In Zeiten der Globalisierung wird es zunehmend wichtiger, sich mit allen Fragen zur Gestaltung internationaler Verträge auseinanderzusetzen. Denn womöglich auftretende Probleme werden durch die Klauseln am Ende des Vertrags beeinflusst.
Deutschland ist eine führende Exportnation. Viele Lieferbeziehungen bestehen seit Jahren, und es ist immer alles gut gegangen. Doch wenn es einmal schiefläuft, kommen schnell Probleme auf, an die bei der Vertragsgestaltung niemand gedacht hat. Und diese Probleme werden maßgeblich durch die vermeintlich unwichtigen Klauseln am Ende eines jeden Vertrags beeinflusst, nämlich die Klauseln zur Rechtswahl und Gerichtsbarkeit.
Rechtswahl als Spielanleitung eines Vertrags
Eine vernünftige Vertragserstellung beziehungsweise -prüfung setzt auf die Rechtswahlklausel am Ende des Vertrags auf. Denn die Rechtswahl gibt die Spielregeln vor, nach denen sich das Vertragsverhältnis der Parteien zueinander beurteilt. In einem Rechtsstreit sind oft erhebliche Mühen aufzuwenden, um festzulegen, welche Rechtsordnung denn nun auf die vertraglichen Beziehungen der Parteien zueinander Anwendung finden, denn häufig birgt die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung den streitentscheidenden Vorteil für eine der Parteien. Es geht also nicht nur um die Bequemlichkeit. Das Risiko innerhalb der Europäischen Union (EU) ist überschaubar. Wer innerhalb der EU auf eine Klausel zur Rechtswahl verzichtet, unterwirft sich automatisch den Regeln der Rom-I-Verordnung. Diese setzt dem Grunde nach eine internationale Faustformel um: Haben die Parteien nichts Abweichendes vereinbart, also keine Rechtswahl getroffen, gilt das Recht des Staats, zu dem der Vertrag die engsten Beziehungen aufweist. Im Vertriebsrecht ist das regelmäßig das Recht des Staats, in dem der Verkäufer seinen Sitz hat und seinen vertrieblichen Tätigkeiten nachkommt.
Demgegenüber gilt in internationalen Kaufverträgen häufig das UN-Kaufrecht. Das ist zwar für viele Unternehmer ungewohnt, aber nicht unbedingt schlimm. Jedoch ist es insbesondere für den Verkäufer vorteilhaft und höchst flexibel, weil die Vorschriften in hohem Maße dispositiv, also abbedingbar sind. Denn die Logik des UN-Kaufrechts zielt vollkommen auf den international anerkannten Grundsatz der Vertragsautonomie ab. Hierzulande ist es in Verträgen auch ein Vierteljahrhundert nach Inkrafttreten des UN-Kaufrechts üblich, dessen Regeln auszuschließen. Eine oft verwendete Klausel lautet: Es gilt deutsches Recht. Diese Klausel übersieht aber, dass in Deutschland seit circa einem Vierteljahrhundert auch das UN-Kaufrecht gilt, das also quasi Bestandteil deutschen Rechts ist. Daraus folgt, dass Unternehmer, die einfach nur die Geltung deutschen Rechts vereinbaren, automatisch, aber ungewollt die Anwendung des UN-Kaufrechts vereinbaren. Wenn man dessen Einbeziehung tatsächlich nicht wünscht, muss man diese explizit ausschließen.
Ein nicht vollstreckbares Urteil ist nichts wert
Selbstverständlich sind deutsche Urteile in der EU vollstreckbar. Seit Januar 2015 ist das ehemals erforderliche Exequaturverfahren entfallen. Es wird nun nicht mehr der Vollstreckungstitel geprüft und für vollstreckbar erklärt. In der ganzen EU sind nunmehr Urteile europäischer Gerichte vollstreckbar; erforderlich ist nur noch die Vorlage einer Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit des Urteils, also eine dem Verfahren in Deutschland weitestgehend vergleichbare Vorgehensweise.Außerhalb der EU sind deutsche Urteile allerdings nicht zwingend vollstreckbar. Das liegt auf der Hand, wenn man sich vor Augen führt, dass ein deutsches Urteil ein deutscher Hoheitsakt ist. Und ein deutscher Hoheitsakt, der in einem fremden Staat Gültigkeit für sich beansprucht, ist grundsätzlich ein Eingriff in die Souveränität des fremden Staats.
