Ämter in fakultativen Aufsichts- und Beiräten werden vielfach als gut dotierte und aufwandsarme Nebenbeschäftigung angesehen. Dabei wird verkannt, dass die Mitgliedschaft mit umfangreichen Pflichten verbunden ist, – nicht selten mit unerwarteten sowie empfindlichen Folgen.
Fakultative Kontroll- und Beratungsorgane kommen sowohl bei der Rechtsform GmbH als auch bei einer Personengesellschaft vor. § 52 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, durch Gesellschaftsvertrag einen Aufsichtsrat zu bestellen. Davon wird insbesondere bei GmbHs in öffentlicher Hand Gebrauch gemacht. Aber auch sogenannte Familiengesellschaften, also Unternehmen, in denen die Geschäftsanteile auf viele Mitglieder einer oder mehrerer (Groß-)Familien verteilt sind, haben häufig einen fakultativen Aufsichtsrat. Manchmal sehen die Satzungen solcher Gesellschaften auch aufsichtsratsähnliche Gremien unter anderer Bezeichnung, etwa Beirat, Verwaltungsrat oder Gesellschafterausschuss, vor. Auch für Personengesellschaften ist trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz allgemein anerkannt, dass die Gesellschafterinnen und Gesellschafter im Rahmen der allgemeinen Gestaltungsfreiheit, die Möglichkeit haben, durch Gesellschaftsvertrag ein Kontroll- oder Beratungsorgan einzurichten. Üblich ist die Einrichtung eines Beirats insbesondere bei Publikumsgesellschaften, also Gesellschaften, die von einem oder mehreren Initiatoren – zumeist in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) beziehungsweise GmbH & Co. KG – gegründet werden und auf die Aufnahme einer unbestimmten Anzahl weiterer Gesellschafter als unmittelbare oder mittelbare Kommanditisten ausgelegt sind. All diesen Konstrukten gemeinsam ist die Zielsetzung, dem geschäftsführenden Organ ein mit fachlich kompetenten Vertrauenspersonen der Gesellschafter besetztes Gremium zur Seite zu stellen, das die Mitglieder der Geschäftsleitung entweder nur berät oder aber zusätzlich zu seiner Beratungsfunktion auch Kontroll- und Aufsichtsrechte für die und anstelle der Gesellschafter wahrnimmt. Die letztgenannten Rechte können auch die Befugnis zur Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Geschäftsleitung einschließen.
Allgemeine Haftungsvoraussetzungen
Zum Schadenersatz verpflichtet ist, wer durch Handeln oder Unterlassen seine Pflichten verletzt, hierbei schuldhaft gehandelt und durch sein pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten einen Schaden verursacht hat. Jedes werdende Mitglied eines fakultativen Kontroll- und Beratungsorgans sollte sich daher vor Übernahme des Amts anhand des Gesellschaftsvertrags über die damit verbundenen Pflichten informieren. Unabhängig von seiner Bezeichnung als Aufsichtsrat, Beirat et cetera ist ein Beratungs- oder Kontrollgremium ein Gesellschaftsorgan, wenn seine Rechtsgrundlage im Gesellschaftsvertrag verankert ist und es nach der ihm dort eingeräumten Rechtsstellung verpflichtet ist, den Interessen der Gesellschaft zu dienen. Demgegenüber liegt kein Gesellschaftsorgan vor, wenn es auf einer besonderen schuldrechtlichen Vereinbarung, etwa Beiratsvertrag, mit der Gesellschaft oder einzelnen Gesellschaftern beruht.
