Künftig wird jedes Bundesland selbst entscheiden können, wie die Grundsteuer zu erheben ist. Doch ob die nun gefundene Regelung tatsächlich zu gerechteren Bewertungen führt, ist mehr als fraglich.
In turbulenter politischer Zeit sowie nach einer endlos lang anmutenden Hängepartie hat die GroKo nun im Eilverfahren – für ein so großes Vorhaben eher unüblich – den Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform auf den Weg gebracht. Rückblick: Am 10. April 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Vorschriften zur Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig seien, und deshalb eine Neuregelung bis Ende 2019 verlangt. Aufgrund des enormen Zeitdrucks und mit Blick auf sinkende Umfragewerte sowie nach herben Wahlniederlagen wollte und musste die Regierung wohl Handlungsstärke demonstrieren, denn für den Fall, dass es zu keiner Einigung gekommen wäre, drohten den Kommunen Steuerausfälle von 14 Milliarden Euro.
Zwei Modelle der Bemessungsgrundlage
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte ursprünglich auf ein einheitliches, für alle Bundesländer geltendes, wertabhängiges Modell gesetzt, bei dem vor allem der Wert des Bodens sowie die durchschnittliche Miete eine Rolle spielen sollten, und Öffnungsklauseln für alle Bundesländer abgelehnt. Nach monatelangem Ringen sieht das nun vorgelegte Eckpunktepapier aber zwei Modelle vor. Beim wertunabhängigen Modell soll die steuerliche Bemessungsgrundlage ausschließlich anhand der Grundstücks- und Gebäudefläche ermittelt werden. Beim wertabhängigen Modell, das der Finanzminister bevorzugt, wird am tatsächlichen Wert der Immobilie angesetzt.
Auswirkungen
Beide Modelle basieren weiterhin auf einer dreistufigen Berechnung aus Einheitswert, der Grundsteuermesszahl und dem Hebesatz der Gemeinden. Zudem soll es nicht zu einer wesentlich stärkeren Steuerbelastung kommen. Ob dies gelingt, ist fraglich. Immobilien, die zwar ähnliche Flächen aufweisen, sich im Wert aber deutlich unterscheiden, würden beim wertunabhängigen Modell ähnlich besteuert, was als sozial ungerecht empfunden wird. Beim wertabhängigen Modell hingegen sollen nur vergleichbare Immobilien ähnlich besteuert werden . Fest steht nun, dass die Bundesländer Spielraum für eigene Regelungen erhalten werden, ganz wie von der bayerischen Staatsregierung gewünscht. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, der bayerische Fiskus werde die Grundsteuer künftig auf Basis der Grundstücksfläche berechnen – so wie es der Freistaat gefordert hatte .
Kritik an der Regelung des Finanzministeriums
Diese Regelung weicht deutlich vom wertabhängigen Modell ab, welches das Bundesfinanzministerium favorisiert. Für die Berechnung der Grundsteuer im Freistaat soll es hingegen unerheblich sein, ob ein Grundstück in einer teuren Stadt oder etwa auf dem Land liegt. Das umstrittene Modell des Bundesfinanzministeriums war unter anderem von kommunalen Wohnungsgesellschaften und auch vom Münchner Mieterverein kritisiert worden. Wegen der gestiegenen Bodenpreise in den Großstädten befürchtete man, dass eine Berechnung der Grundsteuer gemäß dem Grundstückswert erheblich höhere Belastungen für die dortigen Mieter bedeutet würde.
Steuergerechtigkeit auf Gemeindeebene
Ist der nun gefundene Kompromiss gerechter als der Status quo? Die Antwort lautet nein. Da jede Gemeinde den Steuerhebesatz autonom festlegen kann, werden heute schon vergleichbare Immobilien höchst unterschiedlich bewertet, deren Besitzer also unterschiedlich zur Kasse gebeten. Daran wird sich auch zukünftig nichts ändern. Weiter stimmt nicht, dass der Bewohner einer Münchner Villa künftig genauso viel Grundsteuer entrichten wird wie der Inhaber einer gleich großen Immobilie in Oberfranken. Entscheidend wird auch fortan der Hebesatz der Gemeinde sein und der dürfte auch nach der Reform in der Landeshauptstadt um Einiges höher ausfallen als im Norden des Freistaats. Die Frage der Steuergerechtigkeit stellt sich dann aber auf Gemeindeebene, wenn also eine Wohnung im eher vornehmen Nürnberg-Erlenstegen genau so viel wert sein soll wie eine vergleichbare in der Nürnberger Südstadt.
Fazit und Ausblick
Nach dem Willen von Bund und Ländern soll sich die Gesamtbelastung durch die Grundsteuer nicht erhöhen. Aber in den gefragten Ballungsräumen werden sich die Mieter und Nutzer von selbstgenutztem Wohneigentum auf eine höhere Grundsteuer einstellen müssen. Experten erwarten dort Mehrkosten von rund 50 Euro pro Jahr . Hauseigentümer werden die Grundsteuer wohl auch weiterhin auf die Mieter umlegen können, denn ob sich dies noch ändert, blieb bis zuletzt offen. Generell sieht die Reform eine wertabhängige Grundsteuer vor. Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Gebäudealter und sogenannte Mietniveaustufe spielen dann eine Rolle. Es wird aber für einzelne Bundesländer eine Öffnungsklausel geben. Voraussetzung für die zusätzliche Länderkompetenz ist jedoch eine Grundgesetzänderung. Und dafür braucht die GroKo zusätzliche Stimmen von FDP und den Grünen .