Tätigkeitsverbote für Berater - 21. Juli 2022

Klare Vorgaben

Die Sanktionen gegen Russland haben auch Auswirkungen auf die Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und weitere Dienstleistungen. Das ergibt sich aus einem Beschluss der Europäischen Union vom 3. Juni 2022.

Mit dem Beschluss (GASP) der Europäi­schen Union (EU) 2022/884 vom 3. Juni ist ein Verbot für die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von Dienstleis­tungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung einschließlich Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmens- und Public-Relations-Beratung für die russische Regierung oder für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisatio­nen oder Einrichtungen eingeführt worden. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Art. 5n der Verordnung (EU) 2022/879 zur Ände­rung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014. Diese Regelung ist Teil des sechsten Sanktionspakets, das vom Europäischen Rat am 30. Mai 2022 beschlossen wurde. In Kraft getreten ist die neue Sanktionsvorschrift am 4. Juni 2022. Was wird nun in der Ver­ordnung konkret geregelt?

Regelungen der Verordnung

Als zentrale Regelung erfasst Absatz 1 der Verordnung das Verbot der bereits aufgelisteten Dienstleistungen für die russische Regierung sowie für in Russland niedergelas­sene juristische Personen, Organisationen oder Einrich­tungen. Dieses Verbot gilt jedoch nicht umfassend, viel­mehr sieht die Verordnung auch eine Reihe von Ausnahmen vor. Um den Anwendungsbereich der Verordnung möglichst zielgenau abzustecken, wird dabei im Rahmen des Erwä­gungsgrunds 26 der Verordnung eine Definition für Wirt­schaftsprüfung, Buchführung und Steuerberatung festge­halten:

„(…) umfassen Wirtschaftsprüfung, Buchführung und Steu­erberatung die Führung von Geschäftsbüchern für Unter­nehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer, Dienstleitungen der Prüfung von Geschäftsbüchern und Jahresabschlüssen, die Steuerplanung und -beratung für Unternehmen sowie die Zusammenstellung von Steuerunterlagen.“

Sollte also eine dieser Tätigkeiten im Rahmen eines Man­dats anfallen, ist einerseits dringend das genannte Verbot zu beachten, andererseits ist auch ein Blick auf die aufgelis­teten Ausnahmen unabdingbar.

Vorgesehene Ausnahmen

Zunächst gilt das oben genannte Verbot ausnahmsweise dann nicht, wenn man in irgendeiner Form noch tätig werden muss, um Verträge zivilrechtlich zu beenden. Hierbei stand eine Frist bis zum 4. Juni 2022. Mit dieser Frist hat sich die in Absatz 2 vorgesehene Ausnahme jedoch praktisch bereits erledigt und ist somit auch nicht weiter relevant. Darüber hinaus sieht Ab­satz 3 der Verordnung eine Ausnahmegenehmigung für jede Form von fristwahrenden Rechtsbehelfen oder Klagen vor. Da­mit ist insoweit eine entsprechende Durchführung für russi­sche Dienstleistungsempfänger weiterhin erlaubt. Konkret sol­le das Verbot also nicht für die Erbringung von Dienstleistun­gen gelten, die für die Wahrnehmung des Rechts auf Verteidi­gung in Gerichtsverfahren und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf unbedingt erforderlich sind. In diesen Fällen soll also niemand rechtsschutzlos gestellt werden.