Organpflichten von Aufsichts- und Beirat
Ist ein Aufsichts- oder Beirat Gesellschaftsorgan, orientieren sich seine Rechte und Pflichten wegen der strukturellen Vergleichbarkeit an denjenigen des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft (AG). Für den Aufsichtsrat der GmbH verweist § 52 Abs. 1 GmbHG insoweit ausdrücklich auf die für den Aufsichtsrat der AG geltenden Regelungen des Aktiengesetzes (AktG) (vgl. § 111 AktG). Diese werden aber auch auf Aufsichts- oder Beiräte einer (Publikums-)KG angewandt, wenn ihre entsprechende Rechtsstellung in der Satzung der Gesellschaft verankert ist. Hauptaufgabe des Aufsichtsrats und damit einhergehende Hauptpflicht seiner Mitglieder ist die Kontrolle der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Unternehmensführung sowie die Prüfung der Jahresabschlüsse der Gesellschaft. Seine Prüfungspflicht umfasst auch die Kontrolle von Einzelgeschäften, die für die Liquidität und Rentabilität der Gesellschaft von Bedeutung sind. Ferner muss er die Geschäftsplanung kontrollieren, sich über etwaige Transaktionsvorhaben informieren und deren Durchführung überwachen. Anhaltspunkte für etwaige Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Geschäftsführer muss er prüfen und identifizierte Ansprüche geltend machen. Ferner vertritt der Aufsichtsrat die GmbH auch rechtsgeschäftlich gegenüber Geschäftsführern. Zu Eingriffen in die Geschäftsführung ist der Aufsichtsrat grundsätzlich weder berechtigt noch verpflichtet. Allerdings kann er sich selbst einen Zustimmungsvorbehalt für bestimmte Rechtsgeschäfte einräumen. Gerät das Unternehmen in eine Krise oder droht rechtswidriges Handeln der Geschäftsführung, kann der Aufsichtsrat unter Umständen auch verpflichtet sein, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Übergeht der Geschäftsführer einen solchen Zustimmungsvorbehalt, handelt er rechtswidrig. Nach den Grundsätzen über den offensichtlichen Vollmachtmissbrauch können solche Rechtsgeschäfte auch schwebend unwirksam sein. Gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG können einzelne der vorgenannten Pflichten durch einen Gesellschaftsvertrag abbedungen werden. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Pflichten des Aufsichts- oder Beirats einer KG. Schlussendlich ist ein Aufsichtsratsmitglied immer zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Weitergabe vertraulicher Informationen ist danach regelmäßig eine Organpflichtverletzung, die erhebliche Haftungsfolgen haben kann. Die Verschwiegenheitsverpflichtung gilt allerdings nicht gegenüber den Gesellschaftern. Das Mitglied des Aufsichtsrats einer kommunalen GmbH hat danach kein Auskunftsverweigerungsrecht gegenüber dem Gemeinderat als höchstem Organ der Gemeinde.
Erweiterte Pflichten in der Unternehmenskrise
Gerät die Gesellschaft in eine Krise, erhöht sich die notwendige Intensität der Kontrolle sowie der geschuldete Beratungsaufwand dergestalt, dass die begleitende Überwachung dann in eine unterstützende Überwachung umschlagen muss. Insbesondere ist der Aufsichtsrat bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung dazu verpflichtet, auf eine rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrags hinzuwirken. Ist die Geschäftsführung der Gesellschaft nicht (mehr) besetzt, ist jedes Aufsichtsratsmitglied gemäß § 15a Abs. 3 Insolvenzordnung (InsO) sogar selbst insolvenzantragspflichtig. Die Verpflichtung des Aufsichtsrats, in solchen Fällen auch darauf hinzuwirken, dass die Geschäftsführung ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung masseschmälernde Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen unterbindet, hat der BGH in einem umstrittenen Urteil (BGHZ 187, 60 Rn. 11) auf obligatorische Aufsichtsräte beschränkt. Für Aufsichtsräte einer GmbH hängt die Haftung für Verletzung dieser Massesicherungspflicht deshalb davon ab, ob der Aufsichtsrat aufgrund der Arbeitnehmerzahl fakultativ oder obligatorisch ist. Unabhängig davon muss der Aufsichtsrat dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft mit Mitgliedern besetzt ist, die nachweisbar zur Bewältigung von Krisensituationen geeignet und in der Lage sind. Zu diesem Zweck kann der Aufsichtsrat gehalten sein, bestimmte Mitglieder der Geschäftsführung abzuberufen beziehungsweise neue zu bestellen. Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines Mitglieds der Geschäftsführung liegt vor, wenn es zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung in der Krise nicht in der Lage ist. Schlussendlich muss der Aufsichtsrat darauf hinwirken, dass die Geschäftsführung ein Sanierungskonzept vorlegt und dieses eingehend mit ihm berät. Die dort vorgesehenen Maßnahmen sind jeweils nach Art, Zweck und Ziel, Kosten, Erfolgswahrscheinlichkeit sowie Verantwortlichkeit zu beurteilen. Fehlt dem Aufsichtsrat hierzu die eigene Sachkompetenz oder hält er die dem Sanierungskonzept zugrunde liegenden Analysen für unzureichend, muss er Sachverständige zur Prüfung beziehungsweise zur neuen Erstellung heranziehen.
