Umstrukturierungen - 29. Juli 2020

Wechsel der Form

Auch Familiengesellschaften sind im Laufe ihres unternehmerischen Wirkens gezwungen, mit der Zeit zu gehen. Das hat nicht selten die Umwandlung in eine andere Rechtsform zur Folge.

Von Zeit zu Zeit ist es angezeigt, die Struktur einer Familiengesellschaft zu überprüfen. Besteht im Ergebnis Anpassungsbedarf oder zeigen sich Verbesserungspotenziale, wird man im nächsten Schritt nicht selten die ein oder andere Art der Umwandlung des Unternehmens in Erwägung ziehen. Neben den Umwandlungsarten des Umwandlungsgesetzes (UmwG) kommen insbesondere bei Personengesellschaften auch Umstrukturierungen jenseits dieses Gesetzes in Betracht. Umwandlungen nach dem UmwG zeichnen sich insbesondere durch eine Gesamtrechtsnachfolge kraft Registereintragung aus. Dabei wird das Vermögen einer Gesellschaft nicht einzeln nach Vermögensgegenständen auf einen anderen Rechtsträger übertragen (Einzelrechtsnachfolge), sondern es geht mit der Eintragung der jeweiligen Umwandlungsart als Ganzes auf einmal von einem Rechtsträger auf einen anderen, unter Umständen erst neu entstehenden Rechtsträger über. Bei der Umwandlungsart Formwechsel findet richtigerweise gar keine Vermögensübertragung statt – der Rechtsträger bleibt identisch und behält sein Vermögen, hält es ab Eintragung des Formwechsels lediglich in neuer Rechtsform. Der Preis dieser Gesamtrechtsnachfolge ist – im Gegensatz zur Einzelrechtsnachfolge – der strikte Formalismus des UmwG: Für jede Art der Umwandlung nach dem UmwG muss ein Notar einbezogen werden, die Gläubiger sind zu involvieren und unter Umständen bedarf es der Mitwirkung eines Wirtschaftsprüfers. Grundsätzlich unterscheidet man gemäß § 1 Abs. 1 UmwG drei Arten von Umwandlungen:

  • die Verschmelzung
  • die Spaltung (mit den Unterarten Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung) sowie
  • den Formwechsel

Die weitere in § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG aufgezählte Vermögensübertragung spielt in der Praxis der Familiengesellschaften keine Rolle.

Verschmelzung

Bei einer Verschmelzung geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers als Ganzes, also im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge ohne weitere Einzelübertragungsakte auf den übernehmenden Rechtsträger. Die Verschmelzung wird im Handelsregister des übernehmenden, also nicht im Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers eingetragen (§ 20 Abs. 1 UmwG). Das hat insbesondere den Vorteil, dass man beispielsweise bei einer Fülle von zu übertragenden Verträgen für die Wirksamkeit der Übertragung nicht die Zustimmung jedes einzelnen Vertragspartners einholen muss – die jeweiligen Vertragspartner bekommen kraft Gesetzes mit Eintragung der Verschmelzung schlicht einen neuen Vertragspartner. Bei der Verschmelzung unterscheidet man zwischen einer Übertragung zur Aufnahme und zur Neugründung (§ 2 Nr. 1 und 2 UmwG). Gemeinsam ist beiden Verschmelzungsarten, dass der übertragende Rechtsträger aufgelöst wird, also ohne Abwicklung erlischt. Während bei der Verschmelzung zur Aufnahme das Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger kraft Gesetzes auf einen bereits bestehenden Rechtsträger übergeht, entsteht bei der Verschmelzung ein neuer Rechtsträger, auf den zwei oder mehrere Rechtsträger ihre Vermögen übertragen.

Gemeinsam ist beiden Verschmelzungsarten, dass der übertragende Rechtsträger aufgelöst wird, also ohne Abwicklung erlischt.

Verlustnutzung

Bei Familiengesellschaften kann die Verschmelzung insbesondere dann relevant sein, wenn von mehreren bestehenden Familiengesellschaften eine oder mehrere profitabel sind, eine andere jedoch Verluste macht. So könnte man die profitablen Familiengesellschaften im Wege einer Verschmelzung zur Aufnahme auf die Verlustgesellschaft verschmelzen, um deren Verluste in den profitablen Gesellschaften zu nutzen und deren Gewinne zu mindern. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass bei Verlustgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft die Verlustgesellschaft die aufnehmende Gesellschaft ist. Beim umgekehrten Weg einer Verschmelzung der Verlustgesellschaft auf eine profitable Gesellschaft würden die Verluste untergehen (§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 3 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG.

