Die Beratung im Zuge einer Unternehmensübertragung ist für den steuerlichen Berater ein Mitwirken auf hohem Niveau. Die Unterstützung sollte sich aber nicht nur auf die technische und zeitliche Umsetzung beschränken, sondern auch private Aspekte sowie die Zeit danach berücksichtigen.
Das Unternehmertum kann einem Menschen auf seinem Weg des Lebens viel Freude bereiten. Oft sind dabei steile Hürden zu überwinden, die den Lebensweg des unternehmerisch tätigen Menschen zeichnen. Vieles muss erarbeitet, bedacht oder riskiert werden, aber es sind auch Dinge zu genießen, wie etwa die Freiheit des selbstbestimmten Wirkens. Die menschliche unternehmerische Intention – mit Fokus auf einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg – konzentriert sich regelmäßig intensiv auf das eigene unternehmerische Handeln. Doch wohin führt einen diese Intention? Welche Weggefährten begleiten sie? Das sind Gedanken, die sich auch außerhalb der reinen volks- beziehungsweise betriebswirtschaftlichen Ebene wiederfinden und eine strategisch psychologische Gedankenebene einbringen. Solche simpel zu formulierenden Fragen treffen häufig auf sehr starke emotionale Barrieren und verlieren sich oft wieder im Unternehmensalltag. Ebenso verlieren können sich auch so manche Anreize anwaltlicher oder steuerlicher Beraterinnen oder Berater, die in diesem Stadium involviert sind. Die Bedeutung und Tragweite entsprechender Ansätze wird dem handelnden Unternehmer häufig erst dann bewusst, wenn er – bildlich gesprochen – auf seinem Weg in Richtung eines steilen Bergs urplötzlich bemerkt, dass er seinen Wegbegleiter mit dem Sicherungsseil verloren hat.
Andere Gedanken zulassen
Bei der Definition einer konkreten und nachhaltigen Unternehmensnachfolge muss man also nicht nur fähig sein, den eigenen ökonomischen Standpunkt zu reflektieren, sondern auch Gedanken zuzulassen, die den eigenen Weg in andere, zum Unternehmen konträre Richtungen lenken können. Viele Menschen können in dieser Phase eventuell bestehende und bereits bekannte Ängste nicht äußern beziehungsweise artikulieren, da sie etwa den Fall in ein schwarzes Loch, die damit verbundenen Veränderungen oder auch einen Autoritätsverlust in der Familie fürchten.
Mehrdimensionale Sichtweise
Derartigen Ängsten kann ein Berater aktiv entgegentreten, indem er den Mandanten im Zuge seiner nachhaltigen Begleitung als Sparringspartner zu einer mehrdimensionalen und objektiven Sichtweise verhilft. Mehrdimensional bedeutet hier, dass trotz nachhaltiger, laufender Erfolge auch die Übergabe beziehungsweise Nachfolge zumindest hypothetisch bedacht werden sollte. Nicht zwingend muss dies aus der Perspektive eines Adlers erfolgen, es sollten aber zumindest alle subjektiven Parameter ebenfalls plakativ aufgezeigt werden. Solche Hintergründe können bei einer mehrdimensionalen Betrachtung beispielsweise die eigene Gesundheit oder Aspekte der Familie sein, die in Mitleidenschaft gezogen wird, aber auch der Zukauf eines anderen Unternehmens aus strategischen Gründen sowie die Einbindung eines designierten Nachfolgers. Es kommt also nicht nur darauf an, dass die wirtschaftlichen Kennzahlen stimmen und die Unternehmensstrukturen interessant beziehungsweise schlank bleiben, sondern der Unternehmer auch bereit ist, sich emotional und gedanklich zu öffnen.
Konzeptionelle Planung
Folglich sollten sowohl die Bedürfnisse des unternehmerisch aktiven Menschen als auch des Unternehmens selbst beachtet und überdacht werden, sobald man eine konkretes Konzept erarbeitet, um bei der Entscheidungsfindung und Wegbegleitung zur Unternehmensnachfolge zu unterstützen. Insbesondere bei inhabergeführten Unternehmen erfordert die Erarbeitung eines konkreten Konzepts umfangreiche Vorbereitungen, da die Strukturen häufig durch den Unternehmer geprägt sind und eine physische und wirtschaftliche Sphärentrennung manchmal nur teilweise erreicht werden kann. Gedanklich betrachtet ist hier ein einheitlicher ökonomischer Organismus zu öffnen und zu segmentieren. Der Aufwand, eine derart transparente Perspektive herzustellen, ist insbesondere bei Familienunternehmen sehr komplex, da die Verzahnung von Strukturen und Netzwerken über Jahrzehnte gewachsen sein kann. Ebenso sollte der zeitliche Rahmen gut bedacht sein, da entsprechende Handlungsmaßnahmen ein ausreichendes Zeitfenster voraussetzen. Ob es ein allgemeingültiges zeitliches Maß gibt, sei dahingestellt, aber eine gleitende und smarte Übertragung des Unternehmens sowie die Ausgestaltung der privaten Sphäre kann gut und gerne einige Jahre in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist es, die bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema nicht erst anzustoßen, wenn der Ball am Elfmeterpunkt liegt, also die Chancen und Risiken bedenklich nah beieinander liegen. Langfristige Investitionen an einem Standort etwa sollten gut überdacht sein, sofern die Nachfolge dort unattraktiv erscheint. Es kann sich um eine hervorragende, ertragsstarke Schreinerei handeln, die ans Wohnhaus angegliedert ist, aber deren Verflechtung in die Privatsphäre zu groß ist, oder es ist eine ertragsstarke Privatarztpraxis zu übergeben, die wegen ihrer schlechten Verkehrsanbindung unattraktiv wirkt. In beiden Fällen sollte der Berater einen Ansatz finden, um in einer mehrdimensionalen Betrachtung den richtigen Weg zu forcieren, etwa, indem der Ausbau der Schreinerei an einem entkoppelten Standort stattfindet oder die Arztpraxis in eine gut angeschlossene Immobilie umsiedelt, die von der fortführenden Person übernommen werden kann. Eventuell wird diese neue Immobilie sogar noch Teil eines Konzepts zur Altersvorsorge, indem die Immobilie langfristig und gut vermietet werden kann.
Die Zeit danach
Jedoch geht es nicht nur darum, die Nachfolge und deren Umsetzung zu definieren. Neben den sachlichen Zielen des abgebenden Menschen gibt es auch die Dimension, sich über den weiteren Lebensweg Gedanken zu machen. Denn nachdem die Übergabe erfolgt ist, bei der oft auch ein persönliches Lebenswerk übertragen wurde, spürt der ehemalige Unternehmer häufig eine drastische Veränderung seiner Lebenskultur, vor allem dann, wenn es sich um eine Übertragung beziehungsweise Veräußerung jenseits der eigenen Familie handelte. Aufgrund dieses harten Einschnitts kann es durchaus hilfreich sein, im Vorfeld der Nachfolgeplanung beziehungsweise während der mentalen Vorbereitung darauf, eine neue, attraktive Betätigung zu definieren, die nach der Übergabe gelebt werden soll. Auch dafür sollte man ein großes Zeitfenster einplanen. Viele Unternehmer betätigen sich aber gerne auch weiterhin – dann unterstützend und in einem klar definierten Rahmen – im übertragenen Unternehmen. Hier hat der ehemalige Inhaber noch nicht die Erkenntnis gewonnen, dass ein neues Engagement in privater oder einer anderen beruflichen Sphäre durchaus sehr beflügeln kann. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist groß und ebenso die Herausforderung, diesen Weg zu gehen. Umso bedeutsamer ist es, sich intensiv mit der eigenen Perspektive zu beschäftigen und in seinem Berater einen unterstützenden Partner zu sehen, vor allem, wenn geplant ist, eine neue, kleinere oder andere Unternehmung aufzubauen.
Fazit
Eine Unternehmensnachfolge bedarf also – unabhängig von der wirtschaftlichen und rechtlichen Ausgestaltung – einer mehrdimensionalen Sichtweise. Nur so lassen sich alle Chancen und Risiken erkennen sowie die Notwendigkeiten hinsichtlich der technischen und zeitlichen Umsetzung. Die Beratung im Zuge einer Unternehmensnachfolge ist ein Mitwirken auf hohem Niveau. Die Begleitung des Mandanten verlangt dem involvierten Berater viel ab, kann ihm aber auch ein hervorragendes Branding verleihen. Daher ist dem gestaltend beratenden Steuer- beziehungsweise Rechtsberater zu empfehlen, sich einer mehrdimensionalen Sichtweise zu öffnen. Anders als bei der retrospektiven Deklarationsleistung bedarf der Mandant hier einer zukunftsweisenden sowie ganzheitlichen Nachfolgeberatung im rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext.