Konjunkturpaket 2020 - 10. Juli 2020

Überbrückungshilfen: Der Startschuss ist gefallen

Zu den Überbrückungshilfen wurden am 8. Juli 2020 neue, entscheidende Details bekannt gegeben. Ab sofort ist auch die erforderliche Registrierung der prüfenden Dritten –Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer – möglich. Der Beitrag erläutert die wichtigsten Regelungen sowie Abweichungen und Ergänzungen gegenüber der bisher bekannten Planung.

Mit den Überbrückungshilfen soll die wirtschaftliche Existenz von KMU und Selbstständigen gesichert werden, die aufgrund der Corona-Krise erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Es können die fixen Betriebskosten, die dem Unternehmen für die Monate Juni bis August 2020 entstehen, teilweise erstattet werden. Ihre Mitwirkung als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer ist Voraussetzung für die Förderung.

Praxistipp: Abweichend vom Eckpunktepapier wird es keine nachträgliche Aufstockung der Förderung geben, wenn Umsatzeinbruch und/oder Fixkosten zu niedrig geschätzt wurden. Unverändert besteht jedoch eine Rückzahlungsverpflichtung, wenn Umsatzeinbruch und Förderquote zu hoch angesetzt wurden. Darauf sollte der Mandant hingewiesen werden.

1. Antragstellung

Die Antragstellung kann nur durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer (prüfende Dritte) erfolgen. Dazu muss sich der Berater zunächst beim BMWi registrieren lassen. Die Registrierung für Berater ist ab sofort möglich. Nach Aussage des BMWi wird die erstmalige Beantragung im Portal voraussichtlich ab Montag, dem 13. Juli 2020 möglich sein.

Dazu wird eine E-Mail-Adresse zur Bestätigung der Berufsträgereigenschaft benötigt. Diese wird mit den amtlichen Verzeichnissen der Kammern abgeglichen.


Praxistipp: Prüfen Sie, ob Ihre E-Mail-Adresse Ihrer zuständigen Kammer vorliegt und auch mit Ihrer aktuellen Anschrift korrespondiert. Eine Anleitung dazu finden Sie im aktuellen Schreiben Ihrer zuständigen Steuerberaterkammer.

2. Antragsberechtigte Unternehmen und Selbstständige

Antragsberechtigt sind:

  • Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche, die dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig sind. Gefördert werden auch gemeinnützige Unternehmen beziehungsweise Sozialunternehmen, Organisationen und Vereine.
  • Selbstständige, Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der freien Berufe im Haupterwerb. Haupterwerb liegt vor, wenn in 2019 mindestens 51 Prozent der Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit stammen.

Nicht antragsberechtigt sind:

  • Unternehmen, die sich laut EU-Definition zum 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und deren wirtschaftliche Situation sich vor der Corona-Pandemie nicht verbessert hat.
  • Unternehmen, die erst nach dem 31. Oktober 2019 gegründet wurden.
  • Öffentliche Unternehmen, auch wenn sie gemeinnützig sind (Ausnahme: Bildungseinrichtungen der Selbstverwaltung der Wirtschaft in der Rechtsform von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Bildungseinrichtungen der Kammern, Kreishandwerkerschaften oder Innungen sind antragsberechtigt.).
  • Unternehmen, die nicht bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind oder keine inländische Betriebsstätte oder inländischen Sitz haben.
  • Unternehmen, die sich für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds qualifizieren. (Das schließt Unternehmen aus, die in den letzten beiden bereits bilanziell abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem 1. Januar 2020 mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt haben: Bilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro, mehr als 50 Millionen Euro Umsatzerlöse, mehr als 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.)

Praxistipp: Um die wirtschaftliche Situation per 31. Dezember 2019 oder das Nichtvorliegen einer Insolvenz zu bestätigen, bedarf es Informationen, die über das Rechnungswesen hinausreichen. Vor allem bei neuen Mandaten können dabei folgende Angebote unterstützen, um den Prozess zu beschleunigen und zusätzlich durch Dokumentation abzusichern:

  • Schufa-B2B-Fördergeldauskunft: Sie können als DATEV-Mitglied ab sofort direkt auf die SCHUFA-B2B-Fördergeldauskunft zugreifen (kostenpflichtig).
  • Creditreform Bonitätsnachweis 2019: Das Unternehmen kann mit dieser kostenfreien Selbstauskunft selbst einen Nachweis beisteuern.

3. Fördervoraussetzung Umsatzeinbruch April und Mai

Die Förderung besteht, wenn der Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 zusammengenommen um mindestens 60 Prozent gegenüber April und Mai 2019 eingebrochen ist.
Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind statt der Monate April und Mai 2019 die Monate November und Dezember 2019 zum Vergleich heranzuziehen. Bei gemeinnützigen Unternehmen ist statt auf Umsätze auf Einnahmen (einschließlich Spenden und Mitgliedsbeiträge) abzustellen.

Aktualisierung: Unternehmen, die aufgrund der starken saisonalen Schwankung ihres Geschäfts, im April und Mai 2019 weniger als 5 Prozent des Jahresumsatzes 2019 erzielt haben, können von der Bedingung des sechzigprozentigen Umsatzrückgangs freigestellt werden. ked0 List

Praxistipp: In DATEV Kanzlei-Rechnungswesen ist eine Prüfung der Antragsberechtigung möglich. Das Tool Rechnungslegungspflicht wird eine näherungsweise Prüfung auf Mandanten mit Umsatzrückgang von mindestens 60 Prozent unterstützen.

4. Förderhöhe: Umsatzeinbruch Juni, Juli, August

Die Förderung erfolgt durch eine Erstattung der Fixkosten des Unternehmens. Sie wird für jeden Monat (Juni, Juli, August) gesondert berechnet. Die Höhe der Überbrückungshilfe hängt von der Höhe des Umsatzeinbruchs im Förderzeitraum (Juni bis August) gegenüber dem Vorjahresmonat ab. Wenn Ihr Mandant das Unternehmen oder seine selbstständige Tätigkeit erst zwischen April 2019 und Oktober 2019 gegründet hat, sind zum Vergleich die Monate Dezember 2019 sowie Januar 2020 und Februar 2020 heranzuziehen.
Es ist also für jeden Monat gesondert eine Prognose vorzunehmen, wie hoch der Umsatzrückgang ausfallen wird. Die Höhe des Umsatzrückgangs bestimmt, in welcher Höhe die Fixkosten erstattet werden:

Liegt der Umsatz in einzelnen Fördermonaten bei wenigstens 60 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats, entfällt die Überbrückungshilfe anteilig für den jeweiligen Fördermonat.

Praxistipp: Nutzer von DATEV Kanzlei-Rechnungswesen werden mit einer Vorbelegung mit Daten aus der Finanzbuchführung bei der Ermittlung der Förderquote weitgehend unterstützt. Auch die geforderte Nachbearbeitung sowie eine manuelle Erfassung der antragsrelevanten Daten ist dort möglich.

5. Bemessungsgrundlage: Fixkosten

Förderfähig sind folgende Fixkosten:

  • Nr. 1: Mieten und Pachten für Gebäude, Grundstücke und Räumlichkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen. Kosten für Privaträume sind nicht förderfähig.
  • Nr. 2: weitere Mietkosten
  • Nr. 3: Zinsaufwendungen für Kredite und Darlehen
  • Nr. 4: Finanzierungskostenanteil von Leasingraten
  • Nr. 5: Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV
  • Nr. 6: Ausgaben für Elektrizität, Wasser, Heizung, Reinigung und Hygienemaßnahmen
  • Nr. 7: Grundsteuern
  • Nr. 8: Betriebliche Lizenzgebühren
  • Nr. 9: Versicherungen, Abonnements und andere feste Ausgaben
  • Nr. 10: Kosten für Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, die im Rahmen der Beantragung der Corona-Überbrückungshilfe anfallen.
  • Nr. 11: Kosten für Auszubildende
  • Nr. 12: Personalaufwendungen im Förderzeitraum, die nicht von Kurzarbeitergeld erfasst sind, werden pauschal mit 10 Prozent der Fixkosten der Ziffern 1 bis 10 gefördert. Lebenshaltungskosten oder ein Unternehmerlohn sind nicht förderfähig.
  • Nr. 13: Um der besonderen Betroffenheit der Reisebüros angemessen Rechnung zu tragen, sind auch Provisionen, die Inhaber von Reisebüros den Reiseveranstaltern aufgrund Corona-bedingter Stornierungen zurückgezahlt haben, den Fixkosten nach Nr. 1 bis 12 gleichgestellt.

Die Fixkosten der Ziffern 1 bis 9 müssen vor dem 1. März 2020 begründet worden sein. Für jeden Monat sind die Fixkosten gesondert zu ermitteln. Anhand der für den Monat errechneten Förderquote ist dann die Höhe der Förderung monatsweise zu berechnen. Ausnahme: Das Honorar für die Antragstellung wird mit der Förderquote für den ersten Fördermonat gefördert. Zahlungen für Fixkosten, die an verbundene Unternehmen (etwa im Rahmen einer Betriebsaufspaltung) oder an Unternehmen gehen, die im Eigentum oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss derselben Person oder desselben Unternehmens stehen, sind nicht förderfähig.

Praxistipp: Im Rahmen der Antragstellung sind Berechnungen und Prognosen zu Umsätzen und Fixkosten erforderlich. Dazu finden Sie DATEV Lösungen im Tool Rechnungslegungspflicht und in Kanzlei-Rechnungswesen. Eine Schritt für Schritt Anleitung, die Sie durch das Programm führt, finden Sie im Lexinform Dok.-Nr.: 1018037.
Auch hat DATEV hier ein Excel-Tool zur Verfügung gestellt (manuelle Erfassung), um einen konkreten Antrag überschlägig zu berechnen.

6. Deckelung der Förderung

Nach Berechnung der Überbrückungshilfe durch Ermittlung von Förderquote und förderfähigen Fixkosten für jeden einzelnen Fördermonat sind die Grenzen der Regelförderung zu beachten. Diese Grenzen beziehen sich auf den gesamten Förderzeitraum von Juni bis August.

Als Beschäftigtenzahl wird die Zahl der Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenten zum Stichtag 29. Februar 2020 zugrunde gelegt. Bei verbundenen Unternehmen werden die Beschäftigten der einzelnen Unternehmen zusammen berücksichtigt.

7. Höhere Förderung in begründete Ausnahmefällen

Die Regelförderung kann in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden. Ein begründeter Ausnahmefall liegt vor, wenn die auf Basis der Fixkosten errechnete Überbrückungshilfe mindestens doppelt so hoch ist, wie der maximale Erstattungsbetrag. Dann werden über die Regelförderung noch nicht berücksichtigte Fixkosten teilweise erstattet.

Praxistipp: In Kanzlei-Rechnungswesen wird neben der Förderhöhe auch die Deckelung berücksichtigt und die Berechnung in begründeten Ausnahmefällen behandeln. Diese Auswertung ist auch ein gutes Instrument zur Abstimmung mit Ihrem Mandanten.

Final ist zu beachten, dass die maximale Förderung für den gesamten Förderzeitraum von Juni bis August 150.000 Euro beträgt.

8. Besonderheiten einzelner Bundesländer

Einzelne Bundesländer haben noch zusätzliche Hilfen zur Verfügung gestellt, die mit dem Antrag auf Überbrückungshilfe geprüft und bewilligt werden können. Maßgeblich ist immer das Bundesland, in dem der Antragsteller ertragsteuerlich veranlagt wird.

Praxistipp: Für Mandanten, die in diesen Bundesländern veranlagt werden, werden die dazu relevanten Angaben direkt im Antragsverfahren zur bundeseinheitlichen Überbrückungshilfe abgefragt.

Baden-Württemberg

Auf Antrag wird ein fiktiver Unternehmerlohn von bis zu 1.180 Euro pro Monat berücksichtigt und ausgezahlt.

Mecklenburg-Vorpommern

Das Land Mecklenburg-Vorpommern ergänzt die Überbrückungshilfe des Bundes mit monatlichen Festbeträgen für die Personalaufwendungen für sozialversicherungspflichtig in Betriebsstätten in Mecklenburg-Vorpommern Beschäftigte in Höhe von:

  • 1.000 Euro pro Vollzeitäquivalent bei mehr als 70 Prozent Umsatzrückgang
  • 700 Euro pro Vollzeitäquivalent bei Umsatzrückgang zwischen 50 und 70 Prozent
  • 600 Euro pro Vollzeitäquivalent bei Umsatzrückgang zwischen 40 und unter 50 Prozent

Dabei werden die Personalkosten für Beschäftigte, die teilweise noch in Kurzarbeit sind, anteilig berücksichtigt.

Nordrhein-Westfahlen

Soloselbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit höchstens 50 Mitarbeitern, erhalten – über die Überbrückungshilfe hinaus – eine einmalige Zahlung in Höhe von 1.000 Euro pro Monat für maximal drei Monate als Wirtschaftsförderungsleistung (fiktiver Unternehmerlohn).

Thüringen

Besonders betroffene Dienstleistungsbranchen (wie zum Beispiel das Hotel- und Beherbergungsgewerbe, das Gastgewerbe, die Reise- und Veranstaltungsbranche, Reisebüros, Reiseveranstalter, Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter, Sportdienstleister, sonstige Unterhaltungs- und Erholungsdienstleister, Saunas, Solarien, Bäder etc.) sollen bereits ab einem Umsatzrückgang von 30 Prozent förderfähig sein.
Soloselbstständige, die die Zugangsvoraussetzungen zum Bundesprogramm erfüllen, erhalten zusätzlich einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten in Höhe von 1.180 Euro monatlich für maximal zwei Monate im Geltungszeitraum von Juni bis August 2020.

9. Fristen

Die Anträge sind bis zum 31. August 2020 zu stellen. Neu ist, dass die Einreichung der endgültigen Zahlen nun bis zum 31. Dezember 2021 erfolgen muss.

10. Honorar

Das Honorar für die Antragstellung ist vom Antragsteller zu tragen. Es gehört zu den erstattungsfähigen Fixkosten. Erstattet wird das Honorar mit der Quote für den ersten Fördermonat des Mandanten. Die Erstattung teilt das Schicksal der Gesamtförderung. Stellt sich also im Nachhinein heraus, dass die Förderung reduziert wurde und ganz oder teilweise zurückgezahlt werden muss, gilt dies auch für die darin enthaltene Erstattung für das Honorar.

Praxistipp: Schließen Sie mit Ihrem Mandanten eine Honorarvereinbarung, bevor Sie mit der Antragstellung beginnen. Weisen Sie ihn auf die Erstattungsfähigkeit für das Honorar hin. Trennen Sie zwischen der steuerlichen Beratung und der spezifischen Beratung zum Antrag auf Überbrückungshilfe um eine Zuordnung zu den erstattungsfähigen Fixkosten zu ermöglichen.

Weitere Informationen zur Überbrückungshilfe:

  • Aktuelle Informationen zur Überbrückungshilfe auf datev.de/corona
  • Eine Mandanteninformation, die Ihren Mandanten die Grundzüge der Regelung erläutert und die eine Checkliste zur Vorbereitung der Unterlagen enthält, finden Sie hier.
  • Ein Kompaktwissen zum Konjunkturpaket, das auch weitere Details zur Überbrückungshilfe enthält, finden Sie hier.
  • Informationen des BMWi zur Überbrückungshilfe.
  • Registrierung beim BMWi als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer.

Zur Autorin

Anke Kolb-Leistner

ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht in Vogtsburg im Kaiserstuhl und bei DATEV eG im Bereich Verlagsmedien tätig.

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