Steuerberaterausbildung - 31. März 2020

Digitales Upgrade

Die digitale Transformation fordert den Berufsstand bereits in der Ausbildung heraus. Eine Bestandsaufnahme: Wo stehen wir heute? Wohin geht die Reise?

Chance oder Risiko? Die Digitalisierung ist nicht nur für den steuerberatenden Beruf das Megathema der vergangenen Jahre schlechthin. Die gesamte Wirtschaft hat sich durch die Digitalisierung verändert und wird dies weiter tun. Infolgedessen werden sich das Tätigkeitsspektrum und das Wettbewerbsumfeld der Steuerberaterkanzleien weiter anpassen – möglicherweise schneller als manchem lieb ist. Als Dienstleister ihrer Mandanten stellen Steuerberater immer wieder deren sich ändernde Bedürfnisse genauso wie sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Konsequent werden beziehungsweise müssen gewohnte Prozesse in den Kanzleien immer wieder hinterfragt und angepasst werden.

Der steuerberatende Beruf ist zukunftssicher – ändert sich aber

Die häufig zitierte Oxford-Studie „The Future of Employment“ kam zu dem pauschalen Schluss, dass steuerberatende Tätigkeiten in Zukunft durch Automatisierung wegfallen könnten. Wir meinen, dass der Markt für Beratungsleistungen bestehen bleibt. Wie und wohin sich aber der steuerberatende Markt und der steuerberatende Beruf im Jahr 2035 tatsächlich entwickeln werden, ist mit keiner noch so genauen Prognose, mit keiner noch so optimierten Szenariotechnik zu ermitteln. Klar ist, dass alles, was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert wird.

Das materielle Steuerrecht ist in der digitalen und analogen Welt identisch.

Vor diesem Hintergrund ist auch die von der Bundessteuerberaterkammer mit Unterstützung aller 21 Steuerberaterkammern durchgeführte bundesweite Erhebung des Statistischen Berichtssystems für Steuerberater (STAX) interessant. Denn sie zeigt auf, dass in den Steuerberaterkanzleien die Digitalisierung durchaus ausbaufähig ist. Experten rechnen vor allem im Bereich der Finanzbuchführung und im Bereich der Lohnbuchführung mit technischen Neuerungen. Dazu zählen bereits heute die elektronische und voll automatisierte Verbuchung ebenso wie das digitale Vorhalten und Übermitteln von Belegen. Aber auch Cloud-Computing, elektronischer Abruf von Steuererklärungsdaten und das ­ELSTER-Portal sind schon längst Kanzleialltag. Und auch die Kommunikation mit den Mandanten wird zunehmend digital. Aber der Blick in den eigenen Mandantenkreis zeigt immer wieder, dass trotz aller technischen und digitalen Möglichkeiten die räumliche Nähe unverändert ein Kriterium für die Wahl des eigenen Steuerberaters ist. Nur äußerst selten kommen Mandanten aus dem gesamten Bundesgebiet. Allein die bloße Möglichkeit eines analogen Besuchs in der Kanzlei scheint noch genauso wichtig zu sein wie die regionale Verbundenheit. Das belegen auch Mandantenumfragen. 

Jeder Kanzleiinhaber ist daher in einem hohen Maße selbst gefordert, seine eigene Kanzlei zukunftsfähig aufzustellen und seine eigene individuelle Digitalisierungsstrategie zu entwickeln. Mitgenommen und von den Vorteilen überzeugt werden müssen auch die Mandanten.

Unterstützung durch die Steuerberaterkammern

Die gewonnenen Erkenntnisse aus der jüngst veröffentlichten STAX-Sonderauswertung „Digitalisierung in den Steuerberaterkanzleien“ werden derzeit in den Gremien des Berufsstands erörtert. Die Bundessteuerberaterkammer setzt sich aber auch für die Weiterentwicklung von digitalen Verfahren aktiv ein und begleitet Projekte der Finanzverwaltung, wie zum Beispiel RABE oder NachDigal. Laufend stellt der Berufsstand die berufsrechtlichen Regelungen des Steuerberatungsgesetzes, die Inhalte der Steuerberaterprüfung, die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter in den Kanzleien auf den Prüfstand, um den optimalen Rahmen für die zukünftige Berufsausübung zu schaffen.

Steuerberaterprüfung – Anpassungsbedarf durch Digitalisierung?

Die Reform der Steuerberaterprüfung steht regelmäßig auf der Agenda. Zuletzt hat die Bundessteuerberaterkammer Vorschläge für die Reform der Lehrinhalte der Ausbildung, die berufspraktischen Voraussetzungen sowie die Durchführung der Steuerberaterprüfung vorgelegt.

Ohne digitale Technologien ist der Kanzleialltag schon lange nicht mehr denkbar. Eine Verortung der dafür erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen im Steuerberaterexamen ist aber gänzlich ungeeignet. Die Prüfung ist rechtlich eine Berufszugangsprüfung und kann nur die Kenntnisse zu den Vorbehaltsaufgaben abprüfen. Der Schwerpunkt der Prüfung kann regelmäßig nur auf dem Gebiet der steuerrechtlichen Kenntnisse liegen. Die Digitalisierung hat zwar Eingang in die prozess- und abgabenrechtlichen Abläufe gefunden, das materielle Steuerrecht ist in der digitalen und analogen Welt jedoch identisch. Digitale Kanzleiabläufe, automatisierte Geschäftsprozesse und alles, was dazu gehört, sind bislang eher in der praktischen Ausbildungszeit zu finden. Diese Inhalte zählen im Übrigen auch zum Fortbildungskanon der Steuerberater nach dem erfolgreichen Bestehen der Prüfung. Eine kontinuierliche und systematische Fortbildung in allen Digitalisierungsfragen ist eine Selbstverständlichkeit für eine dauerhaft erfolgreiche Berufsausübung. Im Selbststudium werden neben den bewährten Printausgaben längst neue Wege durch E-Learning, E-Books oder Newsletter und der Einsatz von renommierten und bekannten Datenbanken beschritten.