Alleingesellschafter

Bei der Abwicklung einer Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ist ferner interessant, dass auch die Verschmelzung auf eine natürliche Person möglich ist, wenn sie deren Alleingesellschafter ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG). Bei dieser eher unbekannten Art der Verschmelzung kann in der Praxis unter Umständen eine aufwendige Liquidation der Kapitalgesellschaft unter Einhaltung des Sperrjahrs vermieden werden.

Formelle Anforderungen

Wesentliche Formalien einer Verschmelzung sind der Abschluss eines notariellen Verschmelzungsvertrags (§§ 4 ff. UmwG) und die notariellen Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlungen der an der Übertragung beteiligten Gesellschaften (§ 13 UmwG). Auf einen Verschmelzungsbericht, eine Verschmelzungsprüfung sowie auf einen Verschmelzungsprüfungsbericht kann in Familiengesellschaften regelmäßig verzichtet werden. Ein Stichtagsabschluss ist in der Regel ebenfalls vermeidbar, wenn die Verschmelzung im Innenverhältnis auf den letzten 31. Dezember oder den jeweiligen regulären Bilanzstichtag der übertragenden Gesellschaft rückbezogen wird (§ 17 Abs. 2 UmwG). Hierfür ist jedoch das rechtzeitige Timing entscheidend, da eine solche Rückbeziehung auf den 31. Dezember des Vorjahrs erfordert, dass die Verschmelzung bis spätestens zum 31. August des Folgejahrs angemeldet (nicht: eingetragen!) wurde (§ 17 Abs. 2 Satz 3 UmwG). Bei Verschmelzungen zur Neugründung ist zu beachten, dass die Gründungsvorschriften der jeweiligen neuen Rechtsform einzuhalten sind. Da die Gründung bei einer Verschmelzung zur Neugründung als Sachgründung gilt, ist bei Kapitalgesellschaften insbesondere eine Werthaltigkeitsbescheinigung durch einen Wirtschaftsprüfer erforderlich, damit die Aufbringung des Stamm- oder Grundkapitals gesichert ist. Gleiches gilt für etwaige im Zuge einer Verschmelzung erforderliche Kapitalerhöhungen bei einer Kapitalgesellschaft. Auch hier gilt die Kapitalerhöhung als Sachkapitalerhöhung, sodass die Werthaltigkeit des übergehenden Vermögens nachgewiesen werden muss.

Spaltung

Unter dem Oberbegriff der Spaltung umfasst das UmwG die Umwandlungsformen der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung zusammen. Im Rahmen einer Aufspaltung erlischt die bestehende Gesellschaft und ihr Vermögen wird entweder auf zwei oder mehrere bestehende oder neu gegründete Rechtsträger aufgespaltet (§ 123 Abs. 1 UmwG). Bei der Abspaltung besteht die Gesellschaft fort und lediglich ein Teil ihres Vermögens wird entweder auf zwei oder mehrere bestehende oder neu gegründete Schwestergesellschaften aufgeteilt (§ 123 Abs. 2 UmwG). Demgegenüber wird bei einer Ausgliederung lediglich ein Teil des Vermögens der betreffenden Gesellschaft entweder auf zwei oder mehrere bestehende oder neu gegründete Tochtergesellschaften ausgliedert, wobei die Gesellschaft weiter fortbesteht (§ 123 Abs. 3 UmwG). Im Gegensatz zur Verschmelzung ist anzumerken, dass die Gesamtrechtsnachfolge bei den Arten der Spaltung nicht mit der Eintragung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eintritt, sondern mit der Eintragung im Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers (§ 131 Abs. 1 UmwG).

Ausgliederung

Zur Gründung von Familiengesellschaften unter Einbringung eines Unternehmens sei auf die wenig bekannte Möglichkeit hingewiesen, dass ein Einzelunternehmen auf die Familiengesellschaft nicht nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen werden kann, sondern auch eine Gesamtrechtsnachfolge durch Ausgliederung des Einzelunternehmens zur Aufnahme oder Neugründung möglich ist (§ 152 UmwG). Wesentliche Formalien sind auch hier der Abschluss eines notariellen Spaltungsvertrags (§§ 125 Satz 1 in Verbindung mit 4 ff. UmwG) oder die Beurkundung des Spaltungsplans (§ 136 UmwG) sowie die notariellen Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlungen der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften (§§ 125 Satz 1 in Verbindung mit 13 UmwG). Auf einen Spaltungsbericht, eine Spaltungsprüfung sowie auf einen Spaltungsprüfungsbericht kann in Familiengesellschaften regelmäßig verzichtet werden; bei Ausgliederungen findet eine Prüfung ohnehin nicht statt (§ 125 Satz 2 UmwG). Ein Stichtagsabschluss ist in der Regel auch hier vermeidbar, wenn die Spaltung im Innenverhältnis auf den letzten 31. Dezember oder den jeweiligen regulären Bilanzstichtag der übertragenden Gesellschaft rückbezogen wird und innerhalb von acht Monaten nach diesem Stichtag angemeldet wird (§§ 125 Satz 1 in Verbindung mit 17 UmwG). In der Praxis spielen die Formen der Spaltung bei Familiengesellschaften eine eher untergeordnete Rolle, da für die Steuerneutralität nach dem UmwStG stets die Voraussetzungen eines oder mehrerer Teilbetriebe vorliegen müssen. Daran stellen Rechtsprechung und Finanzverwaltung jedoch sehr hohe Anforderungen, sodass ein Nachweis regelmäßig Schwierigkeiten bereitet und man sich daher wohl eher für eine andere Art der Umwandlung entscheidet.

