diese Fristen werden jedoch vielfach von den Adressaten des Jahresabschlusses (Gesellschafter, Banken, Kapitalmarktteilnehmer) für zu lang gehalten, weil die im Jahresabschluss enthaltenen Informationen umso nützlicher sind, je früher sie zur Verfügung stehen. Gleiches gilt zunehmend auch für das Unternehmen selber, wenn es Jahresabschlussinformationen zur Unternehmenssteuerung verwenden will. Andererseits sind zeitnah bereitgestellte Daten häufig weniger zuverlässig, wenn sie notwendigerweise in größerem Umfang auf Schätzungen beruhen.
Die Umsetzung eines Fast-Close-Projektes bedarf der Justierung einer Vielzahl von Stellschrauben.
Um dieses Dilemma aufzulösen, sind umfangreiche Optimierungen und Rationalisierungen der Abschlusserstellung erforderlich, die insgesamt unter dem Stichwort Fast Close beschrieben werden. Fast Close betrifft dabei nicht nur den Jahresabschluss, sondern gegebenenfalls auch Halbjahres- oder Quartalsabschlüsse des Unternehmens. In Konzernen müssen auch die Tochtergesellschaften in den Prozess einbezogen werden.
Die Umsetzung eines Fast-Close-Projektes bedarf einer genauen Planung und erfordert die Justierung einer Vielzahl von unternehmensindividuellen Stellschrauben.
Planungsprozess
Für einen Jahresabschluss werden eine Vielzahl von Unterlagen und Daten aus allen Bereichen des Unternehmens benötigt. Es sind daher zunächst die Informationsanforderungen festzulegen und mit Terminen zu versehen. Sinnvollerweise wird dabei, ausgehend von dem Endtermin des Abschlusses, festgelegt, wann die jeweiligen Informationen spätestens vorliegen müssen. Im Konzern werden die Informationen von unten nach oben zur Verfügung gestellt. Der Konzernabschluss kann erst dann aufgestellt werden, wenn die Arbeiten an den Einzelabschlüssen sämtlicher Konzerngesellschaften abgeschlossen sind. Es ist ein Termin festzulegen, bis zu dem sämtliche Buchungen der Konzerngesellschaften abgeschlossen sein müssen.
Im Rahmen der Projektplanung sollte auch darüber nachgedacht werden, welche Abschlussarbeiten bereits vor dem eigentlichen Abschlussstichtag durchgeführt oder zumindest vorbereitet werden können. Dies ist gerade dann sinnvoll, wenn sich zwischen dem Zeitpunkt dieser Arbeiten und dem Bilanzstichtag (voraussichtlich) keine wesentlichen Mengen- und Wertänderungen der Bilanzposition mehr ergeben, beispielsweise bei der Bilanzierung von Anlagevermögen und der Bewertung von Forderungen. Kommt es später doch noch zu Änderungen, können die betroffenen Abschlussposten verhältnismäßig leicht und ohne großen Zeitaufwand nachträglich angepasst werden.
Prozessanpassungen
Hindernisse bei der Umsetzung des Fast Close ergeben sich häufig schon aus dem alltäglichen Buchungsgeschäft. Werden beispielsweise eingehende Rechnungen nicht umgehend gebucht, können Verzögerungen bei der Abstimmung des Materialaufwandes entstehen. Es sind daher Regelungen zu schaffen, nach denen auftretende Differenzen und Probleme zeitnah noch während der Berichts- oder Buchungsperiode geklärt werden. Im Rahmen der Prozessanpassungen kann auch geprüft werden, ob bestimmte Abschlussinformationen früher und weniger fehlerbehaftet als bisher erlangt werden können. Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang dem internen Kontrollsystem des Unternehmens (IKS) zu. So ist zum Beispiel sicherzustellen, dass der Datentransfer zwischen den im Unternehmen eingesetzten IT-Systemen reibungslos und ohne zeitliche Verzögerungen funktioniert. Im Übrigen bestimmen Art und Güte der internen Kontrollen die Qualität der im Abschluss zu verarbeitenden Daten. Wird beispielsweise schon durch die Systemkonfiguration sichergestellt, dass Aufwendungen und Erträge periodengerecht erfasst werden (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) oder das Realisationsprinzip eingehalten wird (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 HGB), können solche Abgrenzungsarbeiten bei der Erstellung des Abschlusses entfallen. Die internen Kontrollen tragen dazu bei, mögliche Fehler und zeitraubende Rückfragen zu minimieren.
