Das gemeinnützige Engagement in Form einer Stiftung wird derzeit noch durch die Zersplitterung im deutschen Stiftungsrecht erschwert. Wachsende Bürokratie, Rechtsunsicherheit und Niedrigzinsen standen einer Verwirklichung der beabsichtigten Zwecke häufig im Weg, so dass eine Reform überfällig war. Diese ist nun endlich beschlossen, nachdem bereits vor sieben Jahren dazu der Startschuss fiel.
Der Beitrag wurde nach Verabschiedung des Gesetzes Ende Juni 2021 am 15.7.21 überarbeitet
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt die lange Tradition und Beständigkeit der Rechtsform Stiftung in rechtlich selbständiger Form. Das bürgerschaftliche Engagement für gesellschaftliche Themen im Kleid von Stiftungen hat stetig an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Akteure sehen die Notwendigkeit, sich im weitesten Sinne über den Tod hinaus gemeinnützig zu engagieren und wollen auch schon zu Lebzeiten aktiv durch das gemeinnützige Vehikel einer Stiftung zivilgesellschaftlich wirken. Dabei unterliegen Stiftungen dem wachsamen Auge der Rechtsaufsicht unter Ägide der Stiftungsbehörden in den Ländern.
Reformbedarf
Primäres Ziel der aktuellen Stiftungsrechtsreform war die Zersplitterung des Stiftungsrechts in Bundes- und Landesrecht zu beseitigen sowie eine bundeseinheitliche Kodifizierung der zivilrechtlichen Regeln für die Stiftung des bürgerlichen Rechts zu fördern. Die Entwicklung des deutsche Stiftungsrechts ist auch immer im Zusammenhang mit der Entwicklung des deutschen Stiftungssteuerrechts zu sehen. Das gilt in besonderem Maße für gemeinnützige Stiftungen. Deren Anteil an den aktuell vom Bundesverband Deutscher Stiftungen erfassten 23.876 Stiftungen des bürgerlichen Rechts beträgt 92 Prozent. Es überwiegt der Anteil kleinerer Stiftungen mit einem Stiftungskapital von weniger als einer Mio. EUR, welcher mehr als 2/3 der Stiftungen ausmacht. Insofern sind insbesondere die Reform des Stiftungssteuerrechts im Jahr 2007 – unter anderem eine Erhöhung des Sonderausgabenabzugs für Zustiftungen in das Grundstockvermögen auf eine Mio. EUR – und das Ehrenamtsstärkungsgesetz aus dem Jahre 2013 – steuer- und gemeinnützigkeitsrechtliche sowie stiftungszivilrechtliche Verbesserungen, wie etwa die Erhöhung der Steuerfreibeträge für Ehrenamtliche, die Haftungseinschränkung und die Nachweiserleichterungen für die Verwendung der Mittel sowie die Verlängerung der Frist zur zeitnahen Mittelverwendung und die Einführung eines Feststellungsverfahrens nach § 60a der Abgabenordnung (AO) sowie klarstellende Vergütungs- und Haftungsregelungen für Vorstände – als wichtige Fortschritte für die Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement zu nennen.
Ergebnisoffene Prüfung
2014 fiel der Startschuss für die aktuelle Reform des Stiftungsrechts mit dem Beschluss der Justiz- und Innenminister zur Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLA) unter Leitung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJ). In dieser Arbeitsgruppe waren neben dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), das Bundesministerium der Finanzen (BMF), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) sowie die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen vertreten. Die Arbeitsgruppe hat das für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Stiftungen) geltende Bundes- und Landesstiftungsrecht sowie zusätzlich einige Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten, die Bedeutung für Stiftungen haben, auf Änderungsbedarf geprüft. Das Bundes- und Landesstiftungsrecht sollte ergebnisoffen überprüft werden, um die Arbeit gemeinnütziger Stiftungen zu erleichtern und zusätzliche Anreize für Stifterinnen und Stifter zu schaffen. Im Mittelpunkt dieser Überprüfung des Stiftungsrechts standen folgende Punkte:
- Rechte von Stifterinnen und Stiftern zu Lebzeiten,
- Möglichkeit der Bündelung von Ressourcen nicht überlebensfähiger Stiftungen,
- Steigerung der Transparenz im Stiftungswesen,
- Schaffung und Verbesserung bundeseinheitlicher rechtlicher Rahmenbedingungen,
- Absicherung von Stiftungen in Zeiten niedriger Erträge.
Stockendes Reformvorhaben
Auf den ersten Bericht der BLA vom 9. September 2016 folgten Anhörungen und Stellungnahmen von Fachverbänden – insbesondere der Stifter und Stiftungen sowie Fachverwaltungen und Wissenschaft. Der Bundesverband hatte das Reformvorhaben stets aus der Mitte seiner Mitglieder heraus aktiv vorangetrieben und mit seinen aus der Praxis geborenen Vorschlägen begleitet. Ein zweiter Bericht der BLA wurde am 28. Februar 2018 veröffentlicht. Als das Reformvorhaben ins Stocken geriet, hat der Bundesverband mit einer konzertierten Aktion seiner Mitglieder „Stiftungsrechtsreform jetzt“ Ende 2019 die Reform wieder auf die Tagesordnung der Politik gebracht. Besonderen Auftrieb erhielt das Vorhaben durch die Verankerung der Stiftungsrechtsreform im Koalitionspapier der Regierungsparteien für die 19. Legislaturperiode vom 12. März 2018, an dessen Umsetzung sie sich immer auch politisch messen lassen müssen.
Referenten- und Regierungsentwurf
Schließlich mündete der Reformprozess in den Referentenentwurf (RefE) des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts des BMJV vom 28. September 2020, der von bedeutenden Stimmen der Rechtswissenschaft mit einem Gegenentwurf, dem sogenannten Professorenentwurf (ProfE) zur Stiftungsreform 2020, stark kritisiert wurde. Der Referentenentwurf sah unter anderem eine aus dem Aktienrecht entlehnte Satzungsstrenge vor, die das Arbeiten von Stiftungen weiter als nach bisheriger Praxis einschränken sollte, auch wurde das Surrogationsprinzip für Erträge aus Umschichtungen festgezurrt, wenn dies nicht in der Satzung anders geregelt würde. Der Bundesverband hatte diese und andere Positionen ebenfalls kritisiert, sah jedoch im Reformvorhaben insgesamt einen wichtigen Fortschritt zum Status quo der Stiftungswelt in vielerlei Hinsicht. Einen Überblick über die Verbandsanhörung gibt die diesbezügliche Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage. Die Neuregelungen kamen nochmals auf den Prüfstand – der Reformprozess mündete nunmehr im Regierungsentwurf (RegE) des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vom 3. Februar 2021. Dieser enthielt nicht mehr das strenge Surrogationsprinzip, auch wurde die Anforderung der Satzungsstrenge korrigiert, es blieben jedoch einige Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten unaufgelöst, die es im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu korrigieren galt.
Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode
Der Bundesrat hatte zum Gesetzentwurf am 26. März 2021 Stellung genommen. Darauf wurde der Entwurf im Bundestag behandelt, wobei es danach noch der Zustimmung des Bundesrats bedurfte. Im Rahmen der ersten Lesung am 15. April wurde der Gesetzentwurf an den federführenden Rechtsausschuss ohne Aussprache verwiesen und dort am 5. Mai 2021 unter Hinzuziehung von Experten in einer öffentlichen Anhörung im Detail beraten. Ende Juni wurde das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts von Bundestag und Bundesrat dann beschlossen. Die meisten Neuregelungen werden erst am 1. Juli 2023 in Kraft treten. Das mit der Reform erstmals geschaffene Stiftungsregister wird seinen Betrieb zum 1. Januar 2026 aufnehmen.. Eine Verschiebung des Reformvorhabens in die nächste Legislaturperiode wurde in der Anhörung nur vereinzelt gefordert. Über den aktuellen Vorgangsablauf im Gesetzgebungsverfahrens gibt das Dokumentations- und Informationssystem für parlamentarische Vorgänge des Bundestags Auskunft.
Fazit
Erfreulich ist, dass es nun nach mehr als sieben Jahren der Reformbemühungen konkret wurde und eine Vereinheitlichung des materiellen Stiftungsrechts in Deutschland beschlossen ist . Der Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. wird sich aber für weitere Verbesserungen im Interesse einer zukunftsfähigen Stiftungspraxis einsetzen.