Die sogenannte kleine Steuerfahndung ist nun vermehrt auch im privaten Bereich zu bemerken. Daher ist es unerlässlich, sich frühzeitig mit dem potenziellen Einsatz eines derartigen Fahnders auseinanderzusetzen, um seine Rechte im Ernstfall wahren zu können.
Das Finanzamt bedient sich immer häufiger Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern, die als sogenannte Flankenschutzfahnder ohne Vorankündigung und ohne Durchsuchungsbeschluss erscheinen, um steuerliche Sachverhalte zu überprüfen. Im Fokus der Überprüfungen stehen steuerliche Sachverhalte, zum Beispiel rund um die Themenbereiche häusliches Arbeitszimmer, doppelte Haushaltsführung oder Internetverkäufe, bei Selbstständigen ebenso wie bei Privatleuten. Hierdurch wächst die Zahl der Überraschungsbesuche von Finanzbeamten. Gerade Privatleute wähnten sich lange Zeit in Sicherheit vor solchen unerwarteten Überraschungsbesuchen, da der Einsatz von Flankenschutzfahndern eher bei Großverfahren beziehungsweise komplexen steuerlichen Sachverhalten, wie etwa Umsatzsteuerkarussellen, vermutet wurde. Die Tendenz der überraschenden Besuche der Steuerfahnder vermehrt bei Privatleuten zeigt, dass das Instrument der Steuerfahnder weniger ein gezieltes Fischen nach den großen Fischen, sondern vielmehr ein Schleppnetz für alle steuerlich unklaren Sachverhalte darstellt, in dem sich zunehmend auch kleine Fische tummeln.
Zwei potenzielle Maßnahmen
Umso wichtiger erscheint die Frage nach dem richtigen Umgang mit den Flankenschutzfahndern, sollten diese tatsächlich überraschend vor der Betriebs- oder Wohnungstür stehen. Um diese Frage richtig beantworten zu können, muss die tatsächliche Funktion der Flankenschutzfahnder geklärt werden. Denn grundsätzlich handeln Finanzbeamte entweder im steuerlichen Verfahren nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) oder im steuerstrafrechtlichen Verfahren nach den Vorgaben der Strafprozessordnung (StPO). Entscheidend zu erwähnen ist, dass sich beide Verfahren grundlegend hinsichtlich der Voraussetzungen, ihres Zwecks, der Befugnisse und der Auswirkungen für die betroffenen Unternehmer unterscheiden.
Verunsicherung ist groß
In der Praxis ist die Verunsicherung im Umgang mit den Flankenschutzfahndern groß und es wird die nicht ganz unbegründete Befürchtung geäußert, dass genau die erwähnte Trennung zwischen steuerlichen Verfahren und Steuerstrafverfahren, zwischen Steuervollzug und Strafverfolgung, durch den Einsatz der Flankenschutzfahnder schwinden wird. Diese Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man Folgendes bedenkt: Die Steuerfahndung hat nicht nur die Funktion, unbekannte Steuersachverhalte aufzudecken, die im weiteren Verlauf zu einem möglichen Steuerstrafverfahren führen können, sondern auch komplexe oder auch nur unklare Sachverhalte durch Flankenschutzfahnder aufzuarbeiten. Dem Grunde nach sind Flankenschutzfahnder Finanzbeamte, die durch Kontrollbesuche den Innendienst der Finanzämter unterstützen sollen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Finanzbeamten bis auf die Beamten der Betriebsprüfung oder Steuerfahndung in der Regel keine Prüfungen oder Besichtigungen vor Ort durchführen werden.
Spezielle Steuerfahnder
Flankenschutzfahnder sind Steuerfahndungsbeamte, die personell zu einer bestimmten Steuerfahndungsstelle gehören, aber ausschließlich Fälle eines bestimmten Finanzamts bearbeiten. Die Ermittlungen der Veranlagungsstelle sollen durch die Arbeit der Flankenschutzfahnder gestärkt werden, die zum Auge und Ohr der Veranlagungsbeamten vor Ort beim Steuerpflichtigen werden. So bietet sich ein Kontrollbesuch insbesondere bei Sachverhalten an, die vom Schreibtisch aus gar nicht oder nur mit erheblichem Zeitaufwand entschieden werden könnten. Das Modell des Flankenschutzfahnders stützt sich – nach Ansicht der Finanzverwaltung – auf die gesetzliche Grundlage in § 208 AO, sodass sich die Befugnisse der Flankenschutzfahnder grundsätzlich aus der AO ergeben.
