Die Güterstandschaukel - 22. Dezember 2022

Güterstandschaukel braucht Sorgfalt

Ein Wechsel zwischen den Güterständen kann dem Zweck dienen, steuerliche Vorteile zu erlangen. Dieser Schritt muss aber gut vorbereitet werden, um nicht in den Verdacht zu geraten, missbräuchlich zu handeln.

Häufig ist es eine Scheidung, die den gesetzlichen Güter­stand der Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten der Ehe­partner, aber gegebenenfalls auch eingetragenen Le­benspartner beendet. Nach wie vor zu wenig beachtet ist, dass die Partner eine Beendigung der Zugewinngemein­schaft auch einvernehmlich herbeiführen können, nämlich durch einen Ehevertrag. In diesem Fall entsteht nach § 1378 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Ausgleichsforderung in Höhe der hälftigen Differenz des Zugewinns jedes Ehepart­ners während der Ehe. Gemäß § 5 Abs. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) liegt kein steuerpflich­tiger Erwerb vor, wenn der gesetzliche Güterstand in ande­rer Weise als durch den Tod eines Ehegatten – also auch durch Abschluss eines den Güterstand beendenden Ehever­trags – aufgehoben wird. Der Erwerb der Ausgleichsforde­rung durch den anspruchsberechtigten Ehepartner stellt kei­nen steuerbaren Vorgang dar, sodass die Ausgleichsforde­rung schenkungsteuerfrei erworben wird. Die Erfüllung die­ ser Forderung durch Übertragung von Vermögenswerten durch den zum Ausgleich verpflichteten (Ehe-)Partner er­folgt in Erfüllung eines kraft Gesetzes entstandenen An­spruchs und stellt keinen unentgeltlichen Erwerb dar.

Wechsel der Güterstände

Die Beendigung des gesetzlichen Güterstands erfolgt in der Praxis häufig dadurch, dass die Ehepart­ner einvernehmlich für die Zukunft die Gütertrennung vereinbaren. Aus verschie­denen praktischen, rechtlichen und steu­erlichen Gründen soll deren Geltung häu­fig aber nicht dauerhaft vereinbart wer­den, vielmehr wechseln die Ehepartner mehr oder weniger schnell zurück in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinnge­meinschaft. Für dieses Wechselspiel hat sich der Begriff der Güterstandschaukel etabliert. Die schenkungsteuerrechtliche Anerkennung der Güterstandschaukel steht seit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2005 nicht mehr infrage. In einem extrem gelagerten Fall – die Ehepartner hatten die Beendigung des gesetzli­chen Güterstands auf den Ablauf des einen Tages und deren Neubegründung auf den Beginn des darauffolgenden Tages vereinbart – hat der BFH einerseits darauf hingewiesen, dass die aus § 1408 Abs. 1 BGB folgende Privatautonomie der Ehepartner weitreichend und durch das Schenkungsteuer­recht anzuerkennen sei. Andererseits hat der BFH darauf hingewiesen, dass sich aus § 5 Abs. 2 ErbStG das Erforder­nis einer Totalbeendigung nicht entnehmen lasse. Auch eine Frist oder Dauer für die Beendigung der Zugewinngemein­schaft sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Regelung in § 5 Abs. 2 ErbStG setze lediglich eine Beendigung des Gü­terstands voraus.

Missbräuchliche Gestaltungen

Allerdings obliegt den (Ehe-)Partnern nach der BFH-Recht­sprechung die Beweislast für die Ernsthaftigkeit der zwi­schen ihnen vereinbarten Beendigung des Güterstands. We­sentlicher Anhaltspunkt dafür ist die tatsächliche güterrecht­liche Abwicklung, also eine nachvollziehbare, transparente Ermittlung der Ausgleichsforderung. Hinsichtlich der Dauer, für die der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemein­schaft aufgehoben werden sollte, gibt es keinen festen An­haltspunkt. Der BFH-Entscheidung lag eine Gestaltung zu­grunde, bei der die Ehepartner die Zugewinngemeinschaft lediglich für eine logische Sekunde aufgehoben hatten. Der sich aufdrängenden Missbrauchsproblematik widmet der BFH gleichwohl lediglich einen einzigen Satz. In der Praxis ist dennoch empfehlenswert, einen gewissen Zeitraum ver­streichen zu lassen. Empfohlen werden – jeweils ohne nähere Begründung – drei Monate bis zu einem Jahr. Denkbar ist auch, die Schamfrist an dem Zeitraum zu orientieren, der für die Erfüllung der Ausgleichsforderung, also die Übertragung von Vermögenswerten auf den anspruchsberechtigten Ehe­partner, vorgesehen und erforderlich ist. Schließlich kann er­wogen werden, einem etwaigen Missbrauchsvorwurf da­durch zu begegnen, dass die Ehepartner den Ablauf des laufenden Veranlagungs­zeitraums für die Einkommensteuer ab­warten, bevor sie in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückwechseln. Zu bedenken ist im Hinblick auf den Zeit­raum, in dem die Zugewinngemeinschaft aufgehoben wird, auch, dass der BFH die Verfolgung „ehefremder Zwecke“ vermu­tet, wenn die Ehepartner innerhalb eines Jahres nach deren Aufhebung in die Zuge­winngemeinschaft zurückwechseln. Die Eheleute setzen sich dann zivilrechtlich dem Verdacht aus, den Wechsel des Güterstands mit dem Ziel vorgenommen zu haben, Gläubigerinnen und Gläubiger des ausgleichspflichtigen Ehepartners zu benachteiligen.

Risiken

Bei der Entscheidung darüber, ob eine Güterstandschaukel als Gestaltungsinstrument geeignet ist, sind damit verbun­dene steuerliche Risiken zu beachten. So betrifft die aus § 5 Abs. 2 ErbStG resultierende Privilegierung nur die schen­kungsteuerlichen Folgen. Wird im Zuge der Erfüllung der Ausgleichsforderung anstelle der Hingabe von Geld etwa ein steuerverhaftetes Wirtschaftsgut übertragen, so kann dies ertragsteuerliche Nachteile zur Folge haben. Aber auch hin­sichtlich der Schenkungsteuer ist Vorsicht geboten. Wird der Anspruch zwar unter Zugrundelegung der gesetzlichen Regelungen ermittelt und erlässt der anspruchsberechtigte Ehepartner dem ausgleichsverpflichteten Ehepartner später die Ausgleichsforderung ganz oder teilweise, so kann dies zu einer steuerbaren Schenkung des berechtigten Ehepart­ners führen. Eine steuerbare Zuwendung kann schließlich auch darin liegen, dass ein überhöhter, weil den gesetzli­chen Regelungen zur Ermittlung des Zugewinnausgleichs­anspruchs nicht entsprechender Anspruch vereinbart wird. In schenkungsteuerlicher Hinsicht unkritisch hingegen er­scheint die Fallgestaltung, in der die vertraglich vereinbarte Höhe des Ausgleichsanspruchs geringer ist als der sich ge­setzlich ergebende Anspruch.

Zum Autor

AK
Axel Keller

Rechtsanwalt bei Ecovis am Standort in Rostock

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