Sorgfaltsmaßstab
Haftungsbegründend wirkt sich eine Pflichtverletzung zwar nur dann aus, wenn das Aufsichtsratsmitglied auch schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig handelt. Allerdings gilt für Aufsichtsräte ähnlich wie für Geschäftsführer hinsichtlich der Frage, wann Fahrlässigkeit vorliegt, ein verschärfter Sorgfaltsmaßstab. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass Aufsichtsratsmitglieder Treuhänder fremder Interessen sind. Deshalb haben sie ihr Amt im Interesse der Gesellschaft und nicht etwa im Interesse einzelner Gesellschafter, einzelner Gruppen, etwa der zu einem Familienstamm gehörenden Gesellschafter, der Arbeitnehmer oder der Gläubiger wahrzunehmen. Daher schuldet jedes Aufsichtsratsmitglied die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachers und Beraters. Es muss daher Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen, die es braucht, um alle normalerweise bei einem Unternehmen dieser Art und dieser Größe anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können. Verfügt es, etwa mangels entsprechender Ausbildung und/oder Erfahrungen, über diese Kenntnisse nicht, kann es sich darauf nicht berufen. Das gilt auch für in den Aufsichtsrat entsandte Arbeitnehmervertreter. Verfügt ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied über Spezialkenntnisse und -fähigkeiten, schuldet es über den vorstehend dargestellten Mindeststandard hinaus die Sorgfalt, zu der es aufgrund dieser Kenntnisse oder Fähigkeiten in der Lage ist.
Ursächlichkeit und Schaden
Im Rahmen ihrer Verpflichtung zur nachträglichen Überwachung der Geschäftsführung können die Aufsichtsratsmitglieder Schäden zulasten der Gesellschaft nicht verhindern, sondern lediglich aufdecken. Allerdings sind sie verpflichtet, solche Schäden und daraus resultierende Ansprüche der Gesellschaft unverzüglich zu ermitteln und die Gesellschafter zu informieren, damit diese über die Geltendmachung des Ersatzanspruchs entscheiden können. Eine Verletzung dieser Pflicht ist nicht kausal für die Entstehung des Schadens. In Betracht kommt aber eine Haftung, wenn Schadenersatzansprüche nicht unverzüglich ermittelt und deshalb gegen die Mitglieder der Geschäftsführung nicht mehr durchgesetzt werden können. Für Pflichtverletzungen bei ihrer begleitenden Überwachung haften sie, wenn der daraus resultierende Schaden bei ordnungsgemäßer Überwachung nicht eingetreten wäre.
Haftungsmilderung, Entlastung und Verjährung
Durch Gesellschaftssatzung kann die Haftung gemildert, etwa auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt werden. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist von grundsätzlich fünf Jahren ist möglich, sofern sie sich nicht zulasten der Gesellschaftsgläubiger auswirkt. Unter diesen Voraussetzungen kann die Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss auch auf die Geltendmachung entstandener Schadenersatzansprüche verzichten.
Fazit
Ämter in Aufsichts- oder Beiräten sollte nur übernehmen, wer über die notwendige Zeit und Expertise verfügt, um die hieraus folgenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllen zu können. Insbesondere in einer Unternehmenskrise sollten sich die Organmitglieder mindestens auf wöchentlicher Basis mit der Situation des Unternehmens und den hieraus folgenden Handlungsnotwendigkeiten befassen. Fehlt ihnen eigene Expertise, ist Beratung zwingend erforderlich. Die Übernahme haftungsträchtiger Ämter sollte überdies vom Abschluss einer Directors-and-Officers(D&O)-Versicherung abhängig gemacht werden.