Bei der Berichterstattung über die gesetzliche Abschlussprüfung stehen die Prüfer vor weitreichenden Änderungen, die nicht zuletzt zu mehr Transparenz führen sollen.
Bei Abschlussprüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen werden neue Bestätigungsvermerke mit geänderter Struktur und geändertem Inhalt erteilt. Hintergrund der Neuregelungen sind der neue International Standard on Auditing zur Berichterstattung im Rahmen der Abschlussprüfung (ISA 700 [Revised]) sowie Art. 10 der EU-Abschlussprüferverordnung (EU-APrVO), die zu Änderungen im deutschen Prüfungsstandard zur Erteilung von Bestätigungsvermerken des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) geführt haben (IDW PS 400 n.F.).
Neuregelungen
Der neue IDW-Prüfungsstandard sieht folgende wesentliche Neuerungen für alle Bestätigungsvermerke vor:
- Das Prüfungsurteil steht nun zu Beginn des Bestätigungsvermerks.
- Es wird eine explizite Erklärung zur Unabhängigkeit abgegeben.
- Es wird über sonstige Informationen berichtet, die mit dem geprüften Abschluss veröffentlicht werden, aber nicht Gegenstand der Abschlussprüfung waren.
- Die Verantwortlichkeiten der gesetzlichen Vertreter und des Abschlussprüfers werden detaillierter als bisher beschrieben; zudem wird nun auch auf die Verantwortung des Aufsichtsorgans eingegangen, den Rechnungslegungsprozess zu überwachen.
Bei Bestätigungsvermerken für Unternehmen von öffentlichem Interesse – also kapitalmarktorientierte Unternehmen im Sinne des § 264d Handelsgesetzbuch (HGB) sowie bestimmte Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen – sind darüber hinaus folgende Inhalte zu ergänzen:
- Berichterstattung über besonders wichtige Prüfungssachverhalte (sogenannte Key Audit Matters – KAM)
- Erklärung bezüglich verbotener Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers
- Angabe des Namens des auftragsverantwortlichen Wirtschaftsprüfers
- Angaben zur Bestellung und Mandatsdauer
- Aussage zum Einklang des Prüfungsurteils mit dem Prüfungsbericht
- Angabe zusätzlicher Leistungen, die für das geprüfte Unternehmen erbracht worden sind, sofern diese Angaben nicht bereits im Anhang oder Lagebericht enthalten sind
Besonders wichtige Prüfungssachverhalte
Die bedeutendste inhaltliche Neuerung liegt in der Verpflichtung des Abschlussprüfers, bei Unternehmen von öffentlichem Interesse über KAM zu berichten. Diese Berichterstattung soll die Aussagekraft des Bestätigungsvermerks steigern, indem mehr Transparenz über die durchgeführte Abschlussprüfung geschaffen wird. Die Ausgangsbasis zur Bestimmung der KAM sind die Informationen aus dem Abschluss für den aktuellen Berichtszeitraum. Die Grundgesamtheit möglicher KAM ergibt sich aus den zwischen dem Aufsichtsorgan und dem Abschlussprüfer kommunizierten Sachverhalten, etwa aus Erörterungen mit dem Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats. Aus diesen Sachverhalten wählt der Abschlussprüfer diejenigen aus, die auf Basis seiner Einschätzungen am bedeutsamsten bei der Prüfung des Abschlusses waren und daher als KAM in den Bestätigungsvermerk aufgenommen werden. In Betracht kommen hier zum Beispiel Sachverhalte, die eine erhöhte Komplexität aufweisen oder die mit einem hohen Ermessensspielraum und einem daraus resultierenden deutlichen Fehlerrisiko verbunden sind. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass etwa drei bis fünf Sachverhalte aus der laufenden Abschlussprüfung als KAM identifiziert werden. In der Berichterstattung über KAM ist der Sachverhalt zu beschreiben und darauf einzugehen, warum es sich aus Sicht des Abschlussprüfers um einen besonders wichtigen Sachverhalt handelt, wie bei der Prüfung des Sachverhalts vorgegangen wurde und welche Erkenntnisse dabei erlangt wurden. Dabei ist zu beachten, dass dies vor dem Hintergrund erfolgt, dass sich der Abschlussprüfer ein Prüfungsurteil zum Abschluss als Ganzes gebildet hat. Ein KAM ist nicht als ein gesondertes Prüfungsurteil zu einem einzelnen Sachverhalt zu verstehen. KAM sind kein Ersatz für fehlende oder unvollständige Angaben im Abschluss und ersetzen auch keinen ergänzenden Hinweis auf bestandsgefährdende Risiken oder eine Einschränkung beziehungsweise Versagung des Bestätigungsvermerks.
