Güterstand - 27. Februar 2025

Komplexe Materie

Die Anforderung, den Zugewinn auszugleichen, setzt sowohl Kenntnisse im Familien- als auch im Steuerrecht voraus. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Unternehmerehe abgewickelt werden soll.

Um eine Zugewinnausgleichsforderung zu ermitteln, muss zunächst der Zugewinn jedes Ehepartners gesondert berechnet werden. Zu diesem Zweck sind das Anfangsvermögen und das Endvermögen der jeweiligen Ehegattin beziehungsweise des jeweiligen Ehegatten nach Verkehrswerten einander gegenüberzustellen. Dabei ist das Anfangsvermögen das Reinvermögen jedes Ehegatten bei Eintritt in den Güterstand, in der Regel im Zeitpunkt der Eheschließung. Endvermögen ist das Reinvermögen, das ein Ehegatte bei Beendigung des Güterstands, etwa bei einer Scheidung, hat. Die Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen eines Ehegatten ist der Zugewinn. Um den unechten, auf allgemeiner Geldentwertung beruhenden Zugewinn aus der Berechnung der Ausgleichsforderung herauszunehmen, ist das Anfangsvermögen der Ehegatten mit dem Lebenshaltungskostenindex zur Zeit der Beendigung des Güterstands zu multiplizieren und durch die für den Zeitpunkt des Beginns des Güterstands geltende Indexzahl zu dividieren. Diese Berechnungsweise – Ausscheiden des Inflationsausgleichs – gilt nicht für Vermögenszugänge, die sich nach der Eheschließung, zum Beispiel durch Schenkung oder Erbfall, ergeben haben. Nach § 1377 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht die Vermutung, dass das Anfangsvermögen eines Ehegatten mit null Euro anzusetzen ist, wenn ein Verzeichnis des Anfangsvermögens fehlt. Im Anschluss an die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft empfiehlt es sich wegen der Steuerfreiheit der Zugewinnausgleichsforderung sowie aus zivilrechtlichen Gründen (Erbquoten) regelmäßig, aus der Gütertrennung wieder zurück in die Zugewinngemeinschaft zu wechseln.

Schenkungen

Ein besonderer Anwendungsfall der Gestaltungsoptionen sind Schenkungen während der Ehe. Hier hilft § 29 Abs. 1 Nr. 3 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Schenkungen unter Ehegatten sollen im Zweifel für den Fall, dass es zur Beendigung des Güterstands kommt, als Vorauszahlung auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden. Von dieser Vermutung geht § 1380 Abs. 1 S. 2 BGB aus. Danach sind Schenkungen unter Ehegatten wie folgt zu beurteilen: Das verschenkte Vermögen ist bei der Berechnung der Ausgleichsforderung durch Subtraktion beim Endvermögen des Empfängers und Addition beim Endvermögen des Gebers grundsätzlich so zu behandeln, als wenn es noch dem Schenker gehören würde. Zugleich ist der Betrag des geschenkten Vermögens auf die Ausgleichsforderung des Bedachten anzurechnen (§ 1380 Abs. 1 S. 1 BGB). Auch steuerlich wird diese Vermutung – in § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG – nachvollzogen. Durch die Berücksichtigung der Vorausempfänge als fiktives Vermögen eines Ehegatten sowie der Anrechnung auf die Zugewinnausgleichsforderung werden aus den ursprünglichen Schenkungen Vorauszahlungen auf den Zugewinn. Soweit die ursprünglichen Schenkungen der Steuer unterlegen haben, sind die Schenkungsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordung (AO) zu ändern (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Bereits entrichtete Schenkungsteuer ist zu erstatten. Bei der Zahlung des verbleibenden Zugewinnausgleichsanspruchs handelt es sich nicht um eine Bereicherung; vielmehr liegt dieser Forderung ein Anspruch nach dem Zivilrecht zugrunde. Sofern eine Schenkung nicht angezeigt wird, beginnt die steuerliche Festsetzungsfrist beziehungsweise steuerliche Festsetzungsverjährung aber nicht zu laufen, bevor das Kalenderjahr endet, in dem der Schenker verstorben ist oder das Finanzamt von der Schenkung – etwa infolge einer Betriebsprüfung – Kenntnis erlangt hat. Dieser Umstand könnte von steuerstrafrechtlicher Relevanz sein.