Damit ein deutsches Urteil im Ausland vollstreckbar ist, muss Deutschland also in einem eigenen völkerrechtlichen Vertrag mit dem anderen Staat die Vollstreckbarkeit des Urteils vereinbart haben. Deutschland hat mit vielen Staaten solche Vereinbarungen getroffen, als Beispiele genannt seien die USA und die Schweiz. Doch es gibt auch eine Vielzahl von Staaten, mit denen solche Verträge eben nicht geschlossen worden sind. So zum Beispiel China, Russland oder Saudi-Arabien. Das bedeutet, dass das schönste Urteil eines deutschen Gerichts in einer solchen Konstellation nichts wert ist. Da dem Urteil von diesen Staaten die Vollstreckbarkeit versagt wird, gehen die Wirkungen des Urteils unter Umständen vollständig ins Leere. Für die Vollstreckung bleibt in solchen Fällen nur etwaiges in Deutschland belegenes Vermögen der jeweils verurteilten Partei, zum Beispiel ein Grundstück oder Bankguthaben. Ohne weitere vertragliche Vereinbarungen bleibt hier nur, die Ansprüche in einem ordentlichen Gerichtsverfahren der Gerichtsbarkeit am Sitz des Vertragspartners geltend zu machen. Wer das – aus den unterschiedlichsten Gründen – nicht will, muss überlegen, ob er nicht die Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen will.
Schiedsgerichtsbarkeit – was ist das?
Die auf den französischen Philosophen Montesquieu zurückgehende klassische Staatslehre sieht eine Dreiteilung der Gewalten vor: in Exekutive, Legislative und Judikative. Die Judikative, Rechtsprechung, ist demnach grundsätzlich Sache des Staats; alle Länder halten Gerichte vor. Die Gerichtsbarkeit ist wie oben ausgeführt Teil der Souveränität eines jeden Staats, ein Urteil
eines staatlichen Gerichts ein Hoheitsakt. Im Gegensatz hierzu ist die Schiedsgerichtsbarkeit nicht staatlich. Grundsätzlich unterwerfen sich Parteien durch individuelle vertragliche Vereinbarung der Streitentscheidung durch ein Schiedsgericht.
Solche Parteien können auch Staaten sein, die internationale Schiedsgerichte errichten. Beispiel hierfür ist der mit dem Haager Abkommen errichtete Ständige Schiedsgerichtshof, der zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle zum Ende des 19. Jahrhunderts eingerichtet wurde. Die Schiedsgerichtsbarkeit als nichtstaatliche Institution zur Beilegung oder Entscheidung von Streitigkeiten basiert auf dem international anerkannten Grundsatz der Vertragsautonomie, wie auch die oben angesprochene Freiheit der Rechtswahl.
Arten von Schiedsverfahren
Schiedsverfahren können ad hoc und nach den Prozessordnungen des jeweiligen Landes durchgeführt werden.
Schiedsverfahren können als Ad-hoc-Verfahren und nach den Vorschriften der Prozessordnungen des jeweiligen Landes durchgeführt werden. In Deutschland sieht die Zivilprozessordnung (ZPO) Regeln betreffend die Schiedsgerichtsbarkeit in §§ 1025 ff. ZPO vor. Alternativ können Schiedsverfahren nach den Verfahrensordnungen verschiedener Schiedsinstitutionen geführt werden. Das sind zum Beispiel die ICC (International Chamber of Commerce/Internationale Handelskammer), die Stockholmer Handelskammer (Stockholm Chamber of Commerce, SCC) oder die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS). Die Institutionen gleichen sich darin, dass sie die Verfahren administrieren, also Personal vorhalten, das die Verfahren verwaltet sowie die Korrespondenz bis zur Konstitution des Schiedsgerichts führt, und dass sie daneben eigene Schiedsordnungen vorhalten, nach denen die Schiedsverfahren geführt werden, entsprechend der Zivilprozessordnung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die einzelnen Schiedsinstitutionen geben hierfür eigene Musterklauseln vor. So lautet die der DIS zum Beispiel:
„Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden.“
Die Administration des Verfahrens durch eine Schiedsinstitution ist sinnvoll, denn anders als ein ordentliches Gericht muss sich ein Schiedsgericht in jedem Fall neu konstituieren, also errichten. Weiter sind – insbesondere in internationalen Verfahren – die Sprache des Verfahrens und die Regeln, nach denen das Schiedsverfahren durchgeführt werden soll, zu bestimmen. Wenn die Parteien vereinbart haben, dass das Schiedsgericht sich aus drei Schiedsrichtern zusammensetzen soll, benennt im ersten Schritt jede Partei einen Schiedsrichter, dann wählen die beiden ihren Vorsitzenden. Sodann ist das Schiedsgericht konstituiert.