Börsennotierte Unternehmen
Eine Berichterstattung über besonders wichtige Prüfungssachverhalte im Bestätigungsvermerk erfolgte für das Geschäftsjahr 2016 erstmalig bereits bei einigen börsennotierten Unternehmen, die unter ergänzender Beachtung der International Standards on Auditing (ISA) geprüft worden sind. Eine Auswertung dieser Bestätigungsvermerke zeigt, dass bei Konzernabschlüssen durchschnittlich über vier und bei Jahresabschlüssen durchschnittlich über drei besonders wichtige Prüfungssachverhalte berichtet wurde. Das deckt sich mit Erfahrungen aus dem Vereinigten Königreich, wo seit 2013 über Key Audit Matters berichtet wird und im Durchschnitt vier Sachverhalte mitgeteilt werden. Zu den Themen, über die bisher am häufigsten berichtet wurde, gehören:
- Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwerts
- latente Steuern
- Rückstellungen (zum Beispiel Rechtsrisiken, Pensionen, Restrukturierungen)
- Unternehmens- und Kapitalmarkttransaktionen
- Finanzinstrumente und Sicherungsgeschäfte
- Beteiligungsbewertung
Wann sind die neuen Regelungen zu beachten?
Die Regelungen zum neuen Bestätigungsvermerk sind bei Unternehmen von öffentlichem Interesse für Berichtszeiträume, die nach dem 16. Juni 2016 beginnen, zu beachten. Bei allen anderen Unternehmen ist IDW PS 400 n.F. erstmals für die ab dem Jahr 2019 zu erteilenden Bestätigungsvermerke – bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr also für Prüfungen der Abschlüsse zum 31. Dezember 2018 – anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig.
Auswirkungen auf die Praxis
Die Neuregelungen führen dazu, dass der Bestätigungsvermerk wesentlich individueller formuliert wird als bisher.
Die Neuregelungen führen dazu, dass der Bestätigungsvermerk wesentlich individueller formuliert wird als bisher und auch sein Umfang variieren kann. Während er bisher selten mehr als zwei Druckseiten im Geschäftsbericht eines Unternehmens einnahm und über die Jahre konstant blieb, ist der durchschnittliche Umfang bei Unternehmen von öffentlichem Interesse aufgrund der Berichterstattung über die besonders wichtigen Prüfungssachverhalte in den Geschäftsberichten 2016 auf durchschnittlich sieben Seiten angewachsen. In diesem Zusammenhang ist in der Praxis darauf zu achten, dass die vorläufige Finalisierung des Bestätigungsvermerks rechtzeitig erfolgt, um den Umfang seines Abdrucks im Geschäftsbericht entsprechend einplanen zu können. Die bisherigen Erfahrungen mit den Neuregelungen haben gezeigt, dass die Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und der Gesellschaft, etwa der Unternehmensleitung oder dem Prüfungsausschuss, zeitintensiv sein kann. Das Thema sollte daher frühzeitig und proaktiv besprochen werden. Bedeutsame Sachverhalte, die als mögliche KAM in Betracht kommen, können dazu bereits auf Basis von Informationen aus der letzten abgeschlossenen Abschlussprüfung oder aus einem Review des Halbjahresfinanzberichts beziehungsweise im Rahmen der Planung oder Vorprüfung der laufenden Abschlussprüfung identifiziert werden.
Fazit
Der neue Bestätigungsvermerk bringt weitreichende Änderungen in der Berichterstattung über die gesetzliche Abschlussprüfung mit sich. Zudem muss der Abschlussprüfer bei Unternehmen von öffentlichem Interesse künftig unternehmensindividuell über besonders wichtige Sachverhalte berichten; dadurch trägt er zu mehr Transparenz bei den Abschlussadressaten bei.