Geldwäschegesetz in der Praxis - 28. Juli 2022

Regelmäßig prüfen

Der Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes wurde für den Berufsstand der Rechtsanwälte ausgeweitet. Für die von der Erweiterung betroffenen Berufsträger bedeutet dies, dass sie turnusgemäß eine entsprechende Risikoanalyse bei dem betreffenden Mandanten vorzunehmen haben.

Durch die Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie sind am 1. Januar 2020 umfang­reiche Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die auch eine Erweiterung des Verpflichtetenkreises mit sich brachten. Ins­besondere für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben sich mitunter weitreichende Folgen, denn die jeweiligen Ver­pflichtungen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) – wie auch die nachfolgend näher dargestellte Pflicht zur Erstellung einer Risikoanalyse (§ 5 GwG) – treffen den Rechtsanwalt nur dann, sofern er mit einem Kataloggeschäft in Berührung kommt.

Wann ist ein Anwalt GwG-Verpflichteter?

Nach der früheren Gesetzesfassung begründete nur die Mit­wirkung für den Mandanten an der Planung und Durchfüh­rung der nachfolgend aufgeführten Kataloggeschäfte eine Verpflichtetenstellung:

  • Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben,
  • Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Ver­mögenswerten,
  • Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten,
  • Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel,
  • Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen
  • oder wenn sie im Namen und auf Rechnung des Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen.

Durch die Gesetzesänderung wurde der Katalog – neben weite­ren Kataloggeschäften im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Bereich Mergers & Acquisitions – gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10e GwG um den Tatbestand der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erweitert. Diese Änderung wurde eingeführt, um eine Gesetzeslücke zu schließen. Rechtsanwälte sind nämlich gemäß § 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) berechtigt, steuer­beratend tätig zu werden, waren jedoch bei dieser Tätigkeit den Verpflichtungen des GwG bislang nicht unterworfen. Steuerbe­rater hingegen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG per se geldwä­scherechtlich Verpflichtete. Bei mehrfach qualifizierten Berufs­trägern, etwa Anwalt und Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, ist im Einzelfall zu prüfen, woraus sich die Verpflichteteneigen­schaft ergibt.

Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen

Nicht hinreichend geklärt ist, was man genau unter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuer­sachen zu verstehen hat. Da den Rechtsan­waltskammern (RAK) gemäß den §§ 50 Nr. 3, 51 GwG als Aufsichtsbehörde die geldwäsche­rechtliche Präventivaufsicht obliegt, diese also die Einhaltung der Anforderungen nach dem GwG überprüfen, sollte sich der Anwalt im Hin­blick auf die Frage der Verpflichtetenstellung zunächst an den Auslegungs- und Anwen­dungshinweisen (AAH) seiner jeweils örtlich zuständigen RAK orientieren. Soweit ersichtlich hat nur die RAK Düsseldorf eige­ne AAH erlassen. Die übrigen RAK berufen sich auf die AAH der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Hiernach begründet die steuerrechtliche Beratung nicht die Verpflichteteneigenschaft nach dem GwG, sofern es sich um einen untergeordneten As­pekt eines Mandats handelt. Insofern fehle es an dem Kriterium geschäftsmäßig, das erfordere, die Hilfeleistung wiederholt und in der Absicht zu geben, sie zu einem wiederkehrenden und dauernden Bestandteil der Beschäftigung zu machen. Als Bei­spiel wird die Beratung zur steuerlichen Behandlung einer Ab­findung bei einem Aufhebungsvertrag durch einen im Schwer­punkt arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt genannt (AAH, 6. Aufl., Rz. 31). Steuerstrafverteidigung ist ebenfalls nicht um­fasst, begründet also nicht die Verpflichteteneigenschaft (AAH, 6. Aufl., Rz. 31).

Weitere Konstellationen

Zu weiteren strittigen Fragestellungen verhalten sich die Ausle­gungshinweise leider nicht. So wird in Rechtsprechung und Li­teratur der Anwendungsbereich – mit nachvollziehbaren Argu­menten – weiter eingeengt. Das betrifft etwa die Beratung im Zusammenhang mit einer Selbstanzeige, die nicht umfasst sein soll (Pelz in: BeckOK, GwG, Stand: 01.03.2022, § 2 Rz. 179a: „vieles spricht dafür“), was naheliegt, denn es handelt sich hier­bei doch um präventive Strafverteidigung. Ferner soll auch die anwaltliche Vertretung im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens nicht von der Norm umfasst sein (siehe hierzu VG Gelsenkirchen, NJW 2021, 1028, 1030). Im Ergebnis dürfte le­diglich die steuerliche Gestaltungsberatung oder die Hilfe bei der Erfüllung steuerlicher Erklärungspflichten eine Verpflichte­tenstellung begründen (so etwa Horvath, wistra 2021, 457). Aus Vorsichtsgründen sollte hinsichtlich der strittigen Fragestellungen abgewartet werden, bis sich die AAH der BRAK beziehungsweise der örtlich zuständigen RAK hierzu klar positionieren.

Welche Pflichten treffen den Verpflichteten?