Neue Herausforderungen für Mitarbeiter – Chance FAIT

Vor dem zu erwartenden Hintergrund der Veränderungen bei den Buchführungsaufgaben setzt der Berufsstand seit Jahren auf die Weiterqualifizierung seiner Mitarbeiter. Die Berücksichtigung der Digitalisierung war einer der zentralen Gründe, das Neuordnungsverfahren in der Ausbildung der Steuerfachangestellten anzugehen. Nach dem Steuerfachwirt, dem Fachassistenten für Lohn und Gehalt (FALG), dem Fachassistenten für Rechnungswesen und Controlling (FARC) und dem Fachassistenten für Land- und Forstwirtschaft (FALF) bereiten die Steuerberaterkammern unter der Federführung der Bundessteuerberaterkammer gerade die Einführung des Fachassistenten Digitalisierung und IT-Prozesse (FAIT) vor. Dieser gliedert sich in die Reihe der bestehenden Fachassistenten ein. Ziel der Prüfung ist es, digitale Geschäfts- und Arbeitsprozesse zwischen Steuerberatungskanzlei und Mandantenunternehmen zu analysieren, zu standardisieren und zu automatisieren und die Kanzleiführung bei der Organisation, Umsetzung und Weiterentwicklung einer Digitalstrategie zu unterstützen. Primäre Zielgruppe sind IT-begeisterte Steuerfachangestellte, aber auch Kanzleimitarbeiter mit gleichwertiger Berufsausbildung und Akademiker mit einem dreijährigen Hochschulstudium im IT-Bereich. Im Bereich der Berufsangehörigen können Hochschulen mit neuen Studiengängen oder Wahlmodulen im Bereich IT im Steuer- und Prüfungswesen neue Akzente setzen, in der erforderlichen Tiefe Kenntnisse vermitteln und Jugendliche für den Beruf des Steuerberaters begeistern.

Die Zukunft? Veränderungen durch KI und Tax Tech

KI, also künstliche Intelligenz, ist einer der Trends, dem der größte Raum in allen Beiträgen zur Digitalisierung eingeräumt wird. Immer mehr Software-Unternehmen und Start-ups versuchen durch den Einsatz von KI, Lösungen für den Steuerberatermarkt zu entwickeln. Klar ist: Auch hier gilt das Steuerberatungsgesetz. Individuelle Hilfeleistungen in Steuersachen dürfen nur hierzu befugte Personen und Gesellschaften erbringen. Damit stellt das Steuerberatungsgesetz sicher, dass die Steuerpflichtigen sich auf eine professionelle und qualifizierte Steuerberatung verlassen können. Wo die Grenze zur individuellen Steuerberatung überschritten ist, lässt sich allerdings nicht immer einfach beantworten, sondern ist eine Frage des Einzelfalls. Bei den im Markt erhältlichen Steuererklärungsprogrammen, die mit programmierten Frage-Antwort-Systemen arbeiten und bei denen der Nutzer seine Daten und Antworten selbst eingibt, dürfte diese Grenze noch nicht überschritten sein. Wie der Tax-Tech-Markt sich künftig entwickeln wird, wird von den Steuerberaterkammern und der Bundessteuerberaterkammer sorgfältig beobachtet. Ob Tax Tech gelingt und rechtlich vor der jüngsten BGH-Entscheidung zum Legal Tech zulässig bleibt, werden wir beobachten und im Berufsstand diskutieren.

Steuerberater sind Organe der Steuerrechtspflege

Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2019 gesetzlich klargestellt, dass Steuerberater Organe der Steuerrechtspflege sind. Der Berufsstand wird damit in einer immer digitaler werdenden Welt noch einmal deutlich aufgewertet und statusmäßig mit Rechtsanwälten gleichgestellt. Steuerberater stehen nun auf gleicher Augenhöhe mit der Finanzverwaltung und können damit das Kompetenzgefälle zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen noch wirksamer ausgleichen als bisher. Die hohe Qualität der umfassenden Beratung durch Steuerberater ist in anderen Mitgliedstaaten der EU noch nicht ausreichend bekannt. Die nun erfolgte Klarstellung erleichtert die Interessenvertretung der ­berufsständischen Organisationen auf europäischer Ebene erheblich, da sie die Besonderheiten und Vorteile des deutschen Berufsrechts auf europäischer Ebene besser vermitteln können. Dies ist ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft der Steuerberatung. 

Mehr dazu

DATEV DigiCheck für Kanzleimitarbeiter: www.datev.de/digicheck

Fachbuch: Go digital: Neues Denken in der Kanzleiführung, Art.-Nr. 35421

Tabellen und Informationen für die steuerliche Beratung mobil 2020, 2. Auflage,
Art.-Nr. 30885