Tochtergesellschaft in Russland

Neben dieser fristwahrenden Ausnahme, die als echte Aus­nahme empfängerunabhängig gilt, ist in Absatz 4 der Verord­nung eine weitere Ausnahme vorgesehen, namentlich eine für Tochtergesellschaften in Russland. Man stelle sich das folgen­de Beispiel vor, dass jemand eine Tochtergesellschaft in Russ­land hat und nun solle es nicht mehr erlaubt oder möglich sein, für diese die Konzernbuchhaltung zu erledigen? Das kann so nicht der gewollten Intention der EU-Staaten entspre­chen. Daher ist die Erbringung von Dienstleistungen, die zur ausschließlichen Nutzung durch in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen be­stimmt sind, die sich im Eigentum oder unter der alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle einer nach dem Recht eines Mit­gliedstaats der EU gegründete oder eingetragene juristische Person, Organisation oder Einrichtung befindet, weiterhin er­laubt. Diese Ausnahme gilt insoweit nicht nur für die ange­sprochene Buchhaltung, sondern auch für die übrigen, grund­sätzlich mit der vorliegenden Verordnung verbotenen Dienst­leistungen. Durch diesen Absatz 4 wird also insbesondere klargestellt, dass das Verbot nicht für in Russland ansässige Tochtergesellschaften gilt, deren Muttergesellschaft in der EU gegründet oder in das Handelsregister eingetragen wur­de. Die Annahme oder Weiterführung eines Mandats ist also auch in diesen Fällen weiterhin erlaubt.

Besondere Dienstleistungen

Abschließend sieht Absatz 5 der Verordnung die Möglichkeit von Ausnahmen vor für Dienstleister, die humanitäre Zwecke verfolgen oder zivilgesellschaftliche Aktivitäten fördern. Im Einzelnen versteht die Verordnung unter humanitären Zwe­cken Leistungen wie die Durchführung oder die Erleichte­rung von Hilfsleistungen einschließlich der Versorgung mit medizinischen Hilfsgütern und Nahrungsmitteln oder den Transport humanitärer Helfer und damit verbundener Hilfe oder für Evakuierungen. Die sogenannten zivilgesellschaftli­chen Aktivitäten sind dabei solche zur direkten Förderung der Demokratie, der Menschenrechte oder der Rechtsstaatlich­keit in Russland. Im Rahmen dieser Ausnahmen bedarf es je­doch zur Durchführung der entsprechenden Dienstleistungen einer expliziten Ausnahmegenehmigung der Bundesrepublik Deutschland.

Verstöße gegen die Verordnung

Ähnlich, wie es bereits im Ursprungskatalog der Verordnung vorgesehen war, normiert auch diese Änderung als Teil des sechsten Sanktionspakets Konsequenzen bei Nichtbeachtung des erörterten Verbots. Nun sieht Artikel 8 Absatz 1 der ur­sprünglichen Verordnung vor, dass die Mitgliedstaaten für Verstöße Sanktionen, auch strafrechtliche, festlegen. Darüber hinaus sind von ihnen alle zur Sicherstellung ihrer Anwen­dung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Als Anforderun­gen an die Sanktionen wird festgelegt, dass diese wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen. Die Rechtsfol­gen bei Verstößen gegen das Verbot sind daran anschließend von der Bundesrepublik Deutschland selbst aufzustellen. Das Verbot an sich entfaltet jedoch dabei sofortige Wirksamkeit.

Fazit und Ausblick

Festzuhalten ist im Ergebnis, dass das zunächst absolut an­mutende Verbot der Durchführung der diversen unternehme­rischen Dienstleistungen für die russische Regierung und für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisati­onen und Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht weit weni­ger umfangreich ausgestaltet ist. So sieht die Verordnung wie aufgezeigt diverse Ausnahmen vor. Zum einen bezieht sich die Verordnung nicht auf Privatpersonen, sodass vom Verbot beispielsweise russische Gesellschafter von europäischen Ge­sellschaften nicht umfasst werden. Zum anderen dürfen etwa Tochtergesellschaften oder Niederlassungen von europäi­schen Gesellschaften und Konzernen weiterhin im Rahmen eines entsprechenden Mandats betreut werden. Dies dürfte die mitunter praxisrelevanteste Ausnahme darstellen. Letzt­lich müssen nicht bei jedem Mandat mit irgendwie geartetem, russischem Bezug die Alarmglocken schrillen. Jedoch sollte vor Annahme oder Weiterführung eines entsprechenden Mandats zuvor geprüft werden, ob die Dienstleistung im kon­kreten Fall tatsächlich noch erlaubt ist. Zumindest dann, wenn man das Risiko einer Sanktion nicht in Kauf nehmen möchte.

Zum Autor

FN
Frank Nordhoff

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Partner der Kanzlei SPIEKER & JAEGER in Dortmund.

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