KöMoG - 28. Juli 2022

Wahl der Besteuerung

Mit der Option zur Körperschaftsbesteuerung hat sich der deutsche Gesetzgeber auf Neuland begeben. Fast ein Jahr nach Veröffentlichung des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts und mitten im ersten Jahr des Optionsmodells lohnt sich ein Blick auf die Vor- und Nachteile.

Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften können für Wirtschaftsjahre, die ab dem 1. Januar 2022 beginnen, die steuerliche Behandlung als Kapitalgesellschaft beantragen. Der Gesetzgeber möchte damit die steuerlichen Rahmenbedingungen für Familienunternehmen und mittelständische Unternehmen verbessern, die häufig in der Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften (zum Beispiel GmbH & Co. KG) organisiert sind. Damit dürfte er insbesondere auf die nur unzureichende Möglichkeit zur steuerschonenden Gewinnthesaurierung von Personengesellschaften abzielen. Kapitalgesellschaften können Gewinne mit einer effektiven Steuerbelastung von circa 33 Prozent thesaurieren. Für Beteiligungserträge aus Kapitalgesellschaften beträgt die effektive Steuerbelastung unter Umständen sogar nur etwa 1,5 Prozent. Gewinne einer Mitunternehmerschaft unterliegen bei natürlichen Personen hingegen grundsätzlich der tariflichen Einkommensteuer von in der Spitze 45 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Hinzu kommt noch die Gewerbesteuer, die häufig nicht vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann. Mit der Thesaurierungsbegünstigung gemäß § 34a Einkommensteuergesetz (EStG) besteht zwar die Möglichkeit, die Steuerbelastung auf thesaurierte Gewinne denen einer Kapitalgesellschaft anzunähern, effektiv ist diese aber höher. Ferner werden Anteilsübertragungen oder Umstrukturierungen durch die drohende Nachversteuerung von Thesaurierungsbeträgen erschwert.

Anwendungsbereich

Das steuerliche Optionsmodell steht neben inländischen auch ausländischen Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften offen. Für diese ist die Option aber nur zulässig, wenn sie nach Ausübung der Option in ihrem Geschäftsleitungsstaat der Körperschaftsteuer unterliegen. Das schränkt den Anwendungsbereich erheblich ein und wird dazu führen, dass nur für ausgewählte ausländische Gesellschaftsformen eine Option möglich sein wird, wie etwa für eine US LLC, die in den USA ebenfalls zur intransparenten Besteuerung optiert hat. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass aufgrund der Option steuerlich hybride Gesellschaften entstehen. Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) können die Option aktuell hingegen nicht ausüben. Das könnte sich künftig unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ändern.

