Grundsteuer - 25. November 2021

Monopolstellung der Gemeinden

Das Grundsteuer-Reformgesetz ist eines der umstrittensten Werke des deutschen Gesetzgebers. Denn die Kommunen werden mit ihren Hebesätzen die Höhe der Grundsteuer auch nach dem Stichtag des 1. Januar 2025 weiterhin bestimmen können – unabhängig vom gewählten Modell.

Die Hebesätze können grundsätzlich jederzeit geändert werden, wobei die innerhalb der jeweiligen Jahre anfallende Einschrän­kung gemäß § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz (GrStG) relativ ohne Bedeutung ist. Die alte Bundesregierung setzte zwar darauf, dass die Kommunen fair bleiben, damit die Bürger im Schnitt künftig nicht mehr Steuern zahlen müssen. Zwingen kann man die Kommunen jedoch nicht.

Rechtfertigung bis Ende 2024

Um eine weitere Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer für die Rechtslage bis 2024 zu rechtfertigen, sollte deshalb in einem ersten Schritt vom Belastungsgrund ausgegangen werden. Dieser Belastungsgrund ergibt sich daraus, dass die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten für die Gemeinden Lasten beziehungsweise Kosten verursachen. In einem zweiten Schritt sollte es dann um die Belastungshöhe gehen. Aufgrund der heutigen buchhalterischen Möglichkeiten wäre es kein Problem, die Kos­ten betragsmäßig zu ermitteln, die die Grund­stücke oder wirtschaftlichen Einheiten für die Gemeinden verursachen. In einem dritten Schritt sollte dann erst die Ermittlung des He­besatzes erfolgen und zwar aufgrund des Verhältnisses zwischen Grundsteuer-Aufkommen und den durch die Grundstücke verursachten Kosten.

Berechnungsbeispiel

Eine sehr einfache Variante wäre hier unter Verzicht auf Jahres-Endabrechnungen und gegebenenfalls sogar auch auf Änderungen der Vorauszahlungen für das erste Quartal des jeweiligen Folgejahres, den Hebesatz zu ermitteln und dann für das Folgejahr anzusetzen:

Grundsteuereinnahmen 2021 = 8.500.000 Euro
Durch die Grundstücke beziehungsweise wirt­schaftliche Einheiten im Jahr 2021 verursachte, also grundstücks­bezogene Kosten             = 5.500.000 Euro
Grundsteuer-Hebesatz 2021 = 400 Prozent

Daraus würde sich dann nach Umrechnung für 2022 ein Hebesatz von 258,82 Prozent (= 260 Prozent) ergeben. In ei­nem vierten Schritt könnte dann die Ermittlung beziehungsweise Verteilung der zu zahlenden Grundsteuer auf die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten erfolgen. Die Grundsteuer würde dann durch Multiplikation der von den Finanzämtern bereitge­stellten Grundsteuermessbeträge mit dem auf Schritt 3 er­mittelten Hebesatz berechnet werden. Aufgrund der überaus be­denklichen Fortgeltungsanordnung durch das Bundesverfas­sungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 10. April 2018 sind die in der Folgewirkung auch wahrscheinlich verfassungswidrigen Grundsteuermessbeträ­ge auf Ebene 2 im Bereich der Finanzämter aber noch bis Ende 2024 weiterhin anzusetzen.

Rechtfertigung ab 2025

Durch das vorliegende Bundesgesetz beziehungsweise die beschlossenen Landesgesetze, die eine Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer für die Rechtslage ab 2025 rechtfertigen sollen, wer­den jedoch nur Werte auf den Ebenen 1 und 2 (Bereich der Finanz­ämter) geliefert. Sie sind daher ausschließlich nur zu Verteilungs­zwecken geeignet, wenn man so will, lediglich zur Umlegung von Nebenkosten der Gemeinden auf die betreffenden Grundstücke. Denn für den Kern der grundstücksbezogenen Leistungen wer­den schließlich schon gesonderte Bescheide erteilt beziehungs­weise Rechnungen gestellt. Tatsächlich aber können die Gesetze nicht als Grundlage für die Ermittlung der Grundsteuer dienen. Denn eine direkte Beziehung, Verbindung oder Verknüpfung zum Belastungsgrund ist dadurch überhaupt nicht gegeben. Und ohne direkte Beziehung, Verbindung beziehungsweise Verknüp­fung zum Belastungsgrund ist die Grundsteuer nicht zu rechtferti­gen. Auch hier wären die oben skizzierten Schritte 1 bis 3 erforder­lich. Lediglich für das Übergangsjahr 2025 würde auf Schritt 3 zwingend auch eine Abrechnung notwendig sein, da es eine Ver­bindung zu 2024 aufgrund des Systembruchs nicht mehr gibt. Im vierten Schritt müsste auch hier eine Ermittlung beziehungsweise Verteilung der zu zahlenden Grundsteuer auf die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einhei­ten erfolgen. Die Grundsteuer wäre dann durch Multiplikation mit einem Wert, der an die Stelle des bisherigen Grundsteuer­messbetrags tritt, mit dem im dritten Schritt ermittelten Hebesatz zu berechnen.

Einfache Korrekturen

Es ist unschwer zu erkennen, dass die vorste­henden Korrekturen beziehungsweise Verän­derungen problemlos vorgenommen werden könnten. Und ebenso wenig müssten sich hier Gemeinderäte noch mit etwaigen Kalkulationen befassen. Le­diglich zu diskutieren wäre noch, ob für die Grundsteuer ein ge­sonderter Haushalt geführt werden sollte und ob der Gesetzge­ber einen Katalog über die grundstücksbezogenen Kosten aufstellen müsste.

Fehlende Transparenz auch im Kernbereich

Hinsichtlich des Kernbereichs der grundstücksbezogenen Leistungen, für die gesonderte Bescheide erteilt werden, führt Michael Dröge, stellvertretender Vorsitzender im Verband Wohneigentum Nordrhein-Westfalen, im FUG 10/21, Seite 5, dazu sogar aus, dass die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge in erster Linie dazu dienen, die Rechte der Bürger dadurch zu beschneiden, dass die Möglichkeiten zur Überprüfung vernichtet werden. Und zwar deshalb, weil sich die Beiträge nicht auf konkrete Baumaßnahmen beziehen.

Fazit und Ausblick

Durch eine Begrenzung der Grundsteuer-Hebesätze, jeweils kor­respondierend mit den jährlich zu ermittelnden Kosten, die von Grundstücken beziehungsweise wirtschaftlichen Einheiten zu Lasten der Gemeinden verursacht werden, könnte man die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten korrekt be­urteilen. Dies würde auch der Rechtssicherheit hinsichtlich des Grundsteuer-Reformgeset­zes dienen, zumal dann insoweit ein konkret ausgerichteter Belas­tungsgrund gegeben wäre. Eine derartige Vorgehensweise würde zudem auch zu einem Höchstmaß an Transparenz für die Bür­ger führen, was dann auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folge­richtigkeit entspräche. Und schließlich könnte sich dann auch der notwendige effektive Rechtsschutz wieder einstellen.

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Zum Autor

HW
Hartmut Wipper

Steuerberater in eigener Kanzlei in Sassenburg (Niedersachsen)

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