Electronic Cash - 29. Oktober 2020

Entspannt bleiben

Führen die neuen Bezahlverfahren zu einer grundlegenden Veränderung der Buchführung? Diese und andere Fragen rund um das E-Payment beantwortet der Hamburger Steuerberater Arne Tödter und gibt leichte Entwarnung.

DATEV magazin: Das vergangene Jahr war im Payment-Bereich geprägt von PSD2 (Payment Services Directive2) und XS2A (Access to Account). Ist nun alles geregelt und der normale Alltag wieder eingekehrt oder hat sich bei der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kanzlei viel verändert?

ARNE TÖDTER: In der Tat blicken wir auf wirklich bewegte Zeiten in der Payment-Landschaft zurück. Auch als Steuerberater sind wir mittlerweile mit einer wachsenden Zahl an Dienstleistern – über die gewohnte Bankenlandschaft hinaus – befasst, die uns Kontodaten unserer Mandanten bereitstellen.

Wir machen aber insgesamt gute Erfahrungen mit dem Import derartiger Kontodaten, weil uns auch die DATEV Werkzeuge bereitstellt, die den Import solcher Daten erleichtern, wie zum Beispiel die PayPal-Schnittstelle.

Sind Überweisung und Lastschrift noch der Normalfall bei den Zahlverfahren der Unternehmen?

Ja, unglaublich, aber wahr. Auch wenn hoffentlich kein Unternehmer mehr einen Überweisungsträger physisch ausfüllen muss, sondern Überweisungen und Lastschriften elektronisch erledigt, sind die bewährten Vorgänge von Überweisung und Lastschrift geblieben. Was sich verändert hat, ist in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit unseren Mandanten. Wir stellen ihnen die Zahlungen über DATEV Unternehmen online bereit, sodass die Mandanten nur noch den Freigabeprozesse anstoßen müssen.

Im E-Commerce und Handel, dem Point of Purchase, also dem Ort des Einkaufs, etablieren sich neue Zahlverfahren rund um das E-Payment. Wie wirken sich diese auf die Arbeit des Steuerberaters aus?

Wir stellen fest, dass außerhalb des klassischen Bankensystems die Unternehmen zunehmend Zahlungsdienstleister wie PayPal oder Apple Pay nutzen. Dies führt in der Konsequenz zwar immer noch zu den klassischen Verfahren von Überweisung und Lastschrift, jedoch ist der Umgang mit den neuen Anbietern für die Unternehmen viel einfacher und schneller geworden. Aus Sicht des Beraters ist die Verarbeitung der Bankbewegungen in gleicher Weise wie beim Kontoauszugsmanager möglich. Es wird immer nur dann schwierig, wenn ein Unternehmer viele verschiedene Zahlungsmöglichkeiten zulässt und jeder Übertragungsweg separat bearbeitet werden muss.

Die Corona-Krise forciert die elektronischen Zahlverfahren an den Ladenkassen. Wie kann der Steuerberater das Unternehmen bei der Akzeptanz verschiedener Zahlverfahren beratend unterstützen?

Ich halte diese Form der Beratung für ein schwieriges Feld. Wir müssen als Berater unseren Tätigkeitsbereich im Kern klar vom Unternehmensbereich abgrenzen; diese Beratung können branchenerfahrene IT-Dienstleister besser. Wir halten uns daher grundsätzlich zurück, wenn es um die Beratung der zu verwendenden Kassen- und Zahlungssysteme geht. Wir geben nur den Hinweis, dass sich der Unternehmer keinen Gefallen damit tut, zu viele Möglichkeiten zuzulassen, sofern er das für sein Geschäft verantworten kann.

Um den aktuellen Liquiditätsstatus zu ermitteln, konnte man sich bisher die Bankkonto- und Kassenstände ansehen und wusste schnell, wie es um die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Unternehmens steht. Nun gibt es Kreditkartenkonten, PayPal, Apple Pay und Google Pay sowie Zahlungsmitteläquivalente. Kann ein Steuerberater die Liquidität eines Unternehmens noch überblicken?

Das ist in der Tat etwas unübersichtlicher geworden, aber immer noch gut möglich. Ich war noch nie ein Freund des Managements by Bankbestand und habe den Liquiditätsstatus schon immer für den Unternehmer aus den Bilanzpositionen abgeleitet. Auf diese Weise ist es möglich, anhand der Forderungen und Verbindlichkeiten einen guten Überblick über die kurzfristige Liquiditätsentwicklung zu gewinnen, auch wenn Guthaben oder Verbindlichkeiten bei den Zahlungsdienstleistern nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Wenn man dies dann noch in DATEV-Planzahlen hinterlegt, ist die mittel- und langfristige Liquidität immer noch unabhängig von der Zahlungsweise gut einschätzbar.

Laut den Prognosen wird sich die Anzahl der Zahlungstransaktionen in den nächsten Jahren vervierfachen. Dabei wird es auch zu immer mehr Leistungen mit Kleinbeträgen kommen. Und wie heißt es so schön: keine Buchung ohne Beleg. Wie können sich die steuerlichen Berater auf dieses exponentielle Wachstum der zu buchenden Geschäftsvorfälle vorbereiten?

Die Bearbeitung derartiger Geschäftsvorfälle wird nur noch über gut eingerichtete Schnittstellen und Buchungsautomatiken möglich und auch sinnvoll sein. Wir betreuen in unserer Kanzlei beispielsweise Online-Händler, bei denen bereits heute schon viele Transaktionen mit Kleinstbeträgen an der Tagesordnung sind, mit der Folge eines erheblichen Buchungsvolumens. Eine große Herausforderung in diesem Zusammenhang ist der häufig fehlende Buchungsbeleg. Er ist lediglich in einem Nebenbuch des Mandanten verfügbar. Ähnlich verhält es sich mit den Auftragsnummern, den Order-IDs, als wichtigstem Kriterium für den Ausgleich offener Posten; auch diese sind oft nicht vorhanden. Wir hoffen, dass uns hier die technische Entwicklung, etwa die Übertragung von XML-Dateien aus Vorsystemen, eine manuelle Nachbearbeitung und Nebenbücher ersparen wird.

Instant Payment und damit die Echtzeitüberweisungen werden sich durchsetzen. Welche positiven Effekte hat dies und entstehen damit neue Geschäftsmodelle für die Unternehmen?

Puh, das ist eine gute Frage. Ich kann mir den Online-Handel ja mittlerweile schon kaum noch ohne Instant Payment vorstellen. Es bietet den entscheidenden Vorteil, dass der Warenversand ohne Verzögerung ausgelöst werden kann. In den klassischen Branchen wird sich Instant Payment sicher auch für das Privatkundengeschäft durchsetzen. Es erspart den Unternehmen die Notwendigkeit eines guten Forderungsmanagements. Umgekehrt glaube ich nicht, dass insbesondere im B2B-Geschäft grundsätzlich der Kauf auf Rechnung aufgegeben wird. Instant Payment bietet keine wesentlichen Vorteile gegenüber den klassischen Verfahren. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass sich die Geschäftsmodelle durch diese neuen Bezahlmöglichkeiten verändern werden.

Das Unternehmen, dessen Hausbank und der Steuerberater sind ein Dreigestirn, das bisher gut harmonierte und aufeinander eingespielt war. Nun drängen immer mehr Fintechs auf den Markt und machen den Hausbanken Konkurrenz. Welche Auswirkungen wird dies auf die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Steuerberater haben?

Dieses Dreigestirn wird nach meiner Einschätzung weiter wichtig sein, denn auch der Einsatz von neuen Finanztechnologien ändert grundlegend nichts an diesen Verhältnissen. Wir pflegen in Hamburg ganz besonders unter ehrbaren Kaufleuten diese verlässlichen Beziehungen, sie bilden die Vertrauensbasis für agile Geschäftstätigkeit. Die Fintechs werden uns dabei unterstützen, aber diese Zusammenarbeit nicht grundlegend verändern.

Das Thema Wirecard war wirklich allgegenwärtig. Inwiefern glauben Sie, dass eine stärkere Aufsicht verbunden mit der aktiven Beratung durch den steuerlichen Berater ein neues Tätigkeitsfeld für Ihre Branche darstellen könnte?

Wissen Sie, ich bin eigentlich kein Freund von allzu viel Regulatorik und Kontrolle. Natürlich freuen wir Berater uns immer über neue Tätigkeitsfelder, gleichzeitig darf die Entwicklung in der Steuerberatung aber nicht dazu führen, dass sich die Verantwortung für korrektes Handeln zu stark vom Unternehmer auf den Berater verlagert. Dies würde dann wegführen vom mittelständischen Steuerberater hin zu immer größeren Einheiten, die all diese Herausforderungen abdecken können.

Hatten Sie im Rahmen der Beratung von Unternehmen schon Berührungspunkte mit Krypto-Assets und Wallets?

Ich verfolge diese Entwicklungen mit großem Interesse und bin gespannt, wie wir als Berater diese dann deutlich veränderten Geschäftsprozesse bewältigen werden. Es ist aber noch zu früh, ich hatte in diesem Bereich bislang noch keine Berührungspunkte.

Bei fehlender Liquidität sind Crowdfunding und Spendenaktionen aktuell eine Möglichkeit, die betreffenden Unternehmen zu finanzieren. Werden Sie als Steuerberater in diese Aktionen eingebunden beziehungsweise beraten Sie die Unternehmen dazu steuerrechtlich?

Ich finde diese Finanzierungsmöglichkeiten sehr spannend. Ich rate meinen Mandanten aber dringend dazu, Crowdfunding über professionelle Anbieter zu organisieren. Ich sehe sonst die Gefahr, dass sich für meine Mandanten die Notwendigkeit ergibt, eine BaFin-Zulassung zu erwerben. In den von mir betreuten Fällen würden die regulatorischen Anforderungen und Prüfungen dann in keinem Verhältnis zu dem eingeworbenen Geld stehen.

Hat sich in Ihrer Kanzlei – wenn Sie sich als Unternehmer sehen – in den vergangenen Jahren an den Payment-Verfahren etwas verändert oder stehen die klassischen Zahlverfahren weiterhin im Vordergrund?

Das ist wirklich interessant. Ich habe in den letzten Jahren sehr darauf geachtet, die Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung in den Finanzprozessen vollständig umzusetzen. Das hat uns nicht nur viel Freude, sondern auch viele Mandanten beschert, die sich mit uns als fortschrittlichem Berater sehr wohlfühlen. Bislang hat aber kein Mandant die Bezahlung unserer Honorare außerhalb der klassischen Zahlverfahren beglichen. Das liegt sicher daran, dass wir im Wesentlichen mittelständische Unternehmen und deren Inhaber betreuen.

Mehr dazu

• Lernvideo online „DATEV Zahlungsdatenservice (PayPal) – Automatisierung kaufmännischer Geschäftsprozesse“ und auch als Präsenzseminar

• Präsenzseminar „Der Online-Handel mit Amazon: Prozesse, Schnittstellen und Besonderheiten

• Präsenzseminar „Chance Online-Handel“

Zu den Autoren

Robert Brütting

Rechtsanwalt in Nürnberg und Fachjournalist Recht sowie Redakteur beim DATEV magazin

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TJ
Thomas Jäger

Gruppenleiter in der Entwicklung bei DATEV im Bereich der elektronischen Bezahlverfahren

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