Unklare Verfahrenslage
In der Praxis kommt es aber immer wieder zu der Situation, dass der Finanzbeamte nicht klar zu erkennen gibt, in welcher Funktion und zu welchem Zweck er gerade tätig wird, und der irrigerweise entstandene Schein ausgenutzt wird, dass es sich um Ermittlungen nach der StPO aufgrund eines Steuerstrafverfahrens handelt und der Finanzbeamte dementsprechend weitergehende Ermittlungsbefugnisse hat. Tatsächlich handelt es sich jedoch oftmals lediglich um steuerliche Ermittlungen. Hinzu kommt, dass aufgrund des nicht angekündigten Besuchs ein Überraschungs- beziehungsweise Überrumpelungseffekt beim Steuerpflichtigen entsteht, den die Finanzbeamten ebenfalls nutzen, um an Datenmaterial und Auskünfte zu gelangen, die ansonsten gegebenenfalls nur durch die Vorlage eines Durchsuchungsbeschlusses zu bekommen wären.
Richterlicher Durchsuchungsbeschluss
Aus diesem Grund sollten sich betroffene Steuerpflichtige immer die Rechtsgrundlage für den Kontrollbesuch schriftlich bestätigen lassen und Ruhe bewahren. Des Weiteren empfiehlt es sich, den Steuerberater und/oder einen im Steuerrecht versierten Rechtsanwalt über die Prüfung zu informieren, der die Einhaltung der Verfahrensrechte sicherstellt. So ist etwa an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass von Geschäftsräumen Wohnungen zu unterscheiden sind, die gemäß Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG) besonders geschützt werden. Diese dürfen gemäß § 99 Abs. 1 S. 3 AO gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Selbst die Einwilligung des Wohnrechtsinhabers erlaubt es dem Flankenschutzfahnder grundsätzlich nicht, ohne einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss die Wohnung zu betreten, es sei denn, es liegt die oben genannte Ausnahme vor, die in der Praxis eine sehr untergeordnete Rolle spielen dürfte.
Verwertungsverbot
Klärt der Flankenschutzfahnder den Wohnungsinhaber nicht darüber auf, dass zum Betreten der Wohnung ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich ist, könnte im späteren Verlauf in Bezug auf die Erkenntnisse des Fahnders ein strafrechtliches Verwertungsverbot greifen. Auf jeden Fall eröffnet ein entsprechend gut dokumentierter Verfahrensverstoß erhebliches Argumentationspotenzial für den Steuerpflichtigen, insbesondere wenn aufgrund der Überrumpelungssituation und der täuschungsähnlichen Lage der Steuerpflichtige Zutritt zur Wohnung gewährt, obwohl er dies ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss nicht müsste. Daher ist an dieser Stelle auch auf die höchstrichterlichen Urteile hinzuweisen, wonach gegen den Akt des Betretens einer Wohnung kein Einspruch oder eine Klage zulässig sein sollen, wenn der Zutritt mit vorheriger Zustimmung des Wohnungsinhabers erfolgt [so auch das Finanzgericht (FG) Münster, Az. 9 K 2384/17]. Zuweilen bietet es sich an, in einer derartigen Situation das Betreten der Wohnung mit einer entsprechenden Terminvereinbarung im Idealfall im Beisein des steuerlichen oder anwaltlichen Beraters zu gestatten, um etwaige negative Folgen einer generellen Verweigerung zu verhindern. Des Weiteren ist in derartigen Fällen dringend der Steuerberater und im besten Fall auch ein in steuerstrafrechtlichen Verfahren versierter Anwalt hinzuzuziehen, denn erfahrungsgemäß wirken sich Verfahrensfehler, die zu diesem Zeitpunkt gemacht werden, im weiteren Verfahren, insbesondere im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens, besonders gravierend aus.
Fazit
Die Flankenschutzfahndung oder auch die kleine Steuerfahndung, wie sie zuweilen betitelt wird, ist nach wie vor en vogue, wie steigende Fallzahlen der Einsätze schließen lassen. Die Steuerfahndungsbeamten werden dabei nicht nur bei komplexen steuerlichen Sachverhalten, sondern auch im privaten Bereich, wie etwa bei Themen einer doppelten Haushaltsführung, einem häuslichen Arbeitszimmer oder Handwerkerrechnungen mit unklarer Beurteilung, eingesetzt. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit der Thematik zu befassen, um gerade dem Überrumpelungs- und Überraschungseffekt, den sich die Fahnder gerne zunutze machen, effektiv zu begegnen. Hierzu gehört es auch, sich bereits im Vorfeld die Frage zu stellen, ob Hinweise bestehen könnten, die den Besuch eines Flankenschutzfahnders ankündigen könnten. Ein Hinweis auf eine mögliche Prüfung kann der Vermerk der Vorläufigkeit des Steuerbescheids nach § 164 AO sein. Gerade in einem derartigen Fall ist eine Abstimmung mit dem Steuerberater beziehungsweise mit dem Fachanwalt für Steuerrecht anzuraten, denn explizit beim Flankenschutzfahnder gilt, wie auch bei allen anderen steuerlichen Prüfungen: Eine gute Vorbereitung sichert die Rechtswahrung und in vielen Fällen auch die Rechtsfindung.

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