Formwechsel

Im Gegensatz zur Verschmelzung und Spaltung findet beim Formwechsel keine Vermögensübertragung statt. Die bisherige Gesellschaft besteht schlicht ab Eintragung des Formwechsels im Handelsregister in einer anderen Rechtsform fort (§ 202 UmwG). Steuerlich wird jedoch beim Wechsel in eine andere Rechtsform mit unterschiedlichem Besteuerungsregime – Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft oder Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft – eine Vermögensübertragung fingiert. Entsprechend kann der Formwechsel für steuerliche Zwecke auch auf einen zurückliegenden Stichtag bezogen werden (§§ 9 Satz 2 und 3, 25 in Verbindung mit 20 Abs. 6 UmwStG). Beim Wechsel in eine Gesellschaft mit demselben Besteuerungsregime ändert der Formwechsel auch steuerlich nichts.

Formwechsel in eine GbR

Im Rahmen der Abwicklung einer Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Formwechsel in eine GbR sinnvoll sein, um eine Löschung der Kapitalgesellschaft ohne Liquidation und Einhaltung des Sperrjahrs zu erreichen. Wesentliche formelle Anforderung ist die notarielle Beurkundung des Formwechselbeschlusses (§ 193 UmwG). Auf einen Umwandlungsbericht kann in Familiengesellschaften regelmäßig verzichtet werden; eine Prüfung ist beim Formwechsel ohnehin nicht vorgesehen. Ein Stichtagsabschluss für steuerliche Zwecke ist in der Regel ebenfalls vermeidbar, wenn der Formwechsel steuerlich auf den letzten 31. Dezember oder den jeweiligen regulären Bilanzstichtag der übertragenden Gesellschaft rückbezogen wird und innerhalb von acht Monaten nach diesem Stichtag angemeldet wird (§§ 9 Satz 2 und 3, 25 in Verbindung mit 20 Abs. 6 UmwStG). Bei einem Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft ist jedoch zu beachten, dass stets die (Sach-)Gründungsvorschriften der neuen Rechtsform gelten
(§ 197 UmwG). In diesen Fällen werden unter Umständen Sachgründungsberichte und Werthaltigkeitsbescheinigungen erforderlich, auf die gegebenenfalls auch nicht verzichtet werden kann.

Umwandlung von Personengesellschaften

Die voranstehenden Ausführungen betrafen Umwandlungsarten des UmwG, vor allem unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften. Demgegenüber sind Umwandlungen unter Personengesellschaften häufig unkomplizierter und ohne die Formalien des UmwG möglich. Das betrifft insbesondere die Verschmelzung einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter im Wege der Anwachsung nach § 738 BGB, gegebenenfalls in Verbindung mit §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Während also nach dem UmwG nur unter Einhaltung der dort vorgesehenen Formalien, insbesondere einer notariellen Beurkundung von Verträgen und Beschlüssen sowie der Eintragung im Handelsregister eine Umwandlung erfolgen kann, ist unter Personengesellschaften eine Gesamtrechtsnachfolge beispielsweise durch bloßen Austritt sämtlicher Gesellschafter bis auf einen aus einer Personengesellschaft möglich. Denn Rechtsfolge des Austritts aller anderen ist das Anwachsen des Vermögens der übertragenden Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge. Ebenso kann eine Personengesellschaft schlicht durch Änderung ihres Gesellschaftsvertrags sowie Anmeldung zum Handelsregister ihre Rechtsform zum Beispiel von einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) in eine Kommanditgesellschaft (KG) wechseln. Aufgrund des unbürokratischen und dadurch kostensparenden Verfahrens sind Umwandlungen außerhalb des UmwG in der Praxis bei Familiengesellschaften daher eher der Regelfall. 

MEHR DAZU

Fachseminar „Einmaleins der Personengesellschaften“, Art.-Nr. 78142

Zum Autor

HW
Hannes Wunderlich

Rechtsanwalt bei Ecovis in München

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