Ansatz- und Bewertungsverfahren
Eine weitere Beschleunigung des Abschlussprozesses kann dadurch erreicht werden, dass die Mengen- und Wertermittlungsverfahren geprüft und gegebenenfalls verändert werden, beispielsweise die Umstellung der Stichtagsinventur auf eine permanente Inventur. So könnten die Inventurdaten am Jahresende unmittelbar zur Verfügung stehen und die physische Bestandsaufnahme über die Berichtsperiode verteilt werden.
Bei der Bewertung einzelner Bilanzpositionen sollte geprüft werden, inwieweit Bewertungsverfahren mit dem Ziel der Beschleunigung der Abschlusserstellung geändert werden können, ohne dass es hierbei zu Informationsverlusten kommt. Bei den Kostenarten, die im Laufe eines Jahres mehr oder weniger kontinuierlich anfallen, ist es möglich, diese Posten vor dem eigentlichen Abschlussstichtag systemtechnisch zu schließen und die fehlenden Beträge im Rahmen der Abschlusserstellung hinzuzuschätzen. Es wird klar, dass mit solchen Vereinfachungen möglicherweise der Informationsgehalt des Abschlusses beeinträchtigt wird. Schon deswegen, weil sich der sogenannte Werterhellungszeitraum, innerhalb dessen Ereignisse nach dem Stichtag noch für die Bewertung der am Stichtag gegebenen Sachverhalte herangezogen werden können (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 HGB), oftmals drastisch verkürzt. Davon besonders betroffen sind die Gewährleistungs- und Garantierückstellungen, da Gewährleistungsfälle abhängig von den Gewährleistungsfristen oftmals erst lange nach dem Stichtag hinreichend genau eingeschätzt werden können. Hier müssen dann Schätzverfahren zum Einsatz kommen, die auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit beruhen. Inwieweit der damit verbundene Genauigkeitsverlust akzeptabel ist, kann bereits unterjährig im Rahmen des Projektes anhand von Modellrechnungen geklärt werden.
Fazit
Beim Fast Close werden die Schwachstellen aufgedeckt und beseitigt, die einer zeitnahen Rechnungslegung entgegenstehen.
Beim Fast Close werden zunächst die Schwachstellen aufgedeckt und beseitigt, die einer zeitnahen Rechnungslegung entgegenstehen. Der gesamte Informationsfluss zur Erstellung eines Abschlusses wird offengelegt, sachgerecht dokumentiert und auf einzelne Verantwortliche verteilt. Gleichzeitig wird auch das rechnungslegungsbezogene IKS-System des Unternehmens einer umfassenden Analyse und Verbesserung unterzogen. Angewandte Ansatz- und Bewertungsverfahren werden auf den Prüfstand gestellt und gegebenenfalls angepasst. Der Lohn dieser Mühe zeigt sich in einer Verringerung des Personalaufwandes und der Kosten der Abschlusserstellung und natürlich in einer Verkürzung der Abschlusserstellung. Letztere führt zu einem für die Unternehmensleitung besser – weil zeitnäher – verwendbaren Controlling-Instrument und stellt die für die Abschlusserstellung verwendeten personellen und sachlichen Kapazitäten früher wieder für das Geschäft der laufenden Periode zur Verfügung. Entschließt sich ein Unternehmen dazu, neben dem Jahresabschluss weitere (Quartals- oder Monats-)Abschlüsse zu erstellen, können diese überhaupt nur mit Fast-Close-Instrumenten sinnvoll erstellt werden. Externen Adressaten können die Finanzinformationen ebenfalls früher zur Verfügung gestellt werden, was beispielsweise im Banken-Rating als positiv vermerkt wird.
Nicht zuletzt bringt ein erfolgreich umgesetztes Fast-Close-Projekt auch Nutzen für den mit der Prüfung des Jahresabschlusses beauftragten Wirtschaftsprüfer. Die mit solchen Projekten einhergehende Verbesserung der internen Kontroll- und Abschlusserstellungssysteme kann zu einer Verringerung der besonders zeit- und kostenintensiven aussagebezogenen Prüfungshandlungen führen. Allerdings stehen den Aufwendungen für erforderliche Prüfungen die in dem Unternehmen implementierten Systeme gegenüber. Diese können aber weniger zeitkritisch in Zeiträume noch vor dem Abschlussstichtag verlegt werden. Inwieweit diese Vorteile eines Fast Close durch einen Verlust an Genauigkeit des Abschlusses erkauft werden müssen, ist Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich dürfte dieser Verlust umso größer sein, je stärker die Zeit für die Erstellung des Abschlusses nach dem Abschlussstichtag komprimiert wird. Dem kann allerdings durch eine optimierte Planung des Abschlussprozesses sowie geeignete Schätzung von noch unklaren Positionen entgegengewirkt werden. Deshalb führt ein sauber erstellter Fast Close zu Vorteilen für alle Adressaten des Abschlusses – eine echte Win-win-Situation.