Fallbeispiel

Das Finanzgericht (FG) Hessen hatte in seinem Urteil vom 7. Mai 2018 (10 K 477/17) über die Frage zu entscheiden, ob der rückwirkende Wegfall der Schenkungsteuer nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einer Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die dem Finanzamt pflichtwidrig nicht angezeigte Ehegattenschenkung entgegensteht. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Ehemann hatte seiner Ehefrau im Jahr 2000 unter anderem einen Geldbetrag in Höhe von 1,8 Millionen Euro zugewandt. Nach den Feststellungen des FG Hessen haben die Ehegatten diese Schenkung – entgegen der nach § 30 ErbStG bestehenden Anzeigepflicht – dem Finanzamt bewusst nicht angezeigt. Im Jahr 2014 wechselten die Ehegatten vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung. Auf den Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau wurden der im Jahr 2000 zugewandte Geldbetrag von 1,8 Millionen Euro sowie weitere frühere Zuwendungen des Ehemanns angerechnet. Das Finanzamt sah wegen der nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG rückwirkend beseitigten Schenkungsteuerpflicht von einer Schenkungsteuerfestsetzung ab, setzte jedoch für einen Zeitraum von rund zwölf Jahren Hinterziehungszinsen auf Basis der Schenkungsteuer fest, die für die Zuwendung des Geldbetrags von 1,8 Millionen Euro angefallen wären. Das FG Hessen bestätigte die Auffassung des Finanzamts, wonach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur den Steueranspruch, nicht aber die Steuerhinterziehung entfallen lässt und eine Festsetzung von Hinterziehungszinsen auch dann zulässig ist, wenn der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Zinsfestsetzung nicht mehr besteht, und wies die Klage deshalb ab. Die Revision wurde zwar zugelassen, aber offenbar nicht eingelegt, denn das Urteil ist bereits rechtskräftig, sodass eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage weiterhin aussteht.

Steuerverstricktes Vermögen

Wird der Zugewinnausgleich nicht durch Geld, sondern durch Übertragung von Sachwerten vollzogen, spricht man rechtlich von einer „Erfüllung durch Leistung an Erfüllung statt“ gemäß § 364 BGB. Aus Sicht des Ertragsteuerrechts wird dieser Vorgang grundsätzlich als entgeltliche Transaktion behandelt. Besondere Aufmerksamkeit erfordern dabei Vermögensgegenstände, die steuerverstrickt sind. Entspricht der Wert eines übertragenen Wirtschaftsguts der Ausgleichsforderung, realisiert der übertragende Ehepartner einen entsprechenden Veräußerungserlös. Für den empfangenden Ehepartner entstehen in gleicher Höhe Anschaffungskosten. Aufseiten des Übertragenden resultiert aus der Differenz zwischen den Buchwerten und dem Veräußerungspreis ein steuerpflichtiger Gewinn, sofern das übertragene Vermögen steuerliche Vorbelastungen aufweist. Hierbei sind eventuell auch bestehende Sperrfristen zu berücksichtigen, die durch die Übertragung tangiert werden könnten. Es empfiehlt sich daher, die Herkunft der Vermögensgegenstände genau zu prüfen und etwaige Fristen zu beachten.

Immobilien und Wertpapiere

Verfügt der ausgleichspflichtige Ehepartner über nicht steuerverstricktes Vermögen, kann die Übertragung als „Erfüllung durch Leistung an Erfüllungs statt“ steuerlich vorteilhaft sein. Dies zeigt sich insbesondere bei Immobilien, die nicht mehr steuerlich gebunden sind. Die Übertragung einer Immobilie zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung wird für den Übertragenden zur Veräußerung und für den Empfänger zur Anschaffung. Unabhängig von der steuerlichen Situation des Übertragenden entstehen beim Empfänger Anschaffungskosten, die bei Vermietungseigentum abschreibungsfähig sind. Eine ähnliche Gestaltung kann auch bei noch steuerlich gebundenen Immobilien sinnvoll sein, wenn Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften vorhanden sind, die voraussichtlich nicht anderweitig genutzt werden können. Der steuerpflichtige Gewinn des Übertragenden wird durch diese Verlustvorträge neutralisiert, wodurch keine Ertragsteuer anfällt. Allerdings setzt diese Art der Anschaffung aufseiten des Empfängers eine neue zehnjährige Spekulationsfrist gemäß § 23 EStG in Gang. Auch kann es bei anderen Wirtschaftsgütern gewollt sein, einen Verlust nur steuerlich und nicht faktisch zu realisieren, etwa bei Wertpapieren.

Aufdeckung stiller Reserven

Um die Aufdeckung stiller Reserven bei einer Übertragung „an Erfüllungs statt“ zu umgehen, bietet sich die Nutzung von § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG an. Die Vermögensgegenstände, die für den Ausgleich vorgesehen sind, werden zunächst schenkweise übertragen und auf den zukünftigen Zugewinnausgleichsanspruch angerechnet. Nach Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft wird der Ausgleichsanspruch wirksam. Schenkungsteuerrechtlich wandelt sich die unentgeltliche Zuwendung durch die Anrechnung in eine Vorauszahlung auf den Zugewinnausgleichsanspruch um, was nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nachteilige schenkungsteuerliche Konsequenzen im Grundsatz aufhebt. Ob die Anrechnung einer bereits erfolgten Schenkung auf den Zugewinnausgleichsanspruch auch ertragsteuerlich eine Umqualifizierung von einem unentgeltlichen zu einem entgeltlichen Vorgang bewirkt, ist noch nicht abschließend geklärt.

Umwandlung von Geld- in eine Sachforderung

Um einen Zugewinnausgleich durch Sachwerte ohne ertragsteuerliche Konsequenzen zu ermöglichen, wird in der Fachliteratur vorgeschlagen, die Natur der Ausgleichsforderung von einer Geld- in eine Sachforderung umzuwandeln und anschließend die spezifische Verbindlichkeit durch Sachübertragung zu begleichen. Dies würde dann nicht als „Erfüllung durch Leistung an Erfüllungs statt“ gelten, sondern als nicht steuerbarer Vorgang. Solche Vereinbarungen, den Zugewinnausgleich durch Sachleistungen zu vollziehen, sind zivilrechtlich möglich und sollten steuerlich als Option im Ehevertrag berücksichtigt werden. Dennoch ist zu beachten, dass diese Gestaltung in der Praxis mit Unsicherheiten behaftet ist. Die Risiken lassen sich nur durch Einholen einer verbindlichen Auskunft zuverlässig ausschließen.

Fazit und Ausblick

Damoklesschwert einer jeden Gestaltung ist gemäß § 42 AO der Gestaltungsmissbrauch, jedenfalls immer dann, wenn außersteuerliche Gründe nicht unmittelbar erkennbar sind. Dies gilt auch bei güterstandsbezogenen Gestaltungen. Der Weg über den Güterstandswechsel ist für sich genommen kein Gestaltungsmissbrauch, da ein Schritt vollzogen wird, der nach der gesetzgeberischen Wertung ohnehin steuerfrei gestellt ist. Auch die Anpassung von § 5 Abs. 1 ErbStG dürfte daran nichts geändert haben. Erst dann, wenn Modifikationen vorgenommen werden, die nur einer steuerlichen Optimierung dienen, ist § 42 AO einschlägig. Vorher wird aber stets zu prüfen sein, ob in den Modifikationen nicht Schenkungen liegen, die schenkungsteuerrelevant sind.

Zum Autor

IC
Dr. Iring Christopeit

Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht. Er ist zertifizierter Berater für Unternehmensnachfolge und Partner bei Peters, Schönberger & Partner mbB, München, sowie Leiter der Service Line Nachfolge.

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