Gang und Vorteile eines Schiedsverfahrens
Der Gang eines jeden Schiedsgerichtsverfahrens ist anders. Das ist der grundsätzlich gegebenen Parteiautonomie geschuldet. Meistens einigen sich die Parteien zunächst auf die Regeln, die sie dem Verfahren zugrunde legen. Denn die Regeln der Schiedsordnungen sind nicht abschließend, und oft werden zum Beispiel Regeln über die Beweiserhebung der IBA, der International Bar Association, vereinbart. Zudem einigt man sich auf Fristen für die Fertigung und Einreichung von Schriftsätzen. Dann finden eine oder mehrere mündliche Verhandlungen statt, und es wird regelmäßig ein Urteil gefällt. Schiedsverfahren sind nicht zwingend schneller als Verfahren vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Jedoch gibt es in der Schiedsgerichtsbarkeit keine zweite Instanz. Dadurch werden die Verfahren regelmäßig schneller beendet als im Instanzenzug der ordentlichen Gerichte. Zudem sind die Schiedsinstitutionen bemüht, die Verfahren zu beschleunigen. In Schiedsverfahren herrscht kein Anwaltszwang und man kann sich seinen Richter beziehungsweise zumindest dessen Befähigungen selbst aussuchen. Denn es ist zulässig, zu vereinbaren, dass ein Schiedsrichter zum Beispiel Wirtschaftsprüfer und Anwalt sein sollte.
Vollstreckbarkeit
Der unschlagbare Vorteil von Schiedsverfahren bei internationalen Verträgen ist aber die Vollstreckbarkeit der Schiedssprüche, die nahezu weltweit gegeben ist. Denn seit 1958 existiert das New Yorker Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Schiedsurteilen (New York Convention 1958). Zuletzt ist ihr die Ukraine beigetreten; Russland, China, Brasilien und die USA zum Beispiel haben dies bereits vor Jahren getan. In allen Beitrittsländern der New York Convention werden Schiedsgerichte anerkannt und durchgesetzt, wenn sie die Mindestvoraussetzungen der Convention erfüllen. Das sind, vereinfacht gesagt, das Vorliegen einer schriftlichen Schiedsvereinbarung sowie ein Urteil, das nicht gegen den Ordre public, die öffentliche Ordnung des Staats, in dem das Urteil vollstreckt werden soll, verstößt. Ein erlassenes Urteil muss nur in nationales Recht transferiert werden. Das geschieht im Anerkennungsverfahren nach §§ 160 ff. ZPO. In diesem Verfahren prüft in Deutschland das jeweils zuständige Oberlandesgericht, ob die eben benannten Voraussetzungen erfüllt sind, und gewährt dann einen Vollstreckungstitel. Da man sich gegen die Anerkennung wehren kann, kommt das einer eingeschränkten rechtlichen Prüfung des Schiedsurteils nahe, aber eben nicht gleich. Denn geprüft werden nur die benannten Voraussetzungen, das Vorliegen einer Schiedsabrede und ob ein Verstoß gegen zwingende Regeln des deutschen Rechts gegeben sind. Diese ergeben sich im Übrigen bereits aus der New York Convention selbst.
Fazit
Rechtswahl und Gerichtsklausel sind essenzielle Bestandteile eines internationalen Vertrags. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist kein Buch mit sieben Siegeln. Spätestens wenn man an die Durchsetzbarkeit erstrittener Entscheidungen denkt, kommt man an ihr oft nicht vorbei. Sie birgt aber auch neben der Vollstreckbarkeit Vorteile, wenn man ihre Regeln, an das konkrete Vertragsverhältnis angepasst, anwendet.