Option als steuerlicher Formwechsel

Die Option zur Körperschaftsbesteuerung wird steuerlich wie ein Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft behandelt. Für inländische Mitunternehmerinnen und -unternehmer ist die Option auf Antrag grundsätzlich steuerneutral möglich. Dafür muss aber beachtet werden, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens, wie zum Beispiel eine an das Unternehmen vermietete Immobilie, in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Option in das Gesamthandsvermögen der optierenden Personengesellschaft übertragen werden. Wann ein solcher Zusammenhang vorliegen soll, lässt das Ende 2021 veröffentlichte Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung offen. Ein ausreichender Zusammenhang sollte jedenfalls dann vorliegen, wenn die Übertragung nach positivem Beschluss der Gesellschafter über die Antragstellung erfolgt. Eine Alternative ist auch die Übertragung in ein anderes Betriebsvermögen vor Ausübung der Option. Das sollte aber sorgfältig strukturiert werden, da nach Auffassung der Finanzverwaltung hierin ein missbräuchlicher Gesamtplan liegen kann. Für Mitunternehmer, die in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat ansässig sind, kann die Option unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls steuerneutral erfolgen. Für Gesellschafter, die in einem Drittstaat ansässig sind, wie etwa Schweiz oder USA, deckt die Option hingegen stille Reserven im Mitunternehmeranteil auf. Das löst, sofern es sich bei dem Gesellschafter nicht um eine unmittelbar beteiligte natürliche Person handelt, auf Ebene der optierenden Personengesellschaft zum einen Gewerbesteuer aus. Diese tragen die Mitgesellschafter wirtschaftlich mit. Zum anderen wird hierdurch zusätzliches Abschreibungspotenzial geschaffen. Das wird wiederum einseitig durch den Mitunternehmer im Drittstaat finanziert. Diese Effekte lassen sich zwischen den Gesellschaftern beispielsweise durch Einlagen in die Gesellschaft oder Anpassung der Gewinnverteilungsabrede ausgleichen. Nach dem Anwendungsschreiben können ausdrücklich auch vermögensverwaltende Gesellschaften die Option zur Körperschaftsbesteuerung ausüben. Da die Gesellschafter keine Mitunternehmer sind, ist eine solche Option grundsätzlich nicht steuerneutral möglich. Wenn sich im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft jedoch Mehrheitsbeteiligungen an Kapitalgesellschaften befinden, kann die Option als Anteilstausch im Sinne von § 21 Umwandlungssteuerrecht gegebenenfalls steuerneutral erfolgen.

Nachsteuertatbestände beachten

Wie bei einem regulären Formwechsel sind auch bei der Option zur Körperschaftsbesteuerung Nachsteuertatbestände zu beachten. Das betrifft insbesondere Mitunternehmer, die bislang die Thesaurierungsbegünstigung angewendet haben. Für diese führt die Option grundsätzlich zur Besteuerung der thesaurierten Gewinnanteile. Während man dies bei echten Formwechseln in eine Kapitalgesellschaft, beispielsweise zur Vorbereitung eines künftigen Börsengangs, häufig in Kauf nimmt, wird dies gerade bei hohen Gewinnrücklagen ein echtes Hindernis für die Ausübung der Option darstellen. Eine solche Entnahmebesteuerung lässt sich regelmäßig dadurch vermeiden, dass die Personengesellschaft zunächst in eine andere Mitunternehmerschaft eingebracht wird und anschließend die (Tochter-)Personengesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung optiert. Auch weitere ertragsteuerliche Haltefristen sind zu beachten, wie zum Beispiel aufgrund von Übertragungen oder Überführungen zwischen Gesamthands- und/oder Sonderbetriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 S. 4, 6 EStG). Die Option sollte aber kein Verstoß gegen die fünf- oder siebenjährige Behaltensfrist sein, wenn die Gesellschaftsanteile zum Beispiel im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gemäß der §§ 13a ff. des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) begünstigt übertragen wurden.

Grunderwerbsteuer

Für Zwecke der Grunderwerbsteuer werden optierende Personengesellschaften weiterhin als Personengesellschaften behandelt. Immobilien können also grundsätzlich weiterhin steuerneutral zwischen Personengesellschaft und Gesellschaftern entsprechend der vermögensmäßigen Beteiligung übertragen werden. Das ist ein Vorteil gegenüber einer richtigen Kapital­gesellschaft. Der Gesetzgeber fürchtet aber, dass Immobilien grunderwerbsteuerneutral in Personengesellschaften einge­bracht werden und dort unter Nutzung der sogenannten erwei­terten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen ohne Anfall von Gewerbesteuer vermietet werden können. Um dem vorzubeugen, unterliegen Grundstücksübertragungen auf eine Personengesellschaft, die innerhalb von zehn Jahren vor deren Optionsausübung erfolgt sind, rückwirkend der Grund­erwerbsteuer. Ferner sind Grundstücksübertragungen auf eine optierte Personengesellschaft erst steuerneutral möglich, wenn die Option bereits zehn Jahre wirksam ist und der Gesellschaf­ter so lange beteiligt war.

Prüfung und Anpassung der Gesellschaftsverträge

Nach erfolgter Option unterliegt die optierende Personengesell­schaft der Körperschaftsteuer sowie regelmäßig auch der Ge­werbesteuer. Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern werden für steuerliche Zwecke nicht dem Son­derbetriebsbereich zugeordnet. Zur Ausschüttungsbesteuerung bei den Gesellschaftern kommt es, wenn die Gewinne entnom­men werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Um eine ungewünschte Ausschüttungsbesteuerung zu vermeiden, sind die Gewinnverteilungs- und Kontenregelungen in den Ge­sellschaftsverträgen in der Regel anzupassen. Eine automati­sche Verbuchung von Gewinnanteilen auf Privatkonten, die wie regelmäßig keiner Entnahmebeschränkung unterliegen, wird als steuerpflichtige Ausschüttung behandelt. Buchungen auf Ei­genkapitalkonten sollten unseres Erachtens im Regelfall keine Ausschüttung darstellen, weil Entnahmen nicht oder nur sehr eingeschränkt entnahmefähig sind. Einen besonders ungünsti­gen Fall stellt nach dem Anwendungsschreiben die automati­sche Verbuchung auf Eigenkapitalkonten mit Entnahmemög­lichkeit dar. Hier kommt es erstens zur Ausschüttungsbesteue­rung und zweitens zur Verbuchung auf dem steuerlichen Einlagekonto, sodass die tatsächliche Entnahme dieser Kapi­taleinlagen nur dann steuerneutral möglich ist, wenn zuvor sämtliche Gewinnrücklagen ausgeschüttet wurden.

Keine Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften

Trotz der im Grunde gleichen Ertragsbesteuerung wird die op­tierende Personengesellschaft zumindest nach der Verwal­tungsauffassung nicht vollständig der Kapitalgesellschaft gleichgestellt. Das gilt zum Beispiel für die Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft. Optierende Personengesell­schaften können zwar nahtlos Organträger in einer ertragsteu­erlichen Organschaft sein, nach dem Anwendungsschreiben aber keine Organgesellschaft. Eine Ergebniskonsolidierung kann also nur durch einen echten Formwechsel in eine Kapital­gesellschaft erreicht werden. Unterschiede ergeben sich auch für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke, weil die op­tierende Personengesellschaft hierfür weiterhin als Personen­gesellschaft qualifiziert. Das kann bei der Unternehmensnach­folge vorteilhaft sein, weil Anteile unabhängig von der Beteili­gungshöhe begünstigt übertragen werden können. Auch dis­quotale Einlagen in Personengesellschaften werden weiterhin als Zuwendungen an die Mitgesellschafter behandelt, sodass auch insoweit die Steuerbefreiungen nach §§ 13a ff. ErbStG An­wendung finden. Für disquotale Einlagen in Kapitalgesellschaf­ten ist das hingegen nicht möglich (§ 7 Abs. 8 ErbStG).

Fazit und Ausblick

Das steuerliche Optionsmodell bietet eine Alternative für Un­ternehmen, die von der günstigen Thesaurierungsbesteue­rung für Kapitalgesellschaften profitieren möchten, ohne auf die Flexibilität der Personengesellschaft zu verzichten. Der Gesetzgeber geht damit einen wichtigen Schritt in Richtung rechtsformneutrale Besteuerung. Eine vollständige Gleichstel­lung mit Kapitalgesellschaften erfolgt jedoch nicht. Ferner sind noch manche Anwendungsfragen – insbesondere für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge – offen. Es ist zu hof­fen, dass Gesetzgeber und Verwaltung das verbleibende erste Optionsjahr für erforderliche Nachbesserungen beziehungs­weise Klarstellungen nutzen.

Zu den Autoren

SL
Dr. Sebastian Leidel

Rechtsanwalt bei der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer in München

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LC
Lukas Conrady

Tax Professional bei der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer in München

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