Bejaht man die Verpflichtetenstellung, ergeben sich hieraus verschiedene Pflichten nach dem GwG. Neben Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG), Dokumentations- und Identifikationspflicht (§ 11 GwG) sowie der Meldepflicht (§ 43 GwG) sieht das Gesetz die Verpflichtung vor, eine Risikoanalyse gemäß § 5 GwG zu erstellen. Diese Verpflichtung besteht auch, wenn der Rechtsanwalt nur bei der Bearbeitung eines einzigen Mandats die Eigenschaft eines Verpflichteten im Sinne des § 2 Nr. 10 GwG erfüllt.

Anforderungen an die Risikoanalyse

Nach § 5 Abs. 1 GwG haben die Verpflichteten diejenigen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu ermitteln und zu bewerten, die für Geschäfte bestehen, die von ihnen betrieben werden. Dabei haben sie insbesondere die in den Anlagen 1 und 2 genannten Risikofaktoren sowie die Informationen, die auf Grundlage der nationalen Risikoanalyse zur Verfügung gestellt werden, zu berücksichtigen. Gemäß § 5 Abs. 2 GwG ist die Risikoanalyse zu dokumentieren. Ziel der Risikoanalyse ist es nach dem Gesetzgeber, die spezifischen Risiken im Geschäftsbetrieb des Verpflichteten umfassend und vollständig zu erfassen, zu identifizieren, zu kategorisieren, zu gewichten sowie darauf aufbauend geeignete Geldwäschepräventionsmaßnahmen, insbesondere interne Sicherungsmaßnahmen, zu treffen (BT-Drucksache. 18/11555, 110). Aber was bedeutet das nun konkret? Hier lohnt ein Blick auf die Internetseiten der berufsständischen Kammern. Dort finden sich Musterrisikoanalysen, die für die Erstellung herangezogen werden können. Grundsätzlich hat jeder Verpflichtete eine eigene Risikoanalyse zu erstellen. Der verpflichtete Rechtsanwalt kann sich eine entsprechend vorgenommene kanzleiweite beziehungsweise standortbezogene Risikoanalyse aber zu eigen machen (AAH, 6. Aufl., Rz. 91). Das setzt jedoch voraus, dass die Risikoanalyse den individuellen Tätigkeitsbereich des verpflichteten Rechtsanwalts sachgerecht und umfassend abbildet. Aus diesem Grund sollte ein Fragebogen erstellt werden, der an die Berufsträger ausgegeben wird und dessen Antworten dann Eingang in die Kanzleirisikoanalyse finden.

Inhalte des Fragebogens

Dem Grunde nach gibt die Musterrisikoanalyse vor, welche Angaben abgefragt werden müssen. Der Fragebogen sollte also vor allem Antworten darauf geben, wie viele Mandate durch den jeweiligen Rechtsanwalt und in welchem Umfang Kataloggeschäfte im Sinne des § 2 Abs. 10 GwG bearbeitet wurden. Ferner sollten etwaige geografische Risiken, wie etwa Drittstaaten mit besonders hohem Risiko, die Mandatsstruktur (Privatpersonen, Kapital- oder Personengesellschaften, politisch exponierte Persönlichkeiten) sowie Art und Weise der Begleichung von Honorarrechnungen (Überweisung von Inlands- oder Auslandskonten, Scheck, in bar) hinsichtlich derjenigen Mandate, die eine Verpflichtetenstellung begründen, abgefragt werden. Anhaltspunkte zu den Fragestellungen gibt auch der Fragebogen zur Erfassung der Verpflichteten, der bei den RAK als Download bereitsteht.

Weitere Verpflichtete

Die oben genannten Ausführungen gelten auch für Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und die in § 4 Nr. 11 StBerG genannten Lohnsteuerhilfevereine, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG jeweils Verpflichtete nach dem GwG sind. Auch hier gilt die Empfehlung, sich bei der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde nach den konkreten Vorgaben zu erkundigen (§ 50 GwG). Namentlich sind das die Steuerberater- oder Wirtschaftsprüferkammer beziehungsweise die nach § 27 StBerG für die Lohnsteuerhilfevereine zuständige Oberfinanzdirektion wie auch die durch die Landesregierung als Aufsichtsbehörde bestimmte Landesfinanzbehörde. Gemäß § 51 Abs. 8 GwG stellen die Aufsichtsbehörden regelmäßig aktualisierte AAH zur Verfügung.

Muss die Risikoanalyse vorgelegt werden?

Die Risikoanalyse ist regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Nach den AAH soll dies „zumindest einmal im Jahr“ erfolgen (AAH, 6. Aufl., Rz. 91). Hier ist zu beachten, dass die Aufsichtsbehörde gemäß § 50 Abs. 3 S. 1 GwG bei den Verpflichteten Prüfungen zur Einhaltung der im GwG festgelegten Anforderungen durchführen kann. Die Prüfungen können ohne besonderen Anlass vor Ort und anderswo erfolgen. Auf Verlangen ist der Aufsichtsbehörde gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG die jeweils aktuelle Fassung der Risikoanalyse zur Verfügung zu stellen.

MEHR DAZU

Kompaktwissen für Berater: Geldwäschegesetz, 3. Auflage,

Mandanten-Info-Broschüre: Das Transparenzregister – Ab sofort ein Vollregister

Zum Autor

LF
Dr. Lars Firchau

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht bei Wannemacher & Partner Rechtsanwälte mbB in München

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