Das Grundsteuer-Reformgesetz ist eines der umstrittensten Werke des deutschen Gesetzgebers. Denn die Kommunen werden mit ihren Hebesätzen die Höhe der Grundsteuer auch nach dem Stichtag des 1. Januar 2025 weiterhin bestimmen können – unabhängig vom gewählten Modell.
Die Hebesätze können grundsätzlich jederzeit geändert werden, wobei die innerhalb der jeweiligen Jahre anfallende Einschränkung gemäß § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz (GrStG) relativ ohne Bedeutung ist. Die alte Bundesregierung setzte zwar darauf, dass die Kommunen fair bleiben, damit die Bürger im Schnitt künftig nicht mehr Steuern zahlen müssen. Zwingen kann man die Kommunen jedoch nicht.
Rechtfertigung bis Ende 2024
Um eine weitere Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer für die Rechtslage bis 2024 zu rechtfertigen, sollte deshalb in einem ersten Schritt vom Belastungsgrund ausgegangen werden. Dieser Belastungsgrund ergibt sich daraus, dass die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten für die Gemeinden Lasten beziehungsweise Kosten verursachen. In einem zweiten Schritt sollte es dann um die Belastungshöhe gehen. Aufgrund der heutigen buchhalterischen Möglichkeiten wäre es kein Problem, die Kosten betragsmäßig zu ermitteln, die die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten für die Gemeinden verursachen. In einem dritten Schritt sollte dann erst die Ermittlung des Hebesatzes erfolgen und zwar aufgrund des Verhältnisses zwischen Grundsteuer-Aufkommen und den durch die Grundstücke verursachten Kosten.
Berechnungsbeispiel
Eine sehr einfache Variante wäre hier unter Verzicht auf Jahres-Endabrechnungen und gegebenenfalls sogar auch auf Änderungen der Vorauszahlungen für das erste Quartal des jeweiligen Folgejahres, den Hebesatz zu ermitteln und dann für das Folgejahr anzusetzen:
Grundsteuereinnahmen 2021 | = 8.500.000 Euro |
Durch die Grundstücke beziehungsweise wirtschaftliche Einheiten im Jahr 2021 verursachte, also grundstücksbezogene Kosten | = 5.500.000 Euro |
Grundsteuer-Hebesatz 2021 | = 400 Prozent |
Daraus würde sich dann nach Umrechnung für 2022 ein Hebesatz von 258,82 Prozent (= 260 Prozent) ergeben. In einem vierten Schritt könnte dann die Ermittlung beziehungsweise Verteilung der zu zahlenden Grundsteuer auf die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten erfolgen. Die Grundsteuer würde dann durch Multiplikation der von den Finanzämtern bereitgestellten Grundsteuermessbeträge mit dem auf Schritt 3 ermittelten Hebesatz berechnet werden. Aufgrund der überaus bedenklichen Fortgeltungsanordnung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 10. April 2018 sind die in der Folgewirkung auch wahrscheinlich verfassungswidrigen Grundsteuermessbeträge auf Ebene 2 im Bereich der Finanzämter aber noch bis Ende 2024 weiterhin anzusetzen.
Rechtfertigung ab 2025
Durch das vorliegende Bundesgesetz beziehungsweise die beschlossenen Landesgesetze, die eine Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer für die Rechtslage ab 2025 rechtfertigen sollen, werden jedoch nur Werte auf den Ebenen 1 und 2 (Bereich der Finanzämter) geliefert. Sie sind daher ausschließlich nur zu Verteilungszwecken geeignet, wenn man so will, lediglich zur Umlegung von Nebenkosten der Gemeinden auf die betreffenden Grundstücke. Denn für den Kern der grundstücksbezogenen Leistungen werden schließlich schon gesonderte Bescheide erteilt beziehungsweise Rechnungen gestellt. Tatsächlich aber können die Gesetze nicht als Grundlage für die Ermittlung der Grundsteuer dienen. Denn eine direkte Beziehung, Verbindung oder Verknüpfung zum Belastungsgrund ist dadurch überhaupt nicht gegeben. Und ohne direkte Beziehung, Verbindung beziehungsweise Verknüpfung zum Belastungsgrund ist die Grundsteuer nicht zu rechtfertigen. Auch hier wären die oben skizzierten Schritte 1 bis 3 erforderlich. Lediglich für das Übergangsjahr 2025 würde auf Schritt 3 zwingend auch eine Abrechnung notwendig sein, da es eine Verbindung zu 2024 aufgrund des Systembruchs nicht mehr gibt. Im vierten Schritt müsste auch hier eine Ermittlung beziehungsweise Verteilung der zu zahlenden Grundsteuer auf die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten erfolgen. Die Grundsteuer wäre dann durch Multiplikation mit einem Wert, der an die Stelle des bisherigen Grundsteuermessbetrags tritt, mit dem im dritten Schritt ermittelten Hebesatz zu berechnen.
Einfache Korrekturen
Es ist unschwer zu erkennen, dass die vorstehenden Korrekturen beziehungsweise Veränderungen problemlos vorgenommen werden könnten. Und ebenso wenig müssten sich hier Gemeinderäte noch mit etwaigen Kalkulationen befassen. Lediglich zu diskutieren wäre noch, ob für die Grundsteuer ein gesonderter Haushalt geführt werden sollte und ob der Gesetzgeber einen Katalog über die grundstücksbezogenen Kosten aufstellen müsste.
Fehlende Transparenz auch im Kernbereich
Hinsichtlich des Kernbereichs der grundstücksbezogenen Leistungen, für die gesonderte Bescheide erteilt werden, führt Michael Dröge, stellvertretender Vorsitzender im Verband Wohneigentum Nordrhein-Westfalen, im FUG 10/21, Seite 5, dazu sogar aus, dass die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge in erster Linie dazu dienen, die Rechte der Bürger dadurch zu beschneiden, dass die Möglichkeiten zur Überprüfung vernichtet werden. Und zwar deshalb, weil sich die Beiträge nicht auf konkrete Baumaßnahmen beziehen.
Fazit und Ausblick
Durch eine Begrenzung der Grundsteuer-Hebesätze, jeweils korrespondierend mit den jährlich zu ermittelnden Kosten, die von Grundstücken beziehungsweise wirtschaftlichen Einheiten zu Lasten der Gemeinden verursacht werden, könnte man die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten korrekt beurteilen. Dies würde auch der Rechtssicherheit hinsichtlich des Grundsteuer-Reformgesetzes dienen, zumal dann insoweit ein konkret ausgerichteter Belastungsgrund gegeben wäre. Eine derartige Vorgehensweise würde zudem auch zu einem Höchstmaß an Transparenz für die Bürger führen, was dann auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit entspräche. Und schließlich könnte sich dann auch der notwendige effektive Rechtsschutz wieder einstellen.
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