Die Familiengesellschaft - 25. März 2021

Weiter voll im Trend

In der Beratungspraxis spielt insbesondere bei wohlhabenden Familien seit jeher die Gründung von Familiengesellschaften eine große Rolle – sowohl als Instrument der Vermögensverwaltung als auch bei der Nachfolge.

Mithilfe des steuerlich interessanten Gestaltungsmittels einer Familiengesellschaft lassen sich beispielsweise Einkünfte der Eltern auf ihre Kinder verlagern, brachliegende Grundfreibeträge ausnutzen oder das Familienvermögen schon zu Lebzeiten steuerlich begünstigt auf die Kinder übertragen. Dabei sind stets die Anforderungen der Finanzverwaltung an die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen zu beachten.

Vermögenserhalt im Familienverbund

Unter der Errichtung einer Familiengesellschaft versteht man gemeinhin die Gründung einer Gesellschaft durch die Eltern sowie die schrittweise Beteiligung deren Kinder an dieser Gesellschaft zur Erhaltung des Vermögens im Familienverbund. Dabei kann das Familienvermögen etwa aus einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb bestehen, einer operativen Gesellschaft oder aus Privatvermögen, das in eine Familiengesellschaft eingebracht wird und dort als Privatvermögen oder (Sonder-)Betriebsvermögen fortbesteht. Neben der Erhaltung des Vermögens im Familienverbund spielen regelmäßig auch steuerliche Motive eine Rolle.

Steuerrechtliche Aspekte

Zunächst einmal geht es darum, die Gesamtsteuerbelastung der Familie zu senken. Häufig haben die Eltern die bestehenden Einkünfte des Familienvermögens allein erzielt und waren dabei einem hohen, wenn nicht gar dem Spitzensteuersatz unterworfen. Durch die Wahl einer transparent besteuerten Gesellschaftsform können die Einkünfte künftig – zumindest teilweise – von den Kindern erzielt werden mit ihrem meist niedrigeren Steuersatz sowie unter Inanspruchnahme des jeweiligen Grundfreibetrags. Darüber hinaus spielen bei der Errichtung einer Familiengesellschaft neben ertragsteuerlichen Effekten regelmäßig auch erbschaft- oder schenkungsteuerliche Aspekte bei der Nachfolgeplanung eine große Rolle. So kann Familienvermögen, das normalerweise erst beim Tod eines oder beider Elternteile auf einmal auf die Kinder übergehen würde, bei einer Familiengesellschaft scheibchenweise bereits als vorweggenommene Erbfolge zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen werden und dadurch die erheblichen erbschaft- oder schenkungsteuerlichen Freibeträge der Kinder in Höhe von 400.000 Euro [§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG)] gemäß § 14 ErbStG unter Umständen sogar mehrfach (alle zehn Jahre) – bereits zu Lebzeiten – ausgenutzt werden, sodass im Erbfall keine Erbschaftsteuer oder nur noch wenig anfällt.

Vorweggenommene Erbfolge

Der erbschaft- oder schenkungsteuerliche Aspekt einer vorweggenommenen Erbfolge kann noch dadurch erweitert werden, dass gegebenenfalls durch Familiengesellschaften begründetes Betriebsvermögen grundsätzlich erbschaftsteuerlich begünstigt ist (§ 13b ErbStG) und somit nach § 13a ErbStG unter Umständen bis zu 100 Prozent schenkungsteuerfrei übertragen werden kann. Voraussetzung ist, dass

  • die Familiengesellschaft einen Gewerbebetrieb unterhält oder
  • für sie eine gewerblich geprägte Rechtsform wie die GmbH & Co. KG gewählt wurde und
  • man das Familienvermögen in diese Gesellschaft einbringt, entweder als Gesamthands- oder als Sonderbetriebsvermögen.

§ 13a Abs. 9 ErbStG sieht unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine extra Steuerbegünstigung nur für Familiengesellschaften vor. Bei Begründung von Sonderbetriebsvermögen ist jedoch stets darauf zu achten, durch die testamentarische Gestaltung für den Erbfall das Auseinanderfallen des Eigentums am Sonderbetriebsvermögen sowie der Inhaberschaft an der Unternehmensbeteiligung auszuschließen. So verhindert man ungewollte Entnahmen und damit die steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven. Dies ist durch einen Gleichlauf von Testament und Nachfolgeklausel im Familiengesellschaftsvertrag sicherzustellen.

Anforderungen der Finanzverwaltung

Da die Gesellschaftsverträge über die Errichtung einer Familiengesellschaft in der Regel Verträge zwischen nahen Angehörigen sind, muss man bei der Strukturierung einer Familiengesellschaft stets die strengen Voraussetzungen der Finanzverwaltung für die Anerkennung solcher Verträge beachten. Ansonsten droht die steuerliche Nichtanerkennung der Familiengesellschaft und damit der Wegfall der geplanten steuerlichen Effekte. Daher müssen die Gesellschaftsverträge zunächst ernsthaft und vor allem zivilrechtlich geschlossen worden sein. Dies bedeutet insbesondere bei der Beteiligung von Minderjährigen die Einbeziehung eines Ergänzungspflegers sowie des Familiengerichts. Der Gesellschaftsvertrag muss ferner klar und eindeutig sein und auch tatsächlich entsprechend der getroffenen Vereinbarung vollzogen werden. Ferner müssen die beteiligten Kinder Mitunternehmer im steuerlichen Sinne werden, also Unternehmerrisiko tragen und Unternehmerinitiative entfalten können. Das bedeutet, dass den Kindern bestimmte Mindestrechte eingeräumt werden müssen, die einem Fremdvergleich standhalten. Ist eine Familiengesellschaft erfolgreich errichtet und sind die Kinder an ihr beteiligt, kann sich im Laufe der Zeit ein Umstrukturierungsbedarf ergeben.

Wechsel der Rechtsform

So kann etwa bei einer Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ein Formwechsel in eine Personengesellschaft und damit ein Wechsel des Besteuerungsregimes zur transparenten Besteuerung sinnvoll sein, wenn die Gesellschaft nur noch Verluste erwirtschaftet, die von der Kapitalgesellschaft nicht mehr genutzt werden können. Umgekehrt kann sich bei einer Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft nach Ablauf etwaiger ertragsteuerlicher Sperrfristen der Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft anbieten, weil der Körperschaftsteuersatz regelmäßig unter dem persönlichen Steuersatz der Familiengesellschafter liegt und die Familiengesellschafter Ausschüttungen regelmäßig nur noch mit dem Abgeltungsteuersatz versteuern müssen – und dies ohne die erbschaftsteuerliche Privilegierung auf das Betriebsvermögen zu verlieren, die auch auf Anteile an Kapitalgesellschaften Anwendung findet. Der Vorteil einer Kapitalgesellschaft ist ferner, dass bei dieser Rechtsform nicht ständig die Gefahr besteht, unter Umständen ungewollt Sonderbetriebsvermögen zu begründen oder zu entnehmen.

Vermögensverwaltung und Genossenschaft

Nach Ablauf etwaiger ertragsteuerlicher Sperrfristen kann auch der Formwechsel einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Familiengesellschaft in eine vermögensverwaltende Gesellschaftsform mit Privatvermögen sinnvoll sein. Auf diese Weise kann man einem späteren, um ein Vielfaches höheren Entnahmegewinn vorbeugen, indem man nur eine etwaige kurzfristig angefallene Wertsteigerung versteuert. In der Praxis eine eher untergeordnete Rolle spielt bisher der Formwechsel einer Familiengesellschaft in eine Genossenschaft. Diese Rechtsform würde sich dabei insbesondere bei Vorliegen von Familienvermögen in Form von vermieteten Immobilien anbieten, da Wohnungsbaugenossenschaften unter bestimmten Voraussetzungen von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind und deren Genossenschaftsanteile steuerlich begünstigt an die Kinder übertragen werden können.

Gewährung von Nießbrauchsrechten

Schließlich kann sich auch die Umstrukturierung von einem Einfamiliengesellschaftssystem in ein Mehrfamiliengesellschaftssystem anbieten. Hat man das Familienvermögen bereits in eine transparent besteuerte Gesellschaft eingebracht und werden die Einkünfte nun nicht mehr nur von den Eltern, sondern auch von den Kindern erzielt, könnte man den erbschaftsteuerlichen Effekt noch dadurch erweitern, dass man einer zweiten Familiengesellschaft ein Nießbrauchsrecht am Familienvermögen der ersten Familiengesellschaft einräumt. Dadurch würden die Einkünfte nun gar nicht mehr von der ersten Familiengesellschaft oder deren Gesellschaftern erzielt, sondern von einer zweiten Familiengesellschaft und von dieser – bei einer Kapitalgesellschaft mit dem günstigen Körperschaftsteuersatz – versteuert. Gleichzeitig würde der Nettowert des Nießbrauchsrechts den erbschaftsteuerlichen Vermögenswert der Familienbesitzgesellschaft im Rahmen der vorweggenommenen Übertragung von Gesellschaftsanteilen mindern. Und die Beteiligung der Kinder an einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Nießbrauchsgesellschaft wäre wiederum nach § 13a ErbStG erbschaftsteuerlich begünstigt. Je nach vorhandenen erbschaftsteuerlichen Freibeträgen könnte man dabei den Nießbrauch zunächst nur quotal gewähren, sodass die Einkünfte aus dem Familienvermögen teilweise von den Familiengesellschaftern, teilweise von der Nießbrauchsgesellschaft erzielt werden. Bei einer derartigen Abspaltung der Einkünfte vom Vermögen oder einer Aufspaltung der Einkünfte zwischen Familiengesellschaftern und Nießbrauchsgesellschaft ist jedoch stets die Gefahr einer Betriebsaufspaltung im Auge zu behalten, die insbesondere beim Halten des Familienvermögens im Privatvermögen zu ungewollten Folgen führen kann.

Verschmelzung auf eine Verlustgesellschaft

Wurden bereits mehrere Familiengesellschaften errichtet, kann es sich schließlich anbieten, eine gewinnträchtige Familiengesellschaft auf eine Verlustkapitalgesellschaft zu verschmelzen, um deren Verluste in der übertragenden Gesellschaft zu nutzen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass auf die Verlustkapitalgesellschaft verschmolzen wird, da die Verluste der übertragenden Gesellschaft bei einer Verschmelzung steuerlich untergehen [§§ 4 Abs. 2 S. 2, 12 Abs. 3 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)].

Zum Autor

HW
Hannes Wunderlich

Rechtsanwalt bei